Im Namen Ihrer Majestät
also, daß ich nach Rußland reise und einen Versuch unternehme«, stellte Carl fest.
»Ja«, sagte der Regierungschef. »Sofern du die Risiken nicht als allzu hoch einschätzt. Was meinst du dazu?«
»Was mich betrifft, ist das Risiko gering«, sagte Carl gedehnt. »Ich laufe nur Gefahr, mir ein Nein einzuhandeln und beschimpft zu werden, kaum mehr. Es fällt mir unglaublich schwer zu glauben, daß das Regime in Rußland irgendwelche Maßnahmen gegen mich ergreifen könnte. Dazu bin ich, um es konkret auszudrücken, im Fernsehen schon zu oft von Boris Jelzin und anderen hochgestellten Bürgern geküßt worden. Nein, ich riskiere mit einem solchen Versuch gar nichts. Ich laufe höchstens Gefahr, einen Freund zu verlieren und daß man mich auslacht und nach Hause schickt.«
»Das klingt ja schon ganz ausgezeichnet«, sagte der Ministerpräsident und grinste, wurde dann aber schnell wieder ernst.
»Ich meine natürlich nicht, daß es ausgezeichnet wäre, wenn man dich auslacht, aber ich meine, daß die Risiken demnach begrenzt sind. Wann kann das Ganze stattfinden?«
»In ein paar Wochen«, sagte Carl. »Zunächst müssen Sir Geoffrey und ich uns über den Londoner Teil dieses Vorhabens einig werden. Danach komme ich zurück und kümmere mich um das Unternehmen Blue Bird, und dann reise ich. Es hat ja keine Eile. Entweder es klappt, oder nicht. Es ist besser, daß ich mich sorgfältig vorbereite und das Projekt nicht durch Schlamperei gefährde.«
»Wie um Himmels willen bereitet man so etwas vor?« erkundigte sich der Verteidigungsminister.
»Man muß einiges lesen«, erwiderte Carl. »Ich muß möglichst viel über die Schwierigkeiten der Russen und ihre internen Gegensätze erfahren, bevor ich abreise. Das erfordert unter anderem einiges Wühlen in der MRO-Akte.«
»Wen gedenkst du anzuwerben?« fragte der Ministerpräsident.
»Wenn du entschuldigst, finde ich es höchst unpassend, diese Frage zu beantworten. Wenn ich Erfolg habe, wirst du es ohnehin erfahren, wenn du es verlangst«, erwiderte Carl schnell und entschieden.
»Ja, Verzeihung, du hast vermutlich recht«, erwiderte der Ministerpräsident ausweichend. »Was können wir tun, um dem schwedischen Nachrichtendienst beizustehen? Hast du irgendwelche Vorschläge?«
»Ihr solltet an dem politischen Teil des Unternehmens Blue Bird arbeiten. Was London betrifft, glaube ich, daß Sir Geoffrey und ich ohne Politiker recht weit kommen, wenn du verstehst, was ich meine«, sagte Carl, merkte aber, daß die beiden seine Worte nicht verstanden. »Das war ein Scherz«, fügte er hinzu, ohne eine Miene zu verziehen. »Sobald ich aus London zurückkehre, werde ich euch natürlich informieren, wie es gelaufen ist.«
»Ausgezeichnet«, sagte der Ministerpräsident und erhob sich.
»Dann sehen wir uns am Mittwoch oder so?«
»Ja, ich melde mich, sobald ich wieder da bin«, sagte Carl, der ebenfalls schon aufgestanden war. Er gab den beiden Politikern die Hand, verbeugte sich, ging hinaus und schloß die Tür hinter sich.
»Puuuh!« seufzte der Ministerpräsident und atmete auf, während er mit Anders Lönnh einen amüsierten, aber auch erleichterten Blick wechselte. »Im Augenblick kann man nicht so ohne weiteres über Hamilton herfallen, das steht fest. Ich verstehe nicht, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Du siehst da unten gleich neben deinem linken Fuß die Überbleibsel von einigen Flecken – weißt du, was das ist?«
»Nein«, sagte Anders Lönnh erstaunt und hob den Fuß hoch. Er musterte den Teppichboden, der tatsächlich einige Flecken aufwies.
»Das da«, sagte der Ministerpräsident und nickte langsam, »ist Hamiltons Blut.«
»Blaues Blut auf einem blauen Teppich, das nenne ich praktisch«, witzelte Anders Lönnh nervös. Er machte ein Gesicht, als täten ihm die Worte sofort leid.
»Nach einer so furchtbaren Tragödie wieder auf die Beine zu kommen«, überlegte der Regierungschef. »Stell dir doch das mal vor, daß man im Verlauf weniger Stunden vier nahe Angehörige von dir und deiner Frau ermordet. Pfui Teufel!«
»Glaubst du, daß er das Unternehmen Blue Bird selbst leiten kann?« fragte Anders Lönnh.
»Ich hoffe es, ich hoffe es wirklich«, murmelte der Ministerpräsident zerstreut. »Körperlich scheint er ja schon jetzt erholt zu sein. Es wäre natürlich das Beste, das ist gar keine Frage.«
»Möchtest du, daß ich ihn zum Konteradmiral ernenne, wenn die Sache klappt?« fragte Anders Lönnh mit einem sehr breiten Lächeln.
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