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Im Netz der Meister 2

Im Netz der Meister 2

Titel: Im Netz der Meister 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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es Zeit bis morgen haben, du siehst doch, dass ich weg will.«
    Er fragt mich nicht mal, worum es geht , dachte sie.
    »Wohin gehst du denn?«
    »Zum Junggesellenabschied von Nicole.«
    »Nicole?«
    Er lehnte sich zurück und sah sie verächtlich an. »Du kriegst nichts mit, oder? Hast nur deinen Scheiß im Kopf, oder?«
    Sie schnappte nach Luft. »Das ist nicht wahr!«
    »So? Wenn es nicht wahr wäre, wüsstest du, dass Nicole meine neue Kollegin ist und dass sie mir im Büro seit mehr als zwei Monaten gegenübersitzt.«
    »Du hast mir noch nie von ihr erzählt«, protestierte Simone und versuchte sich zu erinnern, ob der Name schon mal gefallen war. Gerald runzelte kopfschüttelnd die Stirn. Er ging zum Schrank, nahm seine Lederjacke heraus und zog sie an. Der feine Duft von Antaeus umgab ihn.
    Simone konnte plötzlich die Tränen nicht zurückhalten.
    Er sah sie an. »Warum heulst du? Ich geh ein Bier trinken, mehr nicht!« Er nahm seinen Schlüssel, das Portemonnaie und das Handy vom Nachttisch, verstaute alles und ging zur Tür. »Tschüss.«
    Simone antwortete nicht. Sie warf sich aufs Bett und heulte, bis sie einschlief. Als sie ihn nach Hause kommen hörte, war es nach fünf.

    Simone hob am nächsten Tag Geld von ihrem gemeinsamen Sparbuch ab. Der Gerichtsvollzieher kam mittags.
    Sie sprach mit Gerald am Abend nicht darüber. Er war gar nicht da. Er hatte eine SMS geschickt: »Warte nicht auf mich, komme später.«
    »Wohin gehst du denn? Warum rufst du nicht an?«, fragte sie zurück.
    Er antwortete nicht. Das war gegen jede Vereinbarung. Simone war sehr ärgerlich und wählte sein Handy an. Er hatte es ausgeschaltet.
    In dieser Nacht kam er um drei nach Hause. Morgens wirkte er trotzdem ausgeschlafen und gut gelaunt.
    Simone hörte den kiebigen Ton in ihrer Stimme sehr wohl, als sie ihn fragte: »Wo warst du denn gestern Abend?«
    Er grinste. »Erzähl ich dir die Tage.«
    »Warum nicht jetzt?«
    »Weil ich jetzt fahre.«
    »Und heute Abend?«
    »Bin ich nicht da.«
    »Wohin willst du denn schon wieder?«
    »Die Tage, Simone, nicht heute, ja?«
    Als die Haustür ins Schloss fiel, fühlte sich Simone, als hätte ihr jemand brutal in die Magengrube geboxt, und der Schmerz hielt noch stundenlang an.

    An nächsten Tag kam wieder kein Kunde. An das Spießrutenlaufen von der S-Bahn-Haltestelle zum Laden hatte sie sich gewöhnt. Sie beachtete die Passanten einfach nicht mehr. Sie grüßte die Frau im Kiosk nicht, nicht Tini in der Bäckerei, nicht die Friseurinnen hinter der Scheibe des kleinen Salons.
    In den ersten Tagen nach der Aktion mit den Bildern hatte sie in jedem Gesicht, das ihr begegnete, Verachtung und Entsetzen gelesen. Jetzt ignorierte Simone sie. Es war ja doch nichts zu ändern, sollten sie sich das Maul über sie zerreißen. Der Briefträger schaute ihr nicht in die Augen, wenn er ins Geschäft kam und sich den Erhalt der Einschreiben quittieren ließ, die immer häufiger kamen. Mahnungen, Rechnungen, Vollstreckungsbescheide.
    Simone lenkte sich ab. Sie las, surfte und postete im »Harte-Liebe-Forum«. Dort war alles wie immer, dort fühlte sie sich zu Hause.
    Gerald war dienstags und donnerstags abends nicht da. Er ging gegen halb acht und kam gegen drei Uhr früh heim.
    Simone fragte nicht, wohin er ging oder woher er kam. Sie wollte es wissen und auch wieder nicht. Es ergab sich keine Gelegenheit, ihn zu fragen oder überhaupt miteinander zu reden. Das jedenfalls behauptete Simone vor sich selbst und vor Ute, mit der sie neulich nach langer Zeit mal wieder geredet hatte.
    »Das sind die normalen Probleme, die sich in einer offenen Beziehung ergeben können«, meinte Ute.
    Solche Weisheiten wollte Simone nicht hören. Sie ignorierte Utes ehrliches Interesse. Sie versuchte auch, ihre eigene Traurigkeit, ihre Angst und ihre lähmende Eifersucht zu ignorieren.

    Es war ein Sonntag, als sie den Hund bürstete und dabei die Geschwulst entdeckte. Sie hatte sich in letzter Zeit nur wenig um Carlos gekümmert: ihn in den Garten gelassen, das Futter hingestellt und dafür gesorgt, dass er frisches Wasser hatte. Lange Spaziergänge brauchte der Hovawart mit seinen zwölf Jahren nicht mehr, er schlief viel und war so selbstverständlich Mitglied der Familie, dass man ihn immer wieder vergaß. Simone wusste nicht, wann sie ihn das letzte Mal gebürstet hatte, das Fell war verfilzt und struppig. Als sie die Geschwulst entdeckte, begann sie zu zittern. Sie rief Gerald, der im Wohnzimmer vor dem Fernseher

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