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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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jedoch sorgfältig vermieden, mit ihr über seine Arbeit zu sprechen, obwohl sie zumindest halboffiziell als Kollegin und Vorgesetzte angesehen werden konnte. Wenn das verrückte britische System dafür sorgte, daß sie Koordinator– Koordinatorin, korrigierte er sich – zwischen verschiedenen Abteilungen sein konnte, die sich mit Unterwasserprogrammen beschäftigten, einer Technik, von der sie vermutlich nicht den leisesten Schimmer hatte, war das die Sache der durchgedrehten Briten. Sie war mit einem hohen Tier verheiratet, und das entschied in diesem Land offenbar über alles.
    Sie war eine sehr dramatische, emanzipierte und berückende Frau, und als solche wollte er sie sehen, bei ihr sein, mit ihr essen und sie lieben. Der Gedanke, in einer Konferenz zu sitzen und so zu tun, als sei sie ihm nicht bekannt und als respektierte er ihre Cheffunktion, brachte ihn in große Verlegenheit. Es würde schwierig sein, anschließend hinauszugehen und mit seinen Kollegen zu kichern, weil niemand etwas ahnen durfte. Das wäre für beide erniedrigend, und dieser Gedanke war ihm zuwider.
    Um so größer war der Schock, als die Konferenz begann und Lady Carmen mit zwei Simulator-Programmen vorn am Pult stand, die sie Sequenz für Sequenz miteinander verglich. Sie zeigte mit einem kleinen roten Laserstrahl auf Details und Unterschiede, einem Strahl, den sie mit der Präzision eines Scharfschützen genau dorthin richtete, wohin sie ihn haben wollte. Das gesamte Auditorium hörte aufmerksam zu.
    Lady Carmen wußte absolut, wovon sie sprach. Luigi errötete, als sie einige Modifikationen des Programms erwähnte, die von ihm selbst stammten; sie sagte immer nur »Mr. Angelli, korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre«. Ihm fiel nicht einmal ein, seinen Namen zu berichtigen, bis es nach einer Weile zu spät war.
    Er mußte ihren Vortrag durch eine kurze Erklärung ergänzen, woraufhin sie die Zuhörer bat, sich alles zu merken, was gesagt worden sei, danach zu handeln und sich nach Möglichkeit an die jetzt dargelegte Innovation anzupassen. Sie war kalt, effektiv und präzise.
    Luigi war zutiefst unangenehm berührt. Er hatte langsam und vorsichtig ein Programm modifiziert, mit dem Torpedo-Bewegungen im Wasser in Zusammenhang mit Temperatur und Salzgehalt simuliert wurden. Das waren Dinge, die man als schwedischer Ostsee-Experte unbedingt beherrschen mußte, doch er hatte geglaubt, daß seine Veränderungen einfach ins System eingehen würden, ohne daß jemand darauf aufmerksam wurde. Irgendwie hatte sie jedoch, ob nun allein oder mit Hilfe anderer, sofort entdeckt, was er getan hatte. Um das zu schaffen, mußte sie von der Sache tausendmal mehr verstehen, als er sich vorgestellt hatte.
    Es war ihm peinlich, sie unterschätzt zu haben. Er war überzeugt gewesen, daß sie mehr über gesäßmuskelfördernde Gymnastikbewegungen wußte als über Computersimulationen, und ihr mußte klar gewesen sein, daß er sie so sah.
    Luigi versuchte sich daran zu erinnern, wie er einmal alle Versuche abgewehrt hatte, über die Arbeit zu sprechen. Er hatte erklärt, daß sie ihren süßen kleinen Kopf nicht mit solchen Dingen belasten solle.
    Doch wenn er es jetzt recht bedachte, wurde ihm klar, daß er diese Art von Gesprächen nur hatte vermeiden wollen, ohne sich sonderlich aufzuspielen. Was weniger mit seinem Respekt vor ihr zu tun hatte als vielmehr mit seinem Wunsch, nicht über Dinge zu sprechen, die sie weniger interessierten als ihn. Nein, er würde es wohl schaffen, dem Thema aus dem Weg zu gehen, unter anderem dadurch, daß er schon beim Treffen am heutigen Abend die gleiche Haltung an den Tag legte wie sonst.
    Auf jeden Fall mußte er sich seine Erklärungen, warum er diese Veränderungen vorgenommen hatte, sorgfältig überlegen. Wie sollte er vertuschen, daß er eine vom schwedischen Nachrichtendienst angewandte Technik eingeführt hatte? Vielleicht sollte er behaupten, etwas in San Diego gesehen zu haben, als er Experten draußen auf Coronado bei einem Programm geholfen habe – der wirkliche Tony Gianelli hatte etwas Ähnliches gemacht. Oder daß es ihm einfach eingefallen sei. Er habe eine Möglichkeit gesehen und sie ausprobiert, ein zufälliger Geistesblitz. Vielleicht würde er die Grenzen zwischen den beiden Erklärungen verwischen können. Irgend etwas mußte er jedoch sagen, bevor sie zur Sache kamen.
    Ich kann die Frage ja mit Gott besprechen und eine Beichte ablegen, redete er sich ein, als er früh am Abend nach Hause kam.

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