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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Gefühl bereits beim Anblick der Verpackungen.
    »Warum hat er dagelassen die Waffe?«, fragte Juna. Der Geruch der noch warmen, fettigen Pommes rief in ihr Übelkeit hervor. Zu deutlich sah sie vor ihrem inneren Auge, wie Makar getötet wurde, wie sein halber Kopf ihr ins Gesicht spritzte. Die Kratzer von den Knochensplittern, die ihr beim Schuss entgegengeschleudert worden waren, waren noch nicht verheilt.
    »Das ist wirklich seltsam«, erwiderte Marc. »Es war übrigens eine Desert Eagle. Eine ungewöhnliche Wahl.«
    »Eine was?«
    »Eine halb automatische Pistole. Groß, schwer, laut.«
    Sie warf Nick einen Blick zu, der eine Hand auf den Tisch gelegt hatte und mit einem Zeigefinger unruhig auf die Platte tippte. War es richtig, mit ihm über diese Geschosse zu reden? Sie dachte an Makar, aber woran musste Nick immer wieder denken? An die Kugel, die ihn getroffen hatte? Und an den Jungen in seinen Armen?
    »Eine Desert Eagle«, murmelte er. »Keine typische Waffe für einen Killer. Eigentlich eher ungünstig.«
    »Warum?« Sie bemühte sich, Nicks Unruhe auszublenden, die sich auf sie übertrug.
    »Schwer, teuer«, erklärte er, »sowohl die Waffe selbst als auch die Munition. Dazu kommt noch, dass nicht wirklich viele Patronen in das Magazin passen, weswegen man Ersatzmagazine mitführen muss.«
    Jeder Schuss ein Treffer.
    Ganz bewusst nahm sie ihre Umgebung wahr, um der aufsteigenden Panik nicht zu erlauben, sie zu übermannen: Wie sich der Stuhl mit dem Stuhlkissen anfühlte, wie die Standuhr im Wohnzimmer leise die Sekunden zählte, wie eine Fliege träge über die Deckenlampe kroch.
    »Zu Oleg Woronin«, fuhr Marc fort, »gibt es bisher nicht viel Neues. Der Letzte, der ihn vor seiner Flucht besucht hat, ist ein gewisser Kriminaloberkommissar Falko Haymann.«
    »Mein VE-Führer«, murmelte Nick nachdenklich.
    Pyschka packte als Einzige ihren Burger aus und biss herzhaft hinein. Juna fand es schon immer süß, wie herrlich ihre Freundin sich über Essen freuen konnte. Die Zeiten mit Oleg, als sie der Meinung war, figurfreundlich essen zu müssen, hatten aus einem fröhlichen Mädchen eine blasse Erscheinung gemacht. Jetzt schien sie langsam wieder zu ihrer alten Form zu finden – in jeder Hinsicht.
    »Und zuletzt gibt es Neuigkeiten wegen des Postfachs.«
    Juna konnte nur noch zusehen, wie Pyschka kaute. Sie hatte so lange den Neuigkeiten in Bezug auf das Postfach entgegengefiebert, und jetzt, wo sie endlich etwas darüber erfahren sollte, war ihr Kopf wie leergefegt.
    »Die Briefmarken verweisen alle auf ein und dieselbe Filiale. Diese Filiale hat auch Postfächer. Und jetzt ratet mal, auf welchen Namen eins angemeldet ist.«
    Pyschka biss noch ein Stück von ihrem Burger ab. Etwas Mayonnaise quoll hervor. Ein Klecks würde gleich auf dem Tisch landen.
    »Juna Kutscherowa«, sagte Marc in die Stille.

27
    Aber so war es nicht. Die Nacht kam ihr unendlich lange vor, und das Frühstück nahm sie kaum wahr. Es gelang ihr nur mühsam, das Toastbrot hinunterzuschlucken, und der schwarze Tee schmeckte ohne gesüßte Kondensmilch bloß bitter. Sie sprach kaum und war dankbar, dass auch Nick nichts sagte. Sogar im Schweigen waren sie einig. Zumal Pyschkas Aufregung für sie alle reichte – seit dem Aufwachen hörte ihre Freundin nicht auf zu reden.
    Erst am späten Nachmittag war Juna soweit, das Postfach aufzusuchen. In der Zwischenzeit hatte Nick ihr Handy aufgeladen. Zum Eintrag DS gesellten sich nun Marc Gaden und Pyschka mit der Festnetznummer des Hauses. Schon seltsam, dass ihr Adressbuch überwiegend die Nummern von Polizisten enthielt. Sie wollte sich nicht einmal vorstellen, welche Tao-Te-King-Zeilen ihr Vater zu diesem Umstand zitiert hätte. Schließlich brachen sie auf, und nach einer gemütlichen Fahrt durch die halbe Stadt hielt Nick den Wagen vor der Filiale an. Genauso schweigend wie am Tisch saßen sie im Renault, starrten durch die Windschutzscheibe auf die Straße und sahen dem Nieselregen zu, der das Glas besprühte. Als sie ausstiegen, hielt Juna nach dem schwarzen Mercedes Ausschau, doch der ließ sich nicht blicken. Sie sollte endlich aufhören, sich mit Gespenstern herumzuplagen.
    Eng umschlungen gingen sie über die Straße. In der Postfiliale war es warm. Es roch nach Büroluft und Papier. Sie blieb stehen, um zu beobachten, wie die Menschen sich hinter einer Absperrung zu einer ordentlichen Schlange sammelten. Der Nächste betrat die Pufferzone erst, wenn ein Schalter frei wurde. Sie

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