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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Oleg so zerbrechlich gewirkt hat, als er sie aus dem Restaurant geführt hat. Oder neben dem Kerl, der sie zum Auto geschleppt hat, bevor sie geflüchtet ist. Und ich erinnere mich daran, wie sie mich flachgelegt hat. Sie hat sich kaum bewegt und schon bin ich mit der Nase im Dreck gelandet. Und plötzlich muss ich schmunzeln.
    Nein.Es ist kein guter Zeitpunkt, um an sie zu denken.
    Ich spüre Pawels Blick auf mir. Gerade als ich es registriere, holt er aus der Innentasche seines Sakkos ein Notizbüchlein heraus und schlägt es in der Mitte auf. »Oleg, Oleg … Für morgen haben wir einen Termin abgemacht. Du wolltest mir erzählen, was Juna Kutscherowa so macht.« Er reißt die Seite ab. »Ich denke, diesen Termin wirst du halt verpassen.« Er rollt das Blatt zusammen, steckt das Büchlein wieder ein und holt ein Feuerzeug hervor. Es blitzt golden auf, als er mit einem Schnippen den Deckel aufklappt.
    Ich spüre, wie sich in mir alles zusammenzieht. Wie sich die vernarbte Haut an meinem Gesicht spannt. Die Flamme züngelt und leckt über das Papier. Der Rand färbt sich schwarz und fängt Feuer.
    Oleg stöhnt durchdringend, windet sich in seinen Fesseln. Das zuckende Feuer des brennenden Papiers spiegelt sich in seinem weit aufgerissenen Auge.
    »Potschemu?« Pawel seufzt. »Ty jeschtscho spraschiwajeschj, potschemu?«
    Ich lege meine Hand auf Pawels Faust und ersticke die Flamme. Den Schmerz fühle ich kaum. Byk saugt scharf die Luft ein.
    Pawel schaut mich an. Im ersten Moment perplex. Bis in seinen blassen Augen der Groll aufsteigt. Er verlangt Respekt, und jeder, der ihn nicht aufbringen kann, stirbt. Mit etwas Glück schmerzlos und schnell.
    »Ich will das erledigen.«
    »So eifrig?«
    »Ich will eben mehr.«
    Er reicht mir sein goldenes Feuerzeug. »Mach.« Dann dreht er sich zur Tür und geht.
    Hinter mir steigt Rauch auf. Ich will nur noch weg. Auf der Straße wartet der Mercedes, etwas weiter steht der Jeep mit Pawels Gefolgsmännern. Byk hält seinem Boss die Tür auf.
    Ich reiche Pawel sein Feuerzeug. Er verzieht das Gesicht und winkt ab. »Geschenkt!«, sagt er und mustert mich. »Du hast mich überrascht. Ich glaube, ich habe einen Job für dich. Byk? Kümmer dich um den Neuen. Ich schätze, er wird uns noch gute Dienste leisten. Und …« Er schaut zum Himmel und wechselt auf Russisch. » Juna. Najdi jejo. «
    Ich schließe die Lider und sehe Juna vor mir, wie sie schmunzelt, als sie die Übersetzungen des Programms liest, wie sie mein Brötchen vom Teller nimmt und seltsam herausfordernd ein Stück abbeißt.
    »Nikki, was ist los?«, höre ich Pawel rufen.
    »Alles … okay.«
    »Sehr schön.« Endlich bequemt er sich auf die Rückbank des Mercedes’. Bevor Byk die Tür hinter ihm schließt, sehe ich im Innenraum des Wagens eine Frauensilhouette. »Wsjo proschlo choroscho?«, hebt die dunkle, melodische Stimme an. Ihr Russisch klingt wie das Schnurren einer Katze. »Dshanan«, raunt Pawel ihr zu, was bei ihm kratzig ausfällt, als hätte er Halsschmerzen. Er sagt noch etwas, aber da wird die Tür schon zugemacht. Der Motor brummt auf, das Auto gleitet die Straße entlang. In den getönten Scheiben spiegeln sich die Straßenlaternen und die dunklen Umrisse der Häuser wider.
    »Ich telefoniere dir!«, verspricht Byk und springt in den Jeep, der dem Wagen seines Bosses folgt.
    Erst jetzt öffne ich die Faust, biege die verkrampften Finger auseinander. Schwer liegt der Igor-Hase auf meiner Handfläche.
    Juna. Sie darf Pawel nicht in die Hände fallen. Egal, was auf dem Spiel steht.
    Auf dem weißen, glatt geschliffenen Holzkörper des Nagers haften meine Fingerabdrücke. Rostfarben vom fremden Blut.

6
    Juna räumte den Tisch ab. Die Hälfte des Rosinenbrötchens aufzuessen, hatte sie doch nicht übers Herz und ihr schlechtes Gewissen gebracht. Nach einer methodischen Suche in der Küche fand sie eine Rolle Alu-Folie und wickelte es darin ein. Als sie den Flechtkorb betrachtete, fiel ihr auf, dass Nick zwei Brötchen von jeder Sorte gekauft hatte – nur das mit Rosinen war ein Einzelstück gewesen. Womöglich hatte die Bäckerei kein zweites mehr, jedenfalls …
    Jedenfalls solltest du aufhören, ihn Nick zu nennen.
    Sein Name. Es war, als würde ihr Herz auch gegen ihren Willen schmunzeln. Und ein bisschen seufzen. Und viel zu viel in ihr durcheinanderbringen.
    Sie zog sich auf die Arbeitsplatte hoch, von hier aus konnte sie über das Plissee am Fenster auf die Straße schauen und an ihre Oma denken.

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