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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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nächsten Pferd. Müssen wir diese Hirschköpfe da wirklich mitschleppen?«
    »Ja!« entgegnete Jurij Tschiwartschew streng. »Was für Dummköpfe wären wir sonst. Man fährt doch nicht nach Sibirien, um zwei prachtvolle Hirsche zu schießen, deren Trophäen man dann einfach wegwirft! Du bist zum Jagen hergekommen, mein Freund. Und nicht, um einen russischen General als Spion anzuwerben.«
    *
    Sie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, sich hinterher wie ein kleines Kätzchen hinzukauern, sich an ihn zu drücken und seinen Schweiß abzulecken. Das war natürlich ein Trick. Sie wollte ihn wieder in Fahrt bringen, wollte, daß es zunächst weich und liebevoll und unschuldig wirkte. Vielleicht wollte sie ihn nicht erschrecken, indem sie allzu fordernd wirkte. Luigi kam es so vor, als glaubte sie, ihn manipulieren zu müssen, statt offen zu sagen, was sie wollte. Er hätte nicht gezögert. Diese Aura ihrer viel zu großen Erfahrung, diese Art Geschicklichkeit, die die Identität Tony Gianelli anscheinend nicht durchschaute, welche die Identität Luigi Bertoni-Svensson jedoch störte, wirkte entzaubernd. Tony Gianelli war natürlich bis über beide Ohren in sie verliebt, doch es war eher unklar, wie Luigi empfand. Seine beiden Identitäten verwirrten ihn.
    Salamanca war auf jeden Fall ein schönes Wort. Es paßte zu ihr. Es war melodisch und hart zugleich. In der Stadt Salamanca, von der Luigi noch nie etwas gehört hatte, sei sie aufgewachsen, hatte sie erklärt. Ihr Vater sei Arzt im Armenviertel gewesen und habe kaum genug verdient, um sie das Abitur machen zu lassen. Ihre Zeugnisse seien aber zu gut gewesen, so daß er kaum einen Grund habe finden können, sie von der Schule zu nehmen. Außerdem habe sie als einzige Schülerin des Gymnasiums in Salamanca den mathematischnaturwissenschaftlichen Zweig gewählt.
    Stipendien und Studiendarlehen hätten sie dann nach Madrid geführt, wo sie Diplomingenieurin geworden sei. Danach wurde die Geschichte etwas diffuser. Vielleicht hatte es mit anderen Männern zu tun, worüber zu sprechen nicht sehr angenehm war, besonders dann nicht, wenn man nackt war. Luigi und Lady Carmen verbrachten ohne jeden Zweifel mehr Zeit zusammen ohne Kleidung als mit.
    Luigi hatte im Lexikon unter Salamanca nachgeschlagen. Die Stadt lag nicht weit von der Grenze zum Norden Portugals entfernt, was ihn an seinen Eindruck erinnerte, sie sei vielleicht Portugiesin und keine Spanierin. Die große Zeit der Universität waren das dreizehnte bis siebzehnte Jahrhundert gewesen, berühmt war sie hauptsächlich für Jurisprudenz und Theologie. Kaum ihre Spezialgebiete.
    Tony Gianelli hatte ihrer Geschichte voller Neugier, Entdekkerfreude und Bewunderung gelauscht. Luigi hatte gleichsam nebenbei festgestellt, daß es eine Gemeinsamkeit zwischen ihrer Geschichte und seiner gab: Beides waren Legenden, die sich unmöglich nachprüfen ließen. Doch Salamanca war ein schönes Wort.
    Hingegen hatte er nicht den geringsten Grund, ihre naturwissenschaftliche Kompetenz in Frage zu stellen. Es stimmte natürlich, daß sie ihren Job, der eine durchschnittliche Ministerfrau weit überforderte, nur deshalb bekommen hatte, weil sie eben eine Ministerfrau war, eine Lady. Doch inzwischen hatte Luigi dreimal erlebt, wie sie Konferenzen bei Marconi Naval Systems in Addlestone leitete. Sie hatte es mit einer solchen Konzentration, Einsatzfreude und einem Wissen getan, daß sie sogar vergessen hatte, ihren Sex-Appeal einzusetzen. Vor kurzem hatte sie zum ersten Mal privat mit ihm über eins seiner Projekte gesprochen. Sie hatte ihm Fragen gestellt und Bemerkungen gemacht, die verblüffend präzise gewesen waren. Sie sprachen über die Neuentwicklung des Torpedos Sting Ray und dessen Fähigkeit, doppelte U-Boot-Rümpfe aus Titan zu durchschlagen. Es war ein kompliziertes Projekt, da es bedeutend mehr als Steuerungsmechanismen und Sprengwirkung unter Wasser umfaßte, denn es ging dabei auch um metallurgische Probleme, über die man sich auf empirischem Weg nur schwer Erkenntnisse verschaffen konnte. Ihr war jedoch kein Aspekt des komplexen Problems fremd gewesen. Er oder vielmehr seine Identität Tony Gianelli hatte den Versuch gemacht, dem Gesprächsthema auszuweichen. Er hatte sie nachsichtig behandelt, sie geküßt und ihr gesagt, eine süße Maus wie sie solle sich mit solchen Dingen nicht das hübsche kleine Köpfchen zerbrechen. Das war etwas, was er selbst, Luigi, nicht einmal im Traum gesagt hätte, daher war er auch der

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