Im Netz Der Schwarzen Witwe
dann ohnmächtig. Das war eine in jeder Hinsicht ungewöhnliche Begegnung.
„Ich habe keine Ahnung, was passiert ist“, gestand er. „Ich saß auf den Stufen und mir wurde übel, deshalb stand ich auf und …“ Er lachte, aber es war ein gequältes, verlegenes Lachen. „Ich bin noch nie ohnmächtig geworden.“
Er schien sich aufsetzen zu wollen, daher half Mariah ihm. Sofort spürte sie die Anspannung, die seinen ganzen Körper erfasst hatte. Sie fühlte es in seinen Schultern und seinem Nacken und sah es in seinem Gesicht. Sanft massierte sie ihm Schultern und Rücken und wünschte, sie könnte diesem Mann in einer Minute all das beibringen, was sie in den vergangenen zwei Monaten gelernt hatte. Die Entspannungstechniken und Übungen zum Stressabbau, die ihr geholfen hatten.
„Wow, das fühlt sich gut an“, sagte er seufzend.
„Im Hotel gibt es einen Masseur“, erklärte Mariah. „Bei dem sollten Sie sich unbedingt einen Termin holen. Sie sind wirklich sehr verspannt.“
Seine Muskeln fingen allmählich an, sich zu entkrampfen, das fühlte sie deutlich an den Schultern. Erneut seufzte er und sackte nach vorn, die Stirn in die Hände gestützt.
„Schlafen Sie bloß nicht ein“, flüsterte Mariah ihm ins Ohr. „Ich glaube, Ihr Freund ist gerade vorgefahren.“
Ihre Lippen waren nur wenige Millimeter von der zarten Haut seines Ohrs entfernt. Aus einer Laune heraus küsste sie ihn dort zärtlich.
Er hob überrascht den Kopf und sah sie an, als hätte sie ein Stück aus ihm herausgebissen.
Mariah errötete. Offenbar hatte sie den Verstand verloren. Das war die einzige Erklärung, die ihr einfiel. Warum sonst sollte sie einen Fremden küssen, der vor ihrem Haus ohnmächtig geworden war?
Als er sah, wie sie errötete, wurde sein Blick sanfter.
Er wirkt dadurch verletzlicher, dachte sie. Aus irgendeinem Grund wusste sie instinktiv, dass er genau diese Verletzlichkeit für gewöhnlich gut verbarg. Überhaupt ahnte sie, dass er eine ganze Menge verbarg. Es gab einiges an diesem Mann, das sie wiedererkannte und das ihr vertraut vorkam.
„Mann, Jonathan, ist alles in Ordnung mit dir?“ Daniel Tonaka war ein Mann von etwas geringerer Größe als der Durchschnitt. Doch er besaß mehr Kraft, als seine schmale Gestalt vermuten ließ. Er beugte sich herunter und half John mit Leichtigkeit auf die Beine.
Dann wandte er sich an Mariah. „Was ist passiert?“
„Ich weiß es nicht.“ Sie stand auf und half Daniel, John auf dem Weg zum Wagen zu stützen. „Er machte einen Strandspaziergang, und wir kamen ins Gespräch. Auf einmal fing er an zu schwitzen und wurde ohnmächtig. Zack, einfach so.“
„Ich brauche nur ein vernünftiges Frühstück“, erklärte John, während sie ihm auf den Beifahrersitz halfen. „Mir geht’s gut.“
„Klar, Mann. Du siehst so gesund aus wie ein platt gefahrenes Tier auf der Straße.“
Mariah stellte den Sitz ein wenig zurück und beugte sich über John, um ihn anzuschnallen. Dabei streiften ihre Brüste seine Brust. Als sie zu ihm heruntersah, trafen sich ihre Blicke.
„Danke“, sagte er mit der Andeutung eines Lächelns.
Mariahs Mund war wie ausgetrocknet, als sie aus dem Wagen zurückwich und die Tür zuwarf.
„Komm, Princess“, rief Daniel.
Der Hund sprang in den Wagen und nahm eine selbstbewusste Haltung auf dem Rücksitz ein.
„Vielen Dank, Miss …“, wandte Daniel sich an sie. „Tut mir leid, ich habe Ihren Namen vergessen.“
„Robinson“, sagte sie. „Mariah Robinson.“
Jonathan Mills hob noch einmal schwach die Hand, um ihr zuzuwinken, als der Wagen abfuhr.
Mariah schaute auf ihre Uhr. Es war noch nicht einmal sechs Uhr morgens. Der Tag hatte gerade erst begonnen.
Sie sah die beiden durch ein Fenster des Fitnessraums im Hotel.
Frühmorgens trainierte sie jeweils für mehrere Stunden – lange bevor die meisten anderen Hotelgäste die Anlage benutzten. Sie war nur hier, um ihre Muskeln zu stärken und ihren Körper zu stählen. Es interessierte sie nicht, sich dabei in enger Sportkleidung in den Spiegelwänden zu betrachten oder die Aufmerksamkeit eines Gewichte stemmenden, muskelbepackten Mannes auf sich zu lenken.
Nein, den Mann, nach dem sie Ausschau hielt, würde sie nicht beim Krafttraining finden.
Ein Wagen fuhr auf den Parkplatz vor dem Gebäude – die einzige Bewegung in der frühmorgendlichen Stille. Während sie ihren Trizeps trainierte, sah sie einen jungen Asiaten, der einem anderen Mann aus dem Wagen half. Die beiden
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