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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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nicht dazu. Sie hatte sich aus eigener Kraft hochgearbeitet, und das in einer Zeit, als Frauen, und vor allem schwarze Frauen, im Klub der Detectives mit den goldenen Dienstmarken nicht willkommen waren. Michael fiel kein anderer Detective ein, mit dem er lieber zusammengearbeitet hätte. Allerdings gehörte Powell gleichzeitig auch zu den Leuten, mit denen er auf gar keinen Fall aneinandergeraten wollte.

    Powell kehrte zu Michael und Tommy zurück. Sie spähte auf das Fenster im ersten Stock, und dann glitt ihr Blick zu Tommy. »Die Kriminaltechnik packt ihre Sachen bald zusammen. Dürfte nicht mehr lange dauern.«
    »Wir sind gleich gegenüber«, sagte Tommy und zeigte auf die Pizzeria.
    Powell steckte die Hände in die Taschen, drehte sich um und ging davon. In diesem Moment hielt ein Kleintransporter aus der Gerichtsmedizin vor dem Haus. Zwei müde Kriminaltechniker stiegen aus, liefen zum Heck und zogen gleichgültig die Bahre heraus. Sie bewegten sich wie in Zeitlupe, und das hatte einen guten Grund. Es war ein wunderschöner Frühlingstag, und Viktor Harkov würde ihnen nicht weglaufen.

    Sie standen vor dem Verkaufsschalter von Angelo’s. Tommy quälte sich mit einem Stück Pizza herum. Michael hatte keinen Hunger.
    Er erzählte Tommy die ganze Geschichte und ließ nichts aus. Sein Bericht begann bei dem ersten Anruf bei der Adoptionsagentur in South Carolina und endete, als er und Abby die Haustür aufschlossen und Charlotte und Emily mit nach Hause brachten – in ihr neues Zuhause, wo sie in Zukunft leben würden.
    Während Michael alles erzählte, beobachtete er Tommy. Er wusste, dass es ihn verletzen würde, denn normalerweise hatten sie kaum Geheimnisse voreinander. Aber Tommy hörte nur ungerührt zu, ohne sich ein Urteil zu bilden.
    Als cleverer Anwalt, der er war, dachte Tommy zuerst über alles nach, ehe er sich äußerte. »Du sagst, die Dokumente waren gefälscht?«
    »Nur das eine Dokument«, erwiderte Michael leise. »Der Adoptionsvermittler in Helsinki, derjenige, dessen Aufgabe es war, den gesamten Adoptionsprozess zu kontrollieren und zu genehmigen, verstehst du? Sein Assistent bekam fünftausend Dollar, um dessen Namen auf der Adoptionsgenehmigung zu fälschen. Der offizielle Adoptionsvermittler starb vor zwei Jahren. Wir glaubten immer, dass es unmöglich herauskommen könnte, wenn sie nicht gerade tief graben und viele Fragen stellen würden.«
    Tommy klappte das Pizzastück zusammen, biss hinein und wischte sich die Lippen ab. »In etwa einer Stunde beginnen sie mit den Nachforschungen. Das weißt du, nicht wahr?«
    Michael nickte. Wenn sein Name in einer von Viktor Harkovs Akten auftauchte, würden die Ermittler auf ihn stoßen.
    Tommy verschlang den Rest der Pizza, wickelte den Abfall ein und nahm die Limo-Dose in die Hand. Er inspizierte sorgfältig sein Hemd, die Krawatte und die Hose. Keine Fettflecken. Dann trank er einen Schluck. »Wie hat Harkov diese Dinge gehandhabt? Hat er separate Akten angelegt?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Michael. »Wir haben uns nur einmal in seinem Büro getroffen und dann ein zweites Mal in einem Restaurant in Midtown.«
    »Hast du offizielle Dokumente unterschrieben?«
    »Ja. Die üblichen Formulare. Alle Dokumente des Staates New York sind vollkommen legal.«
    Tommy warf einen Blick auf die andere Straßenseite und die wachsende Zahl Polizisten, ehe er sich wieder Michael zuwandte. »Wenn du da hochgehst, musst du das Protokoll unterschreiben. Das steht dann alles im Bericht.«
    »Ich weiß.« Michael versuchte, sich alle Folgen seiner Anwesenheit am Tatort vor Augen zu führen. Er konnte nicht klar denken. Alles, was zählte, war, dass seine Familie nicht in Gefahr geriet und nicht auseinandergerissen wurde.

    Als Powell aus dem Haus des Verbrechens kam, warf sie Tommy einen Blick zu und winkte ihn herüber.
    Tommy streifte das Jackett über, zog die Ärmel glatt und gab Michael die Autoschlüssel.
    »Mal sehen, was ich herausbekomme.«
    Michael schaute Tommy nach, als dieser die Straße überquerte, und warf schnell einen Blick auf die Uhr. In neunzig Minuten musste er im Gericht sein.

    Michael stand auf der Straße. Es war ein warmer Frühlingstag. Der Himmel war wolkenlos, und die Sonne schien. Ein viel zu schöner Tag für Leichen. Ein viel zu schöner Tag für den Weltuntergang.
    Er erinnerte sich an das erste und einzige Mal, als er Viktor Harkov in seinem Büro aufgesucht hatte. Er hatte gewusst, was er tat, war falsch. Er hatte

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