Im Namen Ihrer Majestät
Riesenbäume aussehen ließ, als wären sie hundert Meter hoch und einen Kilometer entfernt. Dann stellte sich schnell heraus, daß es nur Zwergbäume in zweihundert Meter Entfernung waren.
Carl hatte für sich den Feldstecher mit dem eingebauten Laser einbehalten, der alle Entfernungen selbsttätig messen konnte.
Den großen Feldstecher hatte er dem Wolf Sascha überlassen, der offenbar Leiter der Expedition war. Carl hatte erklärt, daß der Feldstecher demjenigen am nützlichsten sei, der Tiere und Landschaft am besten kenne. Natürlich hatte Carl sich bemüht, keinen hochmütigen Eindruck zu erwecken, nur weil er überlegene Technik bei sich hatte. Sascha hatte den Feldstecher dennoch mürrisch und mißtrauisch in der Hand gewogen und erklärt, er sei zu unhandlich. Er war fast doppelt so groß wie ein gewöhnliches Fernglas. Carl hatte ihm höflich zugestimmt, aber vorsichtig darauf hingewiesen, daß die Unhandlichkeit zu einem großen Teil dadurch aufgewogen werde, daß man auf tausend Meter Entfernung einen Menschen erkennen könne, wenn man ein 20 × 60-Gerät habe statt eines mit, nun ja 7 × 42, oder was die Herren sonst hätten.
Sascha war zur Seite gegangen und hatte den Feldstecher eine Zeitlang ausprobiert. Dann kam er mit vollkommen ausdruckslosem Gesicht zurück und erklärte kurz, er erbiete sich, für seinen Gast den schweren Feldstecher zu tragen. Weder mehr noch weniger.
Es war sommerlich warm. Sie ritten in Hemdsärmeln, hatten jedoch Winterkleidung in den Satteltaschen, da das Wetter in einer Hochgebirgslandschaft jederzeit umschlagen konnte.
Am Nachmittag des ersten Tages, lange nachdem Carls Beine eingeschlafen waren und die Schmerzempfindungen eigentümlicherweise geringer wurden, entdeckte Sascha eine große Herde von Steinböcken. Er saß mit dem großen Feldstecher vor den Augen eine Zeitlang still auf seinem Pferd und berichtete dann, es handle sich um sechsunddreißig oder siebenunddreißig Tiere. Darunter befänden sich vier wirklich prachtvolle Exemplare.
Der Bär Valerja protestierte sofort mürrisch. Es sei unmöglich, etwas anderes zu sehen, als daß sich da vorn Steinböcke befänden.
Saschas Gesicht verdüsterte sich. Er riß sein Pferd herum und ritt zu dem hochgewachsenen Valerja hin, der angesichts der blitzenden schwarzen Augen fast zurückzuscheuen schien. Wortlos überreichte Sascha Valerja den Feldstecher, und als dieser ihn erstaunt an die Augen hielt, ließ er ein spontanes Geheul der Überraschung hören und einen Wortschwall des Lobes. Er gab seinem Pferd die Sporen und war mit wenigen Sätzen bei Carl. Den Feldstecher in der Hand haltend sprach er von einem Wunder.
Die Männer saßen ab, blickten zu den Wolken hoch und prüften sorgfältig die Windrichtung. Carl mußte sich anstrengen, nicht hinzufallen, da seine abgestorbenen Beine fast willenlos zu sein schienen.
Zwei Mann würden sich der Herde nähern können. Sie mußten den Berg besteigen, sich in einem weiten Halbkreis der Herde nähern, um in geeignetem Abstand und in der richtigen Windrichtung ihr Glück zu versuchen.
Carl erkannte resigniert, daß er als Ehrengast kaum dem Angebot entgehen konnte, die erste Chance zu erhalten. So nickte er fröhlich, als vorgeschlagen wurde, er und Sascha sollten einen Versuch wagen.
Er nahm sein Waffenfutteral vom Pferderücken, zog sein Gewehr heraus und nahm dann ein paar Patronen aus einer der Satteltaschen.
Sascha marschierte den Berghang schnell hinauf. Carl hatte Mühe mitzuhalten, einerseits wegen seiner Schmerzen, aber auch wegen Sauerstoffmangels; sie befanden sich jetzt in zweitausendfünfhundert Meter Höhe, und er hatte nur knapp vierundzwanzig Stunden Zeit gehabt, sich zu akklimatisieren.
Er hinkte ständig hinterher. Sascha wandte sich von Zeit zu Zeit um, sah ihn streng an und winkte ihm mit der Hand, er müsse sich beeilen.
Carl ignorierte Saschas Ermahnungen und ging entschlossen in seinem eigenen, bedeutend langsameren Tempo weiter. Im Grunde lag ihm nicht viel daran, einen Steinbock zu erlegen. Der bevorstehende Augenblick erschreckte ihn sogar. Falls sie bei der Ankunft nicht mehr in Schußweite waren, wäre kein Schaden geschehen. Er war nicht in Sibirien, um unschuldige Tiere zu töten, sondern um eine gute Gelegenheit zu erhalten, mit Jurij Tschiwartschew unter vier Augen zu sprechen. Aber im Augenblick hatte es den Anschein, als würden beide Anliegen mißlingen.
Sie bewegten sich über ein weitläufiges Feld mit Geröll und
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