Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
den Küchentisch versammelt, als hätten sie gar nicht so besonders geduldig auf uns gewartet.
Oder vielmehr alle außer Paloma.
Sie ist die Einzige, die fehlt.
Chepi reagiert als Erste. Sowie sie Dace sieht, schießt sie von ihrem Stuhl in die Höhe, läuft auf ihn zu und sieht ihm eindringlich in die Augen.
»Du bist wieder da.« Ihre Stimme klingt erstaunlich fest und gefasst und straft ihren aufgelösten Gefühlszustand Lügen. »Aber ein Stück Dunkelheit ist zurückgeblieben.«
Dace wendet den Blick ab und macht sich von ihr los. Erleichtert entspannen sich seine Züge, als Leftfoot ihn von seiner Mutter wegzieht und sagt: »Komm, lass dich mal anschauen.« Der alte Medizinmann führt ihn ins Gästezimmer, um ihn zu untersuchen, und Chepi folgt den beiden rasch, sodass ich mit Chay allein bleibe.
Ich setze mich neben ihn und frage: »Wo ist sie?« Dabei mustere ich seine breite Nase, die ausgeprägten Wangenknochen und die tief liegenden Augen, ehe ich bei dem dunkel glänzenden Pferdeschwanz hängen bleibe, der ihm bis über den Kragen reicht. »Ich dachte, Paloma wäre auch hier und würde zusammen mit euch auf unsere Rückkehr warten.«
Chay zögert. Studiert seinen aufwendig gearbeiteten Ring mit dem Adlerkopf, den er immer trägt und in dem die Augen aus goldenen Steinen bestehen. »Paloma ist zu Hause geblieben«, sagt er schließlich, die Worte so unklar wie sein Gesichtsausdruck.
»Warum?« Ich beuge mich zu ihm, da ich ein unangenehmes Nagen in der Magengrube verspüre, das mich mitsamt seinem undurchsichtigen Blick und seinem verkniffenen Mund hellhörig macht. Chay ist viel zu ehrlich, um ein guter Lügner zu sein. Jegliche Täuschung fällt ihm schwer. Wenn er nicht lügt, dann verschweigt er zumindest etwas.
»Sie fühlt sich nicht wohl.« Er atmet tief aus, während er seinen Blick auf mich richtet. »Ich habe sie dazu gedrängt, sich auszuruhen. Ihr versprochen, ich würde Wacht halten, bis du und Dace wieder da seid.«
Ich spreize die Hände auf dem Tisch und atme mehrmals langsam ein und aus, um mich zu zentrieren und meine wachsende Besorgnis zu dämpfen. Es ist nicht nur das. Irgendetwas ist faul. Das weiß ich. Chay ist viel besorgter, als er zugibt.
»Okay, nachdem ich jetzt die Geschichte gehört habe, auf die ihr beiden euch geeinigt habt, kannst du mir bitte sagen, was wirklich mit Paloma los ist? Komm schon, Chay. Du musst mir die Wahrheit sagen. Ich kann damit umgehen, was immer es ist.«
»Es ist nichts, was sich nicht beheben ließe«, erwidert er, doch erneut klingen seine Worte unwahr. »Leftfoot hat sie behandelt. Und er wird sie erneut behandeln, wenn er mit Dace fertig ist. Ich fahre dann auch wieder rüber und bleibe über Nacht bei ihr, falls sie etwas braucht.« Als das meine Ängste offensichtlich noch nicht restlos ausräumt, runzelt er die Stirn und fährt fort: »Pass auf, Daire, Paloma hatte eine Menge Stress zu verkraften, wie du weißt. Stress, der vor über sechzehn Jahren mit dem Tod deines Vaters begann. Die Belastung, ihr einziges Kind zu verlieren, die Belastung, das Erbe der Santos weitaus länger als normal am Leben zu halten, zusammen mit dem Stress, die Richters in Schach zu halten, vor allem seit Cade seine eigenen Pläne verfolgt und sich über Leandros bescheidenere Ziele erhoben hat – all das hat zu ihrem jetzigen Zustand beigetragen. Aber täusch dich nicht, deine Ankunft in Enchantment war das Beste, was ihr seit Langem passiert ist. Deine Arbeit als Suchende hat nicht nur die Last erleichtert, die sie trägt, sondern du hast sie auch über die Maßen stolz gemacht.«
Schweigend sitze ich vor ihm und lasse seine Worte eine Weile auf mich wirken. Ganz egal, wie schonend er seine Botschaft auch rüberbringt, ich durchschaue ihn. Er versucht, meine schlimmsten Ängste zu zerstreuen. Behauptet, dass ich kein bisschen für Palomas angeschlagene Gesundheit verantwortlich sei. Aber ich schlucke den Köder nicht. Dummerweise weiß ich es besser.
»Ich war eine widerwillige Suchende«, sage ich stirnrunzelnd, gepeinigt von der bitteren Erinnerung an meinen missglückten Fluchtversuch. »Und damit habe ich Paloma höllische Probleme bereitet. Den ganzen Prozess verzögert. Als ich dann endlich in die Gänge kam, hatte ich das untrügliche Gefühl, dass wir uns in einem Wettlauf mit der Zeit befinden. Zeit, die meinetwegen vergeudet wurde.«
»Du hast nichts Ungewöhnliches getan.« Chay legt seine Hand auf meine. Sie ist warm und fühlt sich
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