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Im Netz der Meister 2

Im Netz der Meister 2

Titel: Im Netz der Meister 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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war einer der letzten Gäste bei der Party am Samstag gewesen, Anita hatte es ihr gesagt.
    Als Herr Scheißkerl ein Gedicht im Forum veröffentlichte, das von einem Mann handelte, der einer enttäuschten Dame als Ritter, Rächer und Retter zur Seite stand, war Simone sich sicher, dass er es gewesen war, der ihr das angetan hatte.
    Sie verstand es nicht. Warum? Er kannte sie nicht! Was hatte er davon? Warum zerstört jemand die berufliche Existenz eines Menschen, den er nicht kennt? Konnte Anna ihn so sehr beeinflusst haben, dass er es für sie getan hatte? Sollte sie ihn anschreiben und ihn einfach fragen? Was würde das bringen? Er könnte es ja nicht zugeben. Konnte sie es ihm eigentlich beweisen, wenn sie ihn anzeigen würde? Weswegen anzeigen? War das üble Nachrede? Stalking? Konnte man ihn anhand der fotokopierten Handybilder identifizieren? Wie würde sie dastehen bei der Polizei, wenn sie eine Anzeige gegen Unbekannt wegen unerlaubter Veröffentlichung pornografischer Fotos erstattete? Sollte sie Anna anzeigen? Wegen Stalking? War es das? Konnte sie beweisen, dass Herr Scheißkerl für Anna, deren realen Namen sie nicht kannte, so eine niederträchtige Aktion inszeniert hatte? Würde Simone je ein Motiv, eine Erklärung finden?
    Sie reagierte gar nicht. Nicht im Forum und nicht in der Realität. Sie erzählte Gerald nichts davon. Wozu auch. Konnte er es ändern? Konnte es irgendjemand ändern? War sie nicht selbst schuld? Hätte sie nicht damals angefangen, im Internet zu surfen, dann wäre ihr Leben noch normal. Es gäbe einen Mittelpunkt, eine intakte Familie, eine glückliche Ehe, einen erfüllenden Beruf. Es gäbe keine Neigungen und Wünsche, keine Erfahrungen und keinen SM. Alles wäre gut.
    Dass sie sich auch hier etwas vormachte, war ihr nicht klar. Manchmal gab sie Gerald die Schuld und nicht sich selbst. Dann dachte sie, dass er sich nicht mit Anna hätte einlassen dürfen, er hätte früher merken müssen, dass sie verrückt und zu allem fähig war. Schließlich: Was hatte sie davon, Simone zu vernichten? Warum hatte sie Herrn Scheißkerl dazu angestiftet? Von allein konnte er nicht auf diese Idee gekommen sein. Wohin sollte das alles bloß führen? Welches Ziel hatte Anna, was wollte sie erreichen? Simone verstand es einfach nicht, aber sie wehrte sich auch nicht.
    Simone und Gerald redeten zu Hause kaum, wussten beide nicht, wie sie miteinander umgehen sollten. Manchmal sahen sie sich an, absichtlich versehentlich vielleicht, und manchmal hatten sie beide dabei Tränen in den Augen. Sie bemühten sich um einen normalen Umgangston und um vertraute Abläufe. Sie frühstückten am Wochenende zusammen, gingen manchmal mit dem Hund um den Block, guckten sonntags gemeinsam »Tatort«.
    Sie versuchten, die Kinder nichts merken zu lassen.
    Sie saßen nicht mehr gemeinsam im Computerzimmer, Gerald hatte sein Profil im HLF gelöscht. Simone war zu Hause nur noch selten online, sie fühlte sich süchtig und minderwertig, wenn sie allein vor dem Rechner hockte. Nicht mal das bleibt mir , dachte sie und manchmal war sie nicht nur auf sich selbst wütend, sondern auch auf Gerald.
    Simones Buchladen lief seit Wochen schleppend. Sie mochte nicht darüber nachdenken, ob es nur an den Bildern von Herrn Scheißkerl lag. Seit langem stopfte sie am Ende des Monats ein Loch mit dem anderen, bezahlte manchmal die Lieferanten nicht, damit Geld genug für Miete und Nebenkosten blieb.
    Sie bekam neue Bücher inzwischen nur noch gegen Vorkasse, Kommissionsware wurde ihr verweigert. Ihr Sortiment war schnell veraltet, die wenigen Kunden, die noch kamen, fanden meist nicht, was sie suchten. Sie entließ Adele Fuchsberg. Simone musste ohne ihre Aushilfe auskommen.
    Die Tage waren lang. Simone vertrieb sich die Zeit im Internet.
    Sie ignorierte Rechnungen, Zahlungserinnerungen und Mahnbescheide. Als sie den Gerichtsvollzieher nur mit Mühe auf den nächsten Tag vertrösten konnte, beschloss sie, am Abend mit Gerald zu reden. Lange würde sie den Buchladen nicht mehr halten können, wenn es so weiterging.
    Als sie nach Hause kam, war Gerald im Schlafzimmer. Er hatte geduscht, es roch nach seinem Parfum. Er saß auf dem Bett und band sich die Schuhe zu.
    »Gehst du weg?«
    »Ja.«
    »Ach so. Schade.«
    »Warum?«
    »Weil ich mit dir reden muss.«
    »Heute nicht, Schatz.«
    Sie horchte auf, als er sie so nannte, aber dann sah sie an seinem Gesicht, dass es wohl nur Gewohnheit gewesen war. »Es ist aber wichtig!«
    »Trotzdem muss

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