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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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und etwa ein Dutzend Streifenbeamten schwärmten aus. Sie klopften an Türen und sprachen Menschen auf der Straße an. Powell und Fontova teilten sich auf. Es war ein warmer Spätnachmittag, und es waren viele Leute unterwegs.
    Powell bemühte sich, mit Marco Fontova und den anderen Kollegen Schritt zu halten, doch sie wusste, dass sie bald weit zurückbleiben würde. Die erste Person, mit der sie sprach, stand vor einem Geschäft, in dem Handys verkauft wurden. Ein Schwarzer um die sechzig mit einem grau melierten Spitzbart und silbernen Ohrringen in beiden Ohren. Vielleicht war er zu der Zeit, als die Chi-Lites noch Hits landeten, ein Frauenheld.
    »Guten Tag«, sagte Powell.
    Der Mann musterte sie von oben bis unten und grinste anzüglich. Ein echter Traumtyp. Powell hätte ihm am liebsten eine Kugel in die Rippen geschossen, um zu sehen, wie ihm das gefiel.
    »Hallo, Schätzchen«, erwiderte er.
    Powell hatte keine Dienstmarke mehr, aber ihren Dienstausweis des New York Police Department. Sie zog ihn aus der Tasche und klammerte ihn an die Hosentasche. Plötzlich war sie kein »Schätzchen« mehr. Jetzt war der Mann blind, taubstumm und litt unter Gedächtnisschwund. Powell stellte die Fragen dennoch und ging weiter.
    Bei der sechsten Befragung hatte sie Glück. Zwei Skateboard-Fahrer, dürre Jungen um die vierzehn, hingen an einer Ecke vor einem Smoothie-Shop herum. Einer trug ein T-Shirt mit der Aufschrift Alien Workshop . Der andere trug eine lindgrüne Mizuno-Fahrradjacke. Powell zeigte ihnen ein Foto von Michael Roman.
    »Hat einer von euch diesen Mann gesehen?«
    Die beiden Jungen schauten sich das Foto an. »Schwer zu sagen«, meinte der mit der lindgrünen Jacke.
    »Könnte sein, dass ein Mädchen bei ihm war«, erklärte Powell den Jungen. »Ein kleines blondes Mädchen.«
    »Ja, ja«, sagte Alien Workshop . »Er ist gerade hier vorbeigelaufen.« Der Junge spähte auf das Foto. »Er ist aber jetzt viel älter.«
    »Welche Richtung?«
    Der Junge zeigte auf den Park.
    »War das kleine Mädchen bei ihm?«
    »Ja.«
    Powell sprach in ihr Funkgerät und schickte zwei Beamten zum Astoria Park. Als sie weiterging, schossen ihr bei jedem Schritt Schmerzen durch die Brust. Sie lief an Bagel-Shops, Friseursalons, einem Obst- und Gemüsestand, einer Markthalle und einem Waschsalon vorbei. Das massive Polizeiaufgebot in der Nachbarschaft weckte zwar die Aufmerksamkeit der Menschen, doch das Geschäftsleben wurde dadurch nicht stillgelegt.
    Zwischen der Zweiunddreißigsten und Dreiunddreißigsten Straße, ungefähr einen Block von der U-Bahn-Station Astoria/Ditmars entfernt, blieb Powell stehen, und das aus zwei Gründen. Der Hauptgrund war der, dass sie keinen Schritt mehr gehen konnte. Da war aber noch ein anderer Grund. Außer ihrem schmerzenden Brustkorb gab es noch etwas, was ihr keine Ruhe ließ, aber ihr fiel beim besten Willen nicht ein, was es war. Sie stand auf der Straße, betrachtete die Häuser, die Fenster und die Menschen. In diesem Viertel, das sich vom Park bis zur Steinway Street erstreckte, war sie vor vielen Jahren Streife gegangen. Das bedeutete damals endloses Pflastertreten, und das immer mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen.
    Auf der anderen Straße waren ein griechisches Reisebüro, ein Jackson-Hewitt-Büro und ein Nagelstudio.
    Was zum Teufel war an diesem Stück des Ditmars Boulevards so Besonderes, dass es ihr keine Ruhe ließ?
    Powell hielt ihren Dienstausweis hoch und humpelte über die Straße. Zum Glück drosselten die Fahrzeuge das Tempo, und einige hielten tatsächlich an.
    Sie betrat das Nagelstudio. Eine junge Frau hinter der Theke hob den Blick von einer Zeitschrift.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    Die junge Frau war um die zwanzig. Sie hatte kurz geschorenes, bunt gefärbtes Haar und glänzende, mit Pailletten verzierte Fingernägel. In dem Geschäft hielten sich keine Kunden auf.
    »Haben Sie einen Internetanschluss?«, fragte Powell.
    Keine Reaktion. Powell tippte auf den Dienstausweis, der an ihre Hosentasche geklammert war. Die junge Frau schaute zuerst auf den Ausweis und dann in Powells Augen. Powell wiederholte ihre Frage, und diesmal sprach sie etwas langsamer und betonte jedes Wort.
    »Haben ... Sie ... einen Internetanschluss?«
    Jetzt schaute die Frau sie an, als wäre sie von einem anderen Planeten. Vielleicht war das der Alien Workshop. »Natürlich.« Sie drehte den LCD-Monitor auf der Theke zu Powell um und schob die Tastatur und die Maus in ihre

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