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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Hector Russel Kiltmaker in 95 Princes Street, ganz in der Nähe. Auf einem Stadtplan war der Weg dorthin rot eingezeichnet. Ferner fanden sich alternative Fluchtwege sowie die Angabe, wann der beste Zeitpunkt fürs Zuschlagen sei, nämlich kurz vor Ladenschluß. Es waren Quittungen der bestellten Waren beigelegt, die abgeholt werden sollten. Was den rein operativen Einsatz betraf, hieß es also go on all systems, besonders seit ein lauthals brüllender Sohn gefüttert und für die Expedition ausstaffiert worden war.
    Als sie nach einem kurzen Spaziergang ankamen, stellte sich heraus, daß das Erdgeschoß des Ladens eine einzige gigantische Touristenfalle mit Schottenkaros war. Die eigentliche Kiltmacherei lag im Obergeschoß; das Personal erbot sich, auf das Baby aufzupassen, während sich Carl und Tessie die bestellten Waren abholten. Carl lehnte jedoch ab und trug seinen Sohn die Treppe hinauf. Er konnte sich nicht vorstellen, sein Kind in einer fremden Stadt in fremde Hände zu geben. Obwohl wahrscheinlich kaum jemand wußte, daß er sich überhaupt hier befand. Nicht einmal die schwedische Regierung wußte es, und es war nicht ganz leicht gewesen, dafür zu sorgen.
    Sie wurden von einer strengen, stämmigen Dame mit einem Haarknoten im Nacken und einem entschieden schottischen Akzent in Empfang genommen. Sie stellten sich höflich als Mr. und Mrs. Hamilton vor, und Carl zog seine Quittung für die bestellten Waren hervor. Die strenge Schottin setzte ihre Lesebrille auf, die an einer Kette an ihrer Brust hing, und betrachtete den Bestellzettel einige Augenblicke, bevor ihr Gesicht sich plötzlich aufhellte.
    »Aha«, sagte sie, »Sie sind die Herrschaften aus San Diego. Sie wollten, glaube ich, schottische Verwandte treffen, nicht wahr? Wenn Sie bitte mitkommen wollen, dann holen wir die Sachen. Es ist alles fertig.«
    Sie wurden durch einen langen schmalen Gang, der vollgestopft war mit schottischen Stoffen in allen erdenklichen Varianten, in einen kleinen Raum geführt. Die bestellte Kleidung wurde ihnen an zwei Schneiderpuppen vorgeführt.
    Die männliche Figur vor ihnen trug kurz darauf einen Kilt im Hamiltonschen Muster. Das Tartan der Hamiltons war blau, weiß und rot. Blau und rot dominierten. Die weiße Linie, die sich hier und da durch das Muster zog, war sehr dünn. Offenbar mußte man einen Rock tragen, wenn man zu einem Festessen ging; Carl hatte es im Grunde schon gewußt, sich sogar darauf vorbereitet, doch die Albernheit des Ganzen war heftiger, als er sich vorgestellt hatte. Er mußte ferner eine schwarze kurze Jacke mit schweren Knöpfen an den Ärmeln, die silbern glänzten, eine schwarze Fliege sowie ein gefälteltes Rüschenhemd tragen. Dazu waren schwarze Schuhe vorgeschrieben, die an der Oberseite eine Art Netz hatten, das die weißen Wollstrümpfe freigab, die bis kurz unter die Knie reichten. In dem rechten Strumpf steckte ein kleiner Dolch. Vor der Männlichkeit der Figur hing eine beutelähnliche Tasche aus Seehundfell.
    Tessies Kleidung war weniger kompliziert. Sie brauchte einfach einen langen Rock im vorgeschriebenen Karomuster, eine weiße, oben geknotete Bluse sowie ein Schal, der von der linken Schulter über den Torso reichte, ebenfalls im Tartan-Muster. An die Schuhe wurden keine bestimmten Anforderungen gestellt.
    »Aha, es geht also um ein Festessen«, bemerkte die strenge schottische Dame, als sie zu dem Schluß gekommen war, daß die beiden Yankees genug gestaunt hatten. »Was wir sehen, ist in aller Einfachheit eine gewöhnliche Variante des full Highland evening dress. Ich möchte nur noch auf einige kleine Details hinweisen. Die schwarze kurze Jacke des Mannes heißt Prince Charlie jacket. Hier haben wir den traditionellen sporran, und dazu müßte ich vielleicht eine Frage stellen«, endete sie mit einer Pause, als wollte sie Carl Zeit geben, wieder zu sich zu kommen und mit dem Erröten aufzuhören.
    »Ja, was ist mit diesem sporran«, sagte Carl resigniert und betrachtete den lächerlichen kleinen Beutel, den er unterhalb des Bauchs tragen sollte.
    »Nun«, fuhr die Dame mit spürbarer Geduld fort, »traditionsgemäß soll der sporran aus Seehundfell sein. Aber da viele Ihrer Landsleute, wie soll ich sagen, in diesem Punkt ein wenig empfindlich sind, haben wir auch eine amerikanische Variante aus künstlichem Seehundfell…«
    »Wir nehmen echtes. Wenn schon, denn schon«, erwiderte Carl.
    »Muß die Frau so aussehen?« fragte Tessie sanft. »Ich meine, gibt es keine

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