Im Netz der Meister 2
sich, als hätte sie Urlaub und würde nicht verreisen, sondern zu Hause bleiben. Sie nutzte die Tage und Abende im Computerzimmer und suchte weiter nach einem Mann. Manchmal fragte sie sich, ob die Suche ihr Lebensinhalt geworden sei, und dass die Hoffnung darauf, etwas oder jemanden zu finden, kaum noch eine Rolle spielte.
Gerald und Simone trafen sich manchmal in der Küche. Er sieht gut aus , dachte sie. Und sie war traurig und wehmütig, als sie ihn ansah. Wie lange hatten sie gemeinsam, beide gereizt und voller Elend, auf diese Situation zugesteuert? Sie waren in den letzten Monaten wie zwei Menschen gewesen, die mit ausgebreiteten Armen aufeinander zuliefen und einander doch verfehlten und weiterlaufen mussten. Gab es wirklich keine Chance mehr für sie? Wollte sie eine Chance? Wollte er eine?
»Hast du schon mal daran gedacht, dich endlich um einen neuen Job zu kümmern?«, fragte Gerald unvermittelt und riss sie aus ihren Überlegungen.
»Ich habe ein paar Bewerbungen geschrieben, aber bis jetzt noch keine Antwort bekommen, außerdem bin ich in etlichen Jobbörsen registriert«, log Simone.
»Hm. Du weißt, dass wir dein Einkommen dringend brauchen, um unseren Lebensstandard zu halten.«
Ja, sie würde sich einen Job suchen, natürlich. Bald. Morgen.
Sie sah zu, wie er sich Brote schmierte und mit Mettwurst und Käse belegte, sie auf einem flachen Teller anrichtete, Gewürzgurken aus dem Glas nahm, über dem Spülbecken abtropfen ließ und zu den Broten legte. Jede Bewegung war ihr vertraut wie eine eigene. Sie wusste, wie Gerald beim Essen die Brote zwischen zwei Fingern halten würde, wie er beim Kauen aussah, sah vor sich, wie er nachher die Krümel mit krummer Hand vom Tisch streifen würde.
Was soll’s? Auch die Vertrautheit bedeutet nichts mehr , dachte sie.
Sie nahm sich ein Glas Wein und kehrte zurück zu ihrem Rechner. Sie war mit Ulrich im Gespräch, er suchte eine Frau, die seine »Ehestute« mit ihm gemeinsam erziehen sollte. Simone fand die Idee theoretisch interessant. Sie mailten schon seit ein paar Stunden und Simone simulierte mit Ulrich im Chat eine Session zu dritt, bei der sie seine Frau schlug und quälte. Zeitgleich chattete sie mit Ute und diskutierte mit ihr über Sex mit Frauen.
»Ich finde Frauen schön und kann sie gut riechen, aber sie erregen mich nicht«, meinte Simone.
Ute hatte Erfahrungen: »Wenn sie nett und attraktiv ist, finde ich es toll mit einer Frau, auch gegen einen Dreier habe ich nichts.«
Simone war der Meinung, dass die wenigsten Frauen, die sich als bisexuell ausgaben, es auch wirklich waren. »Im HLF haben so viele Frauen angekreuzt, dass sie bi sind. Ich nehme das den meisten nicht ab. Die tun nur so, weil sie wissen, dass es der Männertraum schlechthin ist und fast jeder Kerl davon träumt, es mit zwei Frauen zu treiben.«
»Warum sollte das jemand faken, was hat man denn davon?«
Simone überlegte nur kurz. »Nichts, außer vielleicht eine Illusion von Kontrolle. Und vielleicht haben sie das Gefühl, dass sie für einen Mann attraktiver wirken, wenn er sich dieser Wichsvorlage ganz nah gekommen sieht?«
»Aber viele machen flotte Dreier, nicht nur im SM-Kontext, sondern auch zum Beispiel im Swingerclub, und den Frauen macht es Spaß«, schrieb Ute.
»Ich glaube das nicht. Sobald zwei Weiber mit einem Mann zusammen sind, geht der Konkurrenzkampf los. Jede will die Schönere sein, die Geilere, die Devotere, was weiß ich ...«
Simones Worte klangen aggressiv; sie spürte, dass sie bei diesem Thema aus unerfindlichem Grund schlechte Laune bekam.
»Ach, ich weiß nicht. Das siehst du zu verbissen. Hast du es schon mal mit einer Frau gemacht?« fragte Ute.
»Nein. Und ich werde es auch nie tun. Allein beim Gedanken an eine matschige Möse muss ich mich schütteln vor Ekel«, antwortete Simone.
»Wieso, du hast doch selber eine?« schrieb Ute und setzte ein zwinkerndes Smiley hinter den Satz.
Das sei etwas ganz anderes, sie sei hetero und wolle das auch bleiben, antwortete Simone und klinkte sich wieder in den Chat mit Ulrich ein. Der war ziemlich beleidigt, als Simone ihm ruppig mitteilte, er solle seine Ehestute gefälligst selbst beglücken, sie habe keine Lust auf solche Mätzchen.
Am Montag hatte sie noch keine Verabredung für den Stammtisch. Es war zum Verzweifeln, aber die paar Typen, die für sie in Frage kamen und nach Köln kommen konnten, schien sie alle schon zu kennen.
Mario aus Rheinbach war zwar an Simone interessiert, aber
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