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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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sagte er Freitagabend. Für den Sonnabend hatte er sich schon mit einigen Kollegen verabredet. Sie wollten übrigens nach Soho, erklärte er. Er mußte sich bemühen, auch noch mit anderen Menschen Kontakt zu pflegen, um nicht als Außenseiter dazustehen. Ihr sagte er, er habe es versprochen und könne nur schwer absagen.
    Sie meinte, Freitagabend sei völlig in Ordnung, vorausgesetzt, es mache ihm nichts aus, erst ein paar Möbel umzurücken.
    Angesichts seines fragenden und leicht beleidigten Gesichtsausdrucks erklärte sie hastig, sie wolle einen Teil ihrer persönlichen Habseligkeiten aus der gemeinsamen Londoner Wohnung in Mayfair in eine eigene kleine Wohnung bringen.
    Als seine Miene nur noch ein Fragezeichen war, lächelte sie und nahm sein Gesicht in beide Hände. Sie sagte, über diese eigene Wohnung denke sie schon lange nach. Eigentlich habe sie es ihm erst erzählen wollen, wenn es soweit sei: Sie wolle sich tatsächlich scheiden lassen. Die Zeit mit ihm, Tony, habe sie überzeugt, daß es so sein müsse. Sie habe sich seit vielen Jahren nicht mehr so glücklich und frei gefühlt wie mit ihm.
    Er brauchte sich nicht zu verstellen, um wie ein Schaf auszusehen. Sie lachte hell auf und erklärte, im Augenblick gebe es nicht mehr zu sagen, doch sie könnten sich ja für den Freitag vornehmen, über die Zukunft zu sprechen.
    »Hinterher«, fugte sie hinzu und legte einen kleinen Schlüsselbund auf den Tisch.
    »Ich werde versuchen, es bis sieben Uhr zu schaffen«, sagte sie mit einem warmen Blick. »Du mußt mir aber versprechen, nicht wütend zu werden, wenn ich mich ein bißchen verspäte. Aber die Umzugsleute kommen um sieben. Keine Gefahr, die wissen genau, was sie zu tun haben. Du darfst aber nicht in den Kühlschrank schauen, dort werde ich eine Überraschung für dich haben!«
    Schnell küßte sie ihn auf beide Wangen, als hätte sie etwas Besonderes und Feierliches gemeint, da keinerlei erotischer Unterton in der Geste lag. Dann ging sie.
    Luigi bestellte noch ein Bier und blieb sitzen. Er war tief erschüttert, aber unfähig, seine Gefühle zu analysieren. Sofort begann er sich vorzustellen, was gewesen wäre, wenn er sie als Luigi kennengelernt hätte und nicht als dieser Tony Gianelli?
    Dann hätte sie ihn nicht wie einen untergebenen Angestellten behandeln können, den sie praktisch besaß. Sie hätten einander vielleicht nur höflich begrüßt, und dann hätte er erfahren, daß sie die Ehefrau des ehemaligen Verteidigungsministers war, und wäre zu Eis erstarrt. Der Hauptmann des schwedischen Nachrichtendienstes, der in Großbritannien nur zu Gast war, hätte sich auf keine Verbindung mit Lady Carmen eingelassen.
    Er wiederholte das Szenario. Sie lernten sich an einem Ferienort in Südeuropa kennen, verführten einander schon am ersten Abend. Die Umstände spielten in diesem Zusammenhang keine Rolle. Sie wachten gemeinsam nach den gleichen Erlebnissen auf wie jetzt, und…? Nun, angenommen, die Geschichte hätte eine vergleichbare Entwicklung genommen. Der wirkliche Luigi hätte sie eigentlich kaum weniger interessieren können als die ungebildete Kunstfigur aus Del Mar in Kalifornien. Oder aber er hatte alles mißverstanden. Wie auch immer: Er würde es ohnehin nie erfahren.
    Oder? Wenn sie sich nun tatsächlich scheiden ließ, wenn die Operation in London abgeschlossen oder aufgegeben wurde und er sich frei nehmen konnte, zumindest von seinem militärischen Auftrag, um sie erneut kennenzulernen und sich zu häuten, würde er vielleicht nach und nach er selbst werden.
    Hamilton war ja selbst mit einer Ausländerin verheiratet; Tessie war Juristin und hatte in Schweden einen Job erhalten. Für eine technisch qualifizierte Person wie Lady Carmen würde das viel leichter sein.
    Aber er wußte, daß es für einen Mann in geheimen Diensten nicht leicht sein würde, mit einer Frau zusammenzuleben, die zu einem Lieblingsobjekt der Klatschpresse werden würde. Die Ehefrau des früheren britischen Verteidigungsministers ließ sich scheiden, um mit einem jungen schwedischen Hauptmann zusammenzuziehen. Jesses!
    Ihr Verhältnis hatte keine Substanz, weil es nicht auf der Realität basierte. Mit den Augen der Legende betrachtet, stand sie seinem Job im Wege und beide konnten für die britische Skandalpresse zu einem Festessen werden. Sowohl ihretals auch seinetwegen sollte er irgendwie Schluß machen. Doch das war nur eine logische und rationale Erkenntnis. Luigis Intellekt konnte sich damit einverstanden

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