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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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patrouillierte in den Vierteln Hollis und South Jamaica in jenen harten Zeiten, als in Südost-Queens Crack auftauchte.
    Als weibliche Polizistin in den Zwanzigern setzten ihr alle zu – Verdächtige, Zeugen, Kollegen, Staatsanwälte, Richter, Kriminaltechniker, Vorgesetzte, und wenn es kein Mord war, oft sogar die Opfer selbst. Wenn man dann noch fast eins achtzig groß war, war es noch schwieriger. Mehr als einmal kam es zu Tätlichkeiten, und in all den Jahren hatte sie nichts von ihrer guten Form eingebüßt.
    Wenn heutzutage das Licht an guten Tagen günstig fiel und sie ihre fünfundvierzig Minuten auf dem Laufband absolviert hatte, konnte man sie glatt für zehn Jahre jünger halten als ihre sechsundvierzig Jahre. An anderen Tagen sah man sie ihr an, und sie fühlte sich auch so, wenn nicht gar noch älter. Wenn sie sich richtig aufbrezelte, drehten sich noch immer die Männer nach ihr um, aber manchmal war das Pfeifen die ganze Mühe nicht wert.
    Als Powell an der Ecke Newtown und Einunddreißigste stand und die Absperrung des Tatortes überwachte, wusste sie, dass es die goldene Dienstmarke war, die ihr Zutritt verschaffte, aber es war ihr Auftreten, das ihr Autorität verlieh.
    Was sie in dem blutbespritzten Büro gesehen hatte, war entsetzlich. Je schlimmer der Tatort aussah, desto hartnäckiger führte sie die Ermittlungen.
    Zwei Männer aus der Bezirksstaatsanwaltschaft näherten sich ihr. Michael Roman und Tommy Christiano. Powell hatte mit beiden schon zusammengearbeitet. Sie waren beide Staranwälte, und obwohl die Polizei und die Bezirksstaatsanwaltschaft auf derselben Seite standen, siegte das Ego mitunter über Recht und Gerechtigkeit.
    Und Detective Desiree Powell dachte, dass das Ego an diesem Tag auf jeden Fall schweigen sollte.

17. Kapitel

    Powells Blick wanderte zwischen den beiden Männern hin und her. Sie trug ein tadellos sitzendes, tailliertes, schwarzes Kostüm und eine lavendelblaue Bluse. An ihrem schlanken Hals hing eine schlichte Goldkette. Die Fingernägel, die sie vorsorglich kurz geschnitten hatte – eine absolute Notwendigkeit bei Außeneinsätzen –, glänzten in derselben Farbe wie die Bluse. Powell und Michael waren gleich groß.
    »Haben wir einen Verdächtigen in Gewahrsam genommen, von dem ich nichts weiß?«, fragte Powell.
    In der Regel konnte eine beliebige Anzahl von Mitarbeitern der Polizeibehörde an den Tatort gerufen werden – Streifenbeamte, Detectives, ihre Vorgesetzten, Kriminaltechniker, Gerichtsmediziner. Vertreter der Bezirksstaatsanwaltschaft wurden normalerweise nur gerufen, wenn der Verdächtige am Tatort festgehalten wurde oder verhaftet worden war. Es gab jedoch eine Menge Ausnahmen von dieser Regel.
    »Nein«, sagte Tommy. »Ich kann einer Frau in einem Kostüm einfach nicht widerstehen.«
    »Wo ist Paul?«
    Sie fragte nach dem Staatsanwalt Paul Calderon, der den Fall ursprünglich übernehmen sollte. »Paul braucht mal etwas Zeit für sich«, erwiderte Tommy. »Sie haben Glück. Jetzt haben Sie mich.«
    »Einer Frau könnte Schlimmeres passieren.«
    »Ich habe zwei Exfrauen, die würden Ihnen widersprechen.«
    Powell lächelte und warf Michael einen Blick zu. »Und der Stone Man persönlich«, sagte sie. »Es ist eine Weile her.«
    Die beiden schüttelten sich die Hand. Sie hatten sich seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen. Das kam mitunter vor. »Wie geht es Ihnen?«, fragte Michael.
    »Es ging mir schon besser.« Powell zeigte über die Schulter auf den Tatort. »Ziemlich üble Sache, was?«
    »Schlimm?«, fragte Tommy.
    »Schlimm.«
    »Was ist passiert?«
    Desiree Powell strich sich über das kurze Haar. Es lag perfekt. Sie legte großen Wert auf ihr Aussehen. Michael hatte sie noch nie in Jeans oder Joggingschuhen gesehen. »Bis jetzt wissen wir noch nicht viel. Sieht aber ganz so aus, als wäre er gefoltert worden. Verbrannt.«
    »Verbrannt?«
    Powell nickte. »Das ist aber nicht das Schlimmste.«
    Schlimmer als gefoltert, verbrannt und ermordet , dachte Michael. Was zum Teufel hatte sich da oben abgespielt? Und noch wichtiger war die Frage: Warum?
    »War es ein Raubüberfall?«, fragte Tommy.
    Powell zuckte mit den Schultern. »Es ist noch zu früh, diese Frage zu beantworten. Das Büro wurde nicht durchwühlt. In seiner Brieftasche war Geld. Nur eine Schublade des Aktenschrankes war geöffnet. Sie wurde nicht aufgebrochen.«
    Den Bruchteil einer Sekunde setzte Michaels Herzschlag aus. Doch die Tatsache, dass die Schublade in dem

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