Im Namen des Todes: Roman (German Edition)
wiederholte den Befehl.
» Hallo?«, drang eine zittrige, hohe Stimme durch den Lautsprecher. » Ich, ah, ich fühle mich nicht wohl. Sie haben gesagt, ich bräuchte vor morgen mit niemandem zu sprechen.«
» Da haben sie sich geirrt. Machen Sie die Tür auf, Ulla, sonst hole ich mir die Erlaubnis, mir mit meinem Generalschlüssel Zugang zu Ihrem Zimmer zu verschaffen.«
» Ich verstehe nicht.« Eve hörte Schniefen und das Klacken eines Schlosses. » Samuel hat gesagt, wir könnten ins Hotel fahren und bräuchten mit niemandem mehr zu reden.« Die Tür schwang langsam auf. » Und er muss es wissen, weil er schließlich Anwalt ist.«
» Und ich muss es genauso wissen, denn ich bin schließlich ein Cop. Lieutenant Dallas«, fügte Eve hinzu, unterließ es aber absichtlich, etwas über Roarke zu sagen, als sie über die Schwelle trat. » Ein ziemlich schlimmer Abend, nicht wahr, Ulla?«
» Es ist einfach schrecklich.« Ulla fuhr sich mit der Hand über die Augen. Inzwischen hatte sie ihr Rüschenkleid gegen den weißen Morgenmantel des Hotels getauscht und mehrere Lagen Make-up aus ihrem Gesicht entfernt, sodass es nackt und fleckig war. Und erstaunlich jung. » Er ist gestorben. Direkt vor unseren Augen. Ich habe keine Ahnung, wie.«
Roarke erkannte, dass sie nicht nur hilflos tat, sondern es tatsächlich war, deshalb nahm er ihren Arm und fragte fürsorglich: » Warum setzen Sie sich nicht?«
Der Raum war winzig klein, trotzdem hatte man außer einem Bett auch noch eine Sitzgruppe hineingestopft, und Roarke führte die junge Frau zu einem Stuhl.
» Danke. Wir sind alle völlig fertig. Jimmy Jay war kräftig und gesund, überlebensgroß und voll gottgegebener Energie.« Sie machte ein blubberndes Geräusch und vergrub ihr Gesicht in einem Taschentuch. » Ich verstehe einfach nicht, warum er so plötzlich gestorben ist.«
» Ich arbeite daran es herauszufinden«, meinte Eve. » Warum erzählen Sie mir nicht, welcher Art Ihre Beziehung zu ihm war?«
Ulla hob den Kopf und riss die Augen auf. » Warum fragen Sie mich das? Ich singe. Wir singen. Ich, Patsy, Carmella und Wanda, wir sind die Sängerinnen des Ewigen Lichts. Wir machen erbauliche Musik.«
Es war spät, sagte sich Eve, und es hätte keinen Sinn, redete sie lange um den heißen Brei herum. Sie setzte sich ans Fußende des Betts, sodass ihr Gesicht auf Höhe von Ullas tränenfeuchten Augen war. » Wir wissen Bescheid, Ulla.«
Ulla blickte eilig fort. Wie ein kleines Kind, das abstritt, an die Kekse gegangen zu sein, obwohl seine Hand noch in der Dose steckt. » Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
» Ulla«, meinte Roarke, und Eve runzelte die Stirn. Er aber konzentrierte sich vollkommen auf die junge Frau.
» Jimmy Jay würde wollen, dass Sie uns die Wahrheit sagen. Weil er Ihre Hilfe braucht. Er wurde nämlich von jemandem umgebracht.«
» Himmel. Oh mein Gott.«
» Sie müssen uns die Wahrheit sagen, damit wir den Täter finden und die Fragen der Menschen beantworten können, die ihm gefolgt sind, die an ihn geglaubt und ihn geliebt haben.«
Ulla faltete die Hände, drückte sie in die Vertiefung zwischen ihren wahrhaft beeindruckenden Brüsten und stieß einen melodramatischen Seufzer aus. » Wir alle haben ihn geliebt. Ich glaube, dass wir ohne ihn verloren sind, und ich habe keine Ahnung, wie wir je wieder den Weg der Erleuchtung finden sollen, wenn er uns nicht mehr führt.«
» Die Wahrheit ist der erste Schritt auf diesem Weg.«
Blinzelnd sah sie Roarke aus ihren wässrigen, braunen Augen an. » Wirklich?«
» Sie tragen eine Last mit sich herum, die Last eines Geheimnisses. Er will, dass Sie sie ablegen und den ersten Schritt des Weges gehen. Davon bin ich überzeugt.«
» Oh.« Immer noch sah sie gebannt in sein Gesicht. » Ach, wenn ich das doch könnte! Aber ich möchte nichts tun, was ihn, Jolene oder die Mädchen verletzen würde. Das würde ich mir nie verzeihen.«
» Wenn Sie es uns erzählen, sind Sie der Familie eine Hilfe und tun ihnen ganz bestimmt nicht weh. Wenn sie das, was Sie erzählen, nicht zu wissen brauchen, bleibt es einfach unter uns.«
Sie klappte ihre Augen zu und bewegte ihre Lippen zu einem lautlosen Gebet. » Ich bin vollkommen verwirrt. Mein Herz ist krank. Aber ich möchte helfen. Möchte auf dem Weg bleiben, auf dem ich bisher gegangen bin«, sagte sie zu Roarke. Eve kam sich inzwischen völlig überflüssig vor, als nähmen die anderen sie überhaupt nicht wahr.
» Wahrscheinlich kann man sagen, dass
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