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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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fragte Luigi und beugte sich vor, als machte er sich bereit, eine unglaublich spannende Erklärung zu hören.
    »Ich bin wirklich nicht der Meinung, daß dieses Thema zu solchen Scherzen einlädt«, entgegnete der MI-6-Mann mit einer feinen, kaum wahrnehmbaren Andeutung von Irritation im Tonfall. »Aber, na schön, ich werde es dir in groben Zügen vortragen. Mr. Collins, so heißt er, ist davon überzeugt, daß wir es sind, also unsere verschiedenen Dienste, die unsere eigenen Leute ermorden, damit sie keine Spione werden.«
    »Eine sehr unkonventionelle Sicherheitsmaßnahme und arbeitsaufwendig dazu«, stellte Luigi amüsiert fest.
    »Genau. Nichtsdestoweniger hat Mr. Collins durch die Lancierung dieses Gedankens einige Lorbeeren eingeheimst. Er hat nämlich ein Buch herausgegeben und für diese große Tat einen Journalistenpreis erhalten. Man hört nie auf, über diese Journalisten zu staunen, nicht wahr?«
    »Genau meine Meinung«, bestätigte Luigi. »Wie erklärt dieses journalistische Genie die Methoden? Wie genau geht ihr beim Dienst vor, wenn ihr Angestellte in der Rüstungsindustrie ›selbstmordet‹?«
    »Wir treiben sie zum Wahnsinn. Das kannst du glauben oder es sein lassen.«
    »Hört sich witzig an. Aber wie denn? Zwingt ihr sie, britischem Punkrock zu lauschen?«
    »Gar nicht übel geraten, wirklich nicht übel. Doch, er meint fast so etwas in der Richtung. Er erwähnt etwas von Ultraschall, der auf normale Weise nicht zu hören ist, den man aber durch Wände und Mauern schicken kann, so daß er wie eine Art Gehirnwäsche funktioniert.«
    »Ein gewöhnlicher Strahlungs-Idiot also?« fragte Luigi verblüfft. »Warum wollt ihr mir so einen auf den Hals schikken?«
    »Weil wir davon ausgehen, daß der Feind ihn ohne jeden Zweifel liest.«
    »Heißt das nicht, die intellektuellen Fähigkeiten des Feindes auf fast unverantwortliche Weise zu unterschätzen? Ich meine, vorausgesetzt natürlich, daß deine Beschreibung Mr. Collins’ Erkenntnissen einigermaßen gerecht wird«, fügte Luigi säuerlich hinzu.
    »Er ist der Mann, der zu diesem Thema am meisten schreibt, nämlich jede Woche. Er führt sozusagen den Journalistenlauf in dieser Disziplin an und hat mit seiner Aktivität einiges an Aufmerksamkeit erregt. Also hieße es den Feind unterschätzen, wenn man nicht davon ausgeht, daß er Mr. Collins genau liest, wenn auch unter einiger Heiterkeit.«
    »Ich nehme alles zurück. Du hast recht«, bestätigte Luigi.
    »Ja, man muß wohl davon ausgehen. Doch dann zur nächsten Frage: Was soll ich eurer Ansicht nach mit diesem blauäugigen Naivling anfangen? Über meinen Job kann ich mich doch nicht gerade präzise äußern.«
    »Nein, natürlich nicht. Er wird einen Tip bekommen, daß du a) ein begabter Innovator der Technik bist, an der du arbeitest. Was ja zu stimmen scheint – ich bitte für meinen früheren Scherz zu diesem Thema um Entschuldigung. Und b) liegt gerade deine Spezialität in der Gefahrenzone für diese Selbstmorde.«
    »Aber das wissen vorerst doch nur wir«, brummte Luigi. »Ist es sehr klug, ein Wissen zu verbreiten, über das nicht mal die Polizei verfügt?«
    »Nur wir wissen, daß es Tatsachen sind. Die Bullen wissen es nicht. Die Bullen werden glauben, daß der Kerl nur Vermutungen anstellt, etwa so wie bei diesen Bestrahlungsmaschinen.«
    »Ja, aber der Feind wird wissen, daß er recht hat.«
    »Eben! Das ist ja gerade beabsichtigt.«
    »Und was wird der Feind dann nach Ansicht des Dienstes unternehmen? Wird er den durchgeknallten Journalisten Selbstmorden lassen, sich ein halbes Jahr auf Eis legen oder das Tempo der Selbstmorde beschleunigen?« fragte Luigi ironisch. Der ganze Gedanke erschien ihm als eine vollständig verrückte Schreibtischkonstruktion, als übermäßig theoretisch und gefährlich.
    »Ja, etwas in der Richtung haben wir uns gedacht«, gab der MI-6-Mann zu. »Wenn dieser Journalist plötzlich Selbstmord begeht, wäre das interessant, wenn auch leider nicht besonders wahrscheinlich. Und wenn sie eine Weile toter Hund spielen, halten wir sie wenigstens eine Zeitlang von Verbrechen ab. Und sollten sie sich über dich hermachen, würde die Entwicklung ja eine interessante Wendung nehmen.«
    Luigi folgte dem Mosaikmuster des Steinfußbodens mit einer Schuhspitze, ohne zu antworten. Wenn der gewiß nicht übermäßig begabte Journalist ermordet werden sollte, war es doch immerhin Mord, und zwar vom Dienst provoziert. Für Luigis britische Kollegen jedoch war eine solche

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