Im Netz des Verbrechens
ganze Arbeit geleistet. Sie räumte die Utensilien weg und traute sich wieder in den Flur.
Die Katze saß im Flur auf einem schmalen Regal. Na toll, und jetzt hast du Angst, da vorbeizugehen. Stopp. Die Angst würde sie einfach nicht zulassen. Sie war mit dem Kerl im Mädchenlager fertig geworden. Sie würde auch mit einer Katze fertig werden.
Sie starrte das Tier an, das sich in aller Seelenruhe putzte.
Okay. Zeit für Plan B.
In einem der Küchenschränke hatte sie eine Dose Katzenfutter gesehen. Vielleicht ließ sich der Stubentiger bestechen. Jeder ist bestechlich, pflegte ihr Vater zu sagen.
Das Etikett versprach Lachs und Shrimps vom Feinsten. Was ›Shrimps‹ bedeutete, wusste sie nicht. Es hörte sich nach einer Krankheit an. Wie Mumps. Aber die Aufmachung sah mehr als edel aus. Juna nahm einen Teller aus dem Schrank und kratzte mit einer Gabel das Futter heraus. Den Teller hielt sie in den Flur. »Komm, komm«, lockte sie auf Deutsch und wartete.
Die Katze kam nicht. Juna stellte den Teller auf den Boden und beschloss, sich in Geduld zu üben. Tiere reagierten meistens sehr sensibel auf die eigenen Empfindungen. Und sie war angespannt, die Schultern taten ihr schon weh von der verkrampften Haltung, in der sie gerade verharrte.
Einatmen. Ausatmen . Sie schloss die Augen. Den linken Fuß führte sie zur Seite und verteilte ihr Gewicht gleichmäßig auf beide Beine. Die Knie leicht gebeugt, den Rücken gerade. Langsam hob sie die Arme, als würde sie …
… Nick umarmen …
Nein. Auf keinen Fall. Lass die Gedanken los, Juna, besonders diesen. Die Arme fühlten sich leicht an, als würden sie auf der Luft schwimmen, von einem Hauch getragen werden. Stehen wie ein Baum, eine Übung aus dem stillen Qi Gong. Im Geiste leitete Juna die Verspannungen nach unten, in die Beine, in die Füße, tief in die Erde. Sie war allem gewachsen. Auch einer Katze.
Krallen schlugen in ihre rechte Wade. Juna schnappte nach Luft und trat zur Seite. Stehen wie ein Baum. Ein Kratzbaum vielleicht?
Die Katze defilierte an ihr vorbei zum Teller. Anscheinend hatte sie der Hausherrin einfach im Weg gestanden. Sie schnupperte an dem Futter und sprang auf die Fensterbank, wo sie miauend hin und her zu stolzieren begann. Madame war anscheinend gewohnt, auf dem Sims zu speisen.
Juna reichte den Teller. Höchste Zeit, das Weite zu suchen, solange der Stubentiger noch durch die Shrimps abgelenkt war.
In ihrem Zimmer erinnerte sie sich wieder, was sie in der Küche ursprünglich gewollt hatte. Egal. Sie würde das kleine Biest nicht unnötig provozieren. Juna stieg auf das Bett, holte den Artikel aus dem Versteck und ließ sich auf das Kissen fallen.
Es war warm.
Und feucht.
Das konnte doch nicht wahr sein! Die kleine Rebellin hatte nicht nur vor ihr Bett gekotzt, sondern auch auf das Kissen gepinkelt. Juna schleuderte das Ding in eine Ecke, schnappte den Artikel und stampfte aus dem Schlafzimmer.
In der Wohnung war es ruhig. Zu ruhig? Sie konnte sich bestens ausmalen, wie das Mistvieh auf dem Regal saß und pfotenreibend auf sie wartete. Wo hatte Nick es bloß aufgegabelt? Sich vorzustellen, dass er diese Katze gern hatte, fiel ihr immer schwerer.
Genug jetzt. Sie beschloss, sich mit dringenderen Problemen zu beschäftigen, und wandte sich dem Artikel zu. Viel stand nicht über sie drin. Weder ihre besonderen äußerlichen Merkmale noch wo sie zuletzt gesehen wurde – nicht einmal ihr Name. Nur dass sie aus Sankt Petersburg nach Deutschland gereist war. Und dass ihre Mutter vor Jahren verschwunden war – das erwähnte Oleg ebenfalls.
In der Küche schepperte etwas. Vermutlich der Teller – hatte die Protestpinklerin ihn etwa von der Fensterbank gefegt? Juna seufzte, holte den Telefonhörer und wählte die abgedruckte Nummer. Wer würde abnehmen? Was würde geschehen, wenn sie sich probeweise mit einem Hinweis meldete?
Wieder klirrte etwas. Ignorieren. Am besten einfach nur ignorieren. Sie konzentrierte sich auf die langen Piepstöne, die aus dem Hörer drangen. Nimm ab, wer auch immer du bist. War es wieder nur eine Mailbox? Ungeduldig tigerte Juna vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer und wieder zurück.
Es krachte und polterte, was auch immer die Katze da trieb, das Tier fuhr anscheinend schwere Geschütze auf, um diesen Lärmpegel einhalten zu können. Gerade eben hatte mindestens ein Hängeschrank dran glauben müssen. »Zum Teufel, das kann doch nicht wahr sein!«
Die Stille am anderen Ende der Leitung bescherte ihr eine
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