Im Netz der Angst
bog erst rechts und dann gleich wieder links ab.
Im Leichenschauhaus zeigten sie ihre Marken vor und wurden eingelassen. Der Rechtsmediziner wartete im Obduktionsraum auf sie.
»Na, Doc, was haben Sie für uns?«, fragte Elise und ließ eine Kaugummiblase platzen, als sei sie noch ein junges Mädchen.
Dr. Halpern lächelte und entblößte dabei seine viel zu weißen Zähne. »Was könnte Sie denn überzeugen, ein paar schöne Momente hier bei mir zu verbringen?«
Josh wiegte den Kopf hin und her. Halpern hatte bereits seit Elises Zeit als Polizeischülerin eine Schwäche für sie und flirtete mit ihr, wann immer sie sich hier sahen. Elise machte das entweder nichts aus oder aber sie hatte entschieden, dass es sich lohnte mitzuspielen, wenn sie dadurch schneller an die Obduktionsergebnisse kamen.
Elise klimperte mit den Wimpern. »Nun, die Todesursache für den Doppelmord, der gestern Nacht reingekommen ist, könnte mein Herz vielleicht ein klein wenig erweichen.«
Josh rollte mit den Augen.
Halpern hingegen winkte ab. »Sie setzen die Latte viel zu niedrig an, meine Liebe. Sie sind so viel mehr wert.«
»Ich bin ganz Ohr«, sagte Elise und ließ sich auf den Klappstuhl neben Halperns Schreibtisch fallen.
»Nun, euer siebenundvierzig Jahre alter männlicher Toter starb gestern Abend zwischen zwanzig und zweiundzwanzig Uhr an den Folgen einer Gehirnblutung, die durch Gewalteinwirkung mit einem stumpfen Gegenstand auf den Schädel ausgelöst wurde. Die am Tatort gefundene Lampe ist zweifellos die Mordwaffe. Ich habe Splitter der Kupferlegierung vom Sockel der Lampe in der Wunde am Kopf gefunden.«
Josh nickte. Das war keine Überraschung.
»Bei eurem weiblichen Opfer ist es jedoch eine kompliziertere Geschichte.«
Josh machte es sich in dem Stuhl Halpern gegenüber gemütlich, stützte die Ellbogen auf die Armlehnen und verschränkte die Finger ineinander. »Erzählen Sie.«
»Die Frau wurde erwürgt. Schätze, mit einer Art Kabel, vielleicht sogar dem von der Lampe, mit der ihr Ehemann ermordet wurde. Denn das wurde ja nicht gefunden.« Halpern lehnte sich lächelnd in seinem Stuhl zurück.
Elise warf Josh einen erstaunten Blick zu. Auch Josh war verblüfft und wiegte den Kopf hin und her. Warum das Kabel mitnehmen? Was machte es erforderlich, es einzustecken und wog gleichzeitig die Gefahr auf, möglicherweise damit erwischt zu werden?
»Aber jetzt kommt erst der wirklich interessante Teil. Das männliche Opfer wurde ruck, zuck kaltgemacht. Aber die Frau? Bei der hat er sich Zeit gelassen.« Halpern stand auf und bedeutete ihnen, ihm zu der kalten Metallbahre zu folgen, auf der Stacey Dawkins Leiche lag. »Sehen Sie die vielen Würgemale am Hals? Ich vermute, er hat mit ihr gespielt. Sie fast bis zur Bewusstlosigkeit stranguliert, dann wieder locker gelassen, sodass sie Hoffnung schöpfte, und dann erneut zugezogen. Ausgehend von dem, was ich hier sehe, hat er diesen Zyklus ungefähr drei oder vier Mal wiederholt.«
Josh war eigentlich für seine Dickfelligkeit bekannt: Er war einer, der selbst direkt nach einem Besuch im Leichenschauhaus Gyros bestellte. Bei dieser Aussage des Docs wurde ihm jedoch ein wenig flau im Magen.
»Sie hat sich gewehrt«, fuhr Halpern fort. »Da sind Gewebereste unter ihren Fingernägeln. Wir schicken die Proben für eine genauere Analyse ein. Clyde wird dann später detailliertere Ergebnisse für euch haben.«
Josh war lange genug in der Mordkommission, um zu verstehen, dass es Gründe gab, die einen Menschen dazu brachten, jemanden umzubringen. Aber sich daran zu erfreuen? Den Mord hinauszuzögern und ihn auf diese Art und Weise zu genießen? »Sadistischer Scheißkerl«, murmelte er vor sich hin.
»Absolut.« Halpern hob das Laken, das Mrs Dawkin bedeckte, am unteren Ende an. »Schauen Sie sich mal ihre Knie an.« Sie waren rot und aufgeschrammt. »Das kommt vom Teppich«, erklärte er. »Ich denke, der Mistkerl hat sie kriechen lassen, nachdem er sie an den Händen gefesselt und ihr einen Klebeknebel angelegt hatte.«
»Er hat sie auf Knien kriechen lassen?« Elise erhob aufgebracht die Stimme. Dann zeichnete sich eine Erkenntnis auf ihrem Gesicht ab. »Diese Druckstellen auf dem Teppich – die für Schleifspuren zu kurz waren. Der Schweinehund hat sie zu ihrer eigenen Hinrichtung kriechen lassen.«
»Wir wissen noch nicht, ob es ein Er ist, Elise«, sagte Josh mit fester Stimme. Er konnte ihren Ärger nachvollziehen, aber dem Raum zu geben, würde sie nicht
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