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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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über seine Ankunft gemacht hatte. Er hatte sicherheitshalber einen Mietwagen bestellt und im selben Hotel ein Zimmer gebucht, dem Abou Nawas draußen an der Küste, in dem er auch bei seinem letzten Besuch in Tunis gesessen und gewartet hatte. Als er ankam und in Arafats Kanzlei anrief, bekam er niemanden an den Apparat, der etwas von seiner Ankunft wußte, oder auch nur davon, wer er war. Er hinterließ seine Telefonnummer, wühlte seine Badehose hervor und ging zum Strand. Nichts an diesem Empfang erstaunte ihn. Das einzige, was ihn beunruhigte, war die Aussicht, möglicherweise eine Woche lang im Hotelzimmer zu sitzen und CNN als einzige Unterhaltung zu haben.
    Das Baden war nicht sehr angenehm. Es wehte ein heftiger Wind, die Wellen gingen hoch, und das Wasser war zu warm. Er kehrte übellaunig in sein Zimmer zurück, rief beim Empfang an, um zu kontrollieren, ob er eine Mitteilung erhalten hatte, duschte und sank dann fast resigniert aufs Bett. Er schaltete den Fernseher ein, der schon auf CNN eingestellt war. Dort lief eine Art Ökonomie-Show, die ihn an das erinnerte, was er gelegentlich auch im schwedischen Fernsehen sah: geschniegelte junge Menschen, die das Lob des Geldes sangen und von der Entwicklung der jüngsten Aktienkurse in Tokio und Frankfurt berichteten. Carl verlor schnell die Konzentration und gab sich Grübeleien über sein eigenes Geld hin. Im nächsten Jahr würde die schwedische Regierung Dividendenzahlungen völlig steuerfrei machen. Mit der Begründung, daß die vermögendsten Individuen der Gesellschaft dieses so gewonnene zusätzliche Geld sofort in der Industrie investieren oder für den Kauf neuer Aktien ausgeben würden. Damit würden sie die Räder zum Rollen bringen, was zu mehr Beschäftigung und allgemeinem wirtschaftlichem Wohlstand führe. Somit ruhte auf den reichsten Mitgliedern der Gesellschaft eine schwere Verantwortung. Gleichwohl bestand ein großes Risiko, daß die Reichen überhaupt keine Räder in Bewegung setzten, sondern nur ihre restlichen Schulden bezahlten, da es sich nicht mehr lohnte, Schulden zu haben. Vielleicht würden sie noch ihren persönlichen Konsum ein wenig steigern und importierte Autos kaufen, importierte Lebensmittel und importierte Kleidung und damit die Räder in Deutschland, Frankreich und Italien in Bewegung setzen. Für Carl bedeutete die kommende Reform, daß er für seine und Tessies Auswanderung nach Kalifornien zehn Millionen Dollar abheben konnte, ohne eine Krone Steuern zu bezahlen. Seine so geplünderten Immobiliengesellschaften würde er danach etwas billiger verkaufen müssen, als er sich ursprünglich vorgestellt hatte. Doch einerseits war der steuerliche Effekt nicht mehr sonderlich gravierend, wenn es um einen Verkauf eigener Aktien ging, denn auch diese Steuer würde im nächsten Jahr gesenkt werden, und zum andern gewann er auf diese Weise einen geringeren steuerpflichtigen Verkaufsbetrag, wenn er schon eine maximale und steuerfreie Dividende abgeschöpft hatte.
    Er streckte die Hand nach Bleistift und Notizblock aus, die neben dem Telefon auf dem Nachttisch lagen, und stellte einige schnelle Berechnungen an. Je nachdem, wie er handelte, würde er höchstens fünf Millionen Dollar und mindestens zweihundertzwanzigtausend Dollar an Steuer bezahlen. Er konnte das Steuerniveau selbst wählen, und das war absurd. Wenn er wie bisher verfuhr und ein möglichst hohes Steuerniveau wählte, nämlich unter Hinweis auf Solidarität und Verantwortung, Begriffe, die niemand, nicht einmal er selbst, noch in den Mund nahm, wäre er vermutlich der einzige vermögende Mensch in Schweden, der so handelte und damit das eine oder andere Rad in Bewegung setzte. Alle anderen würden so viel an sich raffen, wie sie überhaupt an sich raffen konnten, nicht zuletzt im Hinblick darauf, daß dies vor dem Regimewechsel im nächsten Jahr und den damit verbundenen Steuererhöhungen vermutlich die letzte Chance dazu war. Alle anderen, die die Möglichkeit dazu besaßen, würden alles in ihren Kräften Stehende tun, um an der Zertrümmerung der schwedischen Wirtschaft teilzunehmen und sich selbst zu bereichern. Anschließend würden sie ihr Geld außer Landes bringen. Was Carl als einzelnes Individuum unternahm, hätte nicht die geringste Bedeutung.
    Carl erkannte, wie heuchlerisch diese Argumentation war. Was er als einzelner unternahm, hatte sehr wohl eine Bedeutung, und zwar für ihn selbst und seine morgendliche Begegnung mit seinem Spiegelbild.
    Aber,

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