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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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einer bemerkenswerten Übergangsphase. Solange es in Rußland keine wirkliche politische Macht gibt, gibt es niemanden, der über uns Macht hat. Innerhalb der raswedka sind wir ein Triumvirat, drei Mann. Bei bestimmten Entscheidungen sind wir auch von der Führung der Streitkräfte unabhängig.«
    »Ein schwindelerregender Gedanke!« rief Carl verblüfft aus.
    »Daß die Sowjetarmee ein Staat im Staat ist, glauben wir im Westen schon verstanden zu haben. Daß aber die raswedka außerdem ein Staat innerhalb der Sowjetarmee ist… Du mußt schon verstehen, wenn ich das für reichlich irrsinnig halte.«
    »O ja. Die Situation ist sowohl gefährlich als auch kompliziert. Für uns bedeutet das, klar zu denken und praktisch zu handeln, obwohl wir uns in einer schwierigen Lage befinden.«
    »Damit sind wir wieder beim Thema. Am praktischsten wäre es, diese verrückte und verzeih, wenn ich es sage, etwas altmodische und unproduktive nasse Operation in London möglichst unauffällig abzubrechen.«
    »Wie wahr, wie wahr.«
    »Und warum tut ihr es nicht einfach?«
    »Wir sind uneinig. Das verhindert einen Beschluß. Wie du weißt, bin ich deiner Meinung, aber das hilft nichts. Allerdings müssen wir dieser Geschichte ein Ende machen, bevor sie uns allen Unglück bringt, zumindest Rußland.«
    »Ja«, bestätigte Carl. »Hast du Namen oder Identitäten vom Team dieser Moldawierin?«
    »Ja«, sagte Jurij Tschiwartschew und nickte bekümmert.
    »Das habe ich, und ich habe vor, sie dir zu geben.«
    »Wie viele sind es?« fragte Carl bemüht sachlich.
    »Vier Mann. Es sind natürlich alles Spezialisten. Hinzu kommt die Moldawierin. Sie betreiben zusammen mit anderen, nicht beteiligten Personen ein kleines Umzugsunternehmen. Du wirst die Namen von mir bekommen.«
    »Du wirst verstehen, daß die Operation schon bald ein deutliches Ende finden wird«, sagte Carl und wandte den Blick ab.
    »Ja, das ist mir klar. Du bist ja beteiligt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie deutlich das Ganze zu Ende geht.«
    »Die Alternative wäre Öffentlichkeit, Spionageprozeß, und sowohl in London als auch in Moskau würden Köpfe rollen. Wer weiß, was es sonst noch für Konsequenzen hätte.«
    »Korrekt. Es würde für viele Beteiligte eine sehr traurige Geschichte werden. Rein sachlich ist es also am besten, wenn das Ganze ein schnelles und diskretes Ende findet. Aber du wirst vielleicht verstehen, daß ich die Situation äußerst unangenehm finde.«
    »Ja«, bestätigte Carl, »natürlich verstehe ich das. Es muß ein trauriges Gefühl sein, enge Mitarbeiter zu haben, die solche Dummheiten anstellen.«
    »Und ob. Aber daran habe ich nicht gedacht. Nach vielen Jahren als Offizier der raswedka ende ich als Spion für den Feind. Es fällt mir schwer, das zu akzeptieren.«
    »Das ist allerdings eine Frage der Definition«, erwiderte Carl schnell und begütigend. »Man könnte das Ganze ja auch umdrehen und sagen, daß du bei eurer Führung der einzige bist, der Verantwortung übernommen hat und das Land vor einer politischen Katastrophe bewahrt. Die raswedka würdest du damit übrigens auch retten. Einem Politbüro oder einem Generalstaatsanwalt würde es wohl nicht sehr schwerfallen, Dummköpfe von dem Mann zu unterscheiden, der sich zu einer wahrhaft patriotischen Tat aufgerafft hat.«
    »Sag das nicht«, murmelte Jurij Tschiwartschew düster. »Die Organe, die du gerade genannt hast, neigen dazu, in ihren Urteilen streng formal vorzugehen. Wenn man kleinlich sein will, könnte man auch behaupten, ich hätte dem Feind eine Operation ausgeliefert, die damit endet, daß unsere Leute geschnappt oder getötet werden. In unserer Sprache gibt es für ein solches Handeln nur ein Wort. Und übrigens auch nur eine Strafe.«
    »In unserer Sprache haben wir mehrere Wörter dafür, und ich könnte mir vorstellen, daß es auch im Russischen einige gibt«, entgegnete Carl und dachte fieberhaft nach, bevor er weitersprach. »Eine patriotische Tat, notwendiger Pragmatismus zum Wohl des Vaterlandes, zum Beispiel?«
    »Na ja«, brummte Jurij Tschiwartschew mit der Andeutung eines Lächelns. »Wie auch immer – mein Leben liegt jetzt in deiner Hand. Ich hoffe, du bist dir dessen bewußt.«
    »Ja«, sagte Carl ernst. »Dessen bin ich mir bewußt. Laß mich meine Erleichterung darüber ausdrücken, daß es nicht umgekehrt ist, lieber Freund.«
    »Du Kanaille! Dies ist kein Grund zu scherzen«, rief Jurij Tschiwartschew aus. »Wann reist du nach London?«
    »Mit dem

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