Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
Willen, die Seele zu fassen zu kriegen.
»Du kannst ihn nicht retten«, schreit sie und rennt vor mir her. »Es ist das Wort. Es steht geschrieben. Es geschieht bereits. Du kannst nichts mehr daran verändern.«
Ich kämpfe wie der Teufel darum, sie zu überholen. Und als meine Füße schließlich auf einem Flecken trockener Erde auftreffen und ich besser Tritt fassen kann, springe ich in die Luft und hasche nach Dace’ Seele – nur um mit anzusehen, wie Phyre sie als Erste erreicht.
Sie fängt sie in ihrer ausgestreckten Hand auf und zieht sie dicht an ihre Brust. Der Anblick, wie dieses durchgeknallte Mädchen etwas so Zerbrechliches, so Zartes, so Wertvolles, so leicht Zerstörbares in der Hand hält, lässt mich vor Entsetzen die Luft anhalten.
Mit verträumten Augen blickt sie darauf herab, von dem Anblick ganz fasziniert. Als sie mich nahen sieht, zieht sie die Seele noch enger an sich. Sie schlingt beschützend einen Arm darum, schnalzt mit der Zunge und sagt: »An deiner Stelle würde ich das nicht tun.«
Ich hebe ergeben die Hände und bleibe schweigend vor ihr stehen. Schließlich lässt sie eine Hand in die Tasche gleiten und zieht Cades silbernes, mit Türkisen besetztes Feuerzeug heraus.
»Hast du gewusst, dass mein zweiter Vorname Oleander ist?« Kurz fängt sie meinen Blick auf. »Phyre Oleander Youngblood. Ist das nicht ein krasser Zungenbrecher?« Immer wieder dreht sie mit der Daumenkuppe an dem gerillten Metallrädchen des Feuerzeugs. »Allerdings habe ich den Namen erst bekommen, als ich sechzehn war. Da wurde mein Schicksal besiegelt. Angefangen hat es aber mit acht. Mein Vater hat mir eingeschärft, es sei eine große Ehre, die ich mit Stolz tragen soll. Macht ja nichts, dass es mich mehr als einmal fast umgebracht hätte. Doch im Endeffekt hatte mein Vater recht. Wie eigentlich fast immer.« Sie fasst erneut in die Tasche. Diesmal zieht sie eine makellose pinkfarbene Blüte mit einem kurzen Stängel heraus, den sie sich zwischen die Zähne steckt.
Zuerst vermute ich, sie will sie ganz hinunterschlucken, doch im nächsten Moment zieht sie sich den blütenlosen Stängel aus dem Mund und steckt ihn mit dem Feuerzeug in Brand. Allein der Akt, wie die Flamme auf den Stängel trifft, genügt, um eine dicke Wolke beißenden Rauchs um mich herum entstehen zu lassen, die mich zum Husten und Würgen zwingt und mir den Blick vernebelt, bis alles um mich herum zu fluoreszieren und zu verschwimmen beginnt. Ich kann kaum mehr Dace’ Seele im Auge behalten, da auf einmal alles grell glitzert und in einer Lichtwolke aufgeht.
»Wirklich jammerschade, dass es so enden musste.« Phyre blickt nachdenklich drein, während Hunderte leuchtender Kugeln zwischen uns tanzen. »Unter anderen Umständen hätten wir sicher Freundinnen werden können.« Sie lächelt kurz, schürzt die Lippen und atmet tief aus, direkt auf mich zu. Damit hüllt sie mich in eine so giftige Wolke ein, dass ich auf die Knie falle.
Mein Körper wird von Krämpfen erschüttert, in meinem Blickfeld wabert ein Trugbild aus glitzernden Kugeln, und ich stütze mich mühsam am Boden ab und krieche auf Phyre zu. Rasch ziehe ich mir den Pulli hoch, bis er über Mund und Nase reicht, in der Hoffnung, dass das Gewebe den Rauch lange genug filtert, um sie zu überwältigen.
Als ich sie erneut ansehe, stelle ich verblüfft fest, dass ein ganzer Haufen von Geisttieren aus dem Verborgenen kommt.
Der Schnee schmilzt.
Die Erde wird warm.
Ihr erzwungener Winterschlaf ist vorbei.
Ich sehe Kaninchen, Stinktiere, Eichhörnchen und Spatzen. Doch kein Tier, das ich kenne. Keines, das verpflichtet wäre, mir zu helfen.
Mühsam blinzle ich durch den dichten Rauch, während Phyre bedrohlich nahe kommt, die Seele gefährlich auf der Handfläche balancierend.
»Schön, nicht wahr?« Ihre Finger beugen sich, entspannen sich und spannen sich wieder an. Es steht außer Zweifel, dass ein fester Druck für ein schnelles Ende sorgen würde. »Sie ist so zerbrechlich. So zart. So leicht … zu zerquetschen .« Sie beugt die Finger. Sieht mich unverwandt an. »So seltsam, die Seele des Jungen, den du liebst, in der Hand zu halten. Ich fürchte, das war’s, Daire. Jetzt gehört er keiner von uns mehr.«
Sie ballt die Finger zur Faust.
Ihre Augen füllen sich mit Tränen.
Ich nutze den Moment, um den Kopf zu senken und frontal auf sie loszustürmen. Augenblicklich bringe ich sie zu Fall, sodass sie mit wedelnden Armen nach hinten kippt. Und schon stürzt sie
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