Im Netz des Verbrechens
Gänsehaut. Jemand hatte abgenommen. Verdammt. Wann? Sie drückte das Telefon fester ans Ohr, überlegte hektisch, was sie sagen sollte, während die Katze in der Küche offensichtlich die besten Actionszenen aus einem James-Bond-Film nachspielte. Am anderen Ende der Leitung nahm sie ein leises Stöhnen wahr. Schmerzen , fuhr es ihr durch den Kopf, Verzweiflung . Was ging da vor? Wo war sie mit ihrem Anruf bloß gelandet? Sie drückte ihn weg und warf das Telefon auf ihr Bett neben dem Zeitungsblatt mit dem Artikel.
Ein Krachen in der Küche schreckte sie auf. Die Katze. Genau.
Entschlossen steuerte sie die Küche an. Was sie darin entdeckte, konnte unmöglich das Werk von vier Samtpfoten sein. Der Inhalt des Kühlschranks lag über die ganze Küche verteilt. Genauso wie das meiste aus den Unterschränken, vor allem die Futterdosen. Vielleicht hatte die Fellnase noch Hunger? Juna machte eine weitere Dose auf und stellte einen neuen Teller auf den Fenstersims. Die Katze ließ sich nicht zweimal bitten.
Juna beobachtete, wie das Tier aß. »Ej, was denkst du, können wir zwei vielleicht doch noch Freundinnen werden?« Sie streckte ihre Hand aus, um die Katze zu kraulen. Ein Fehler. Die russische Sprache sowieso. Aus dem Stand machte das Tier einen riesigen Sprung, schlug gegen eine Wand und polterte zusammen mit einer Korkpinnwand, die sie beim Aufprall niedergerissen hatte, zu Boden.
»Scheiße!«
Die Katze schoss in den Flur und verschwand aus ihrem Blickfeld. Der Holzrahmen war zerbrochen, die Korkfläche hatte einen Riss. Aus irgendeinem Grund war es genau dieser Riss, der das Chaos perfekt machte. Als im Flur die Garderobenstange auf den Boden krachte, war es nur noch ein Echo der allgemeinen Zerstörung.
Juna hob die Pinnwand auf. Die Rückseite aus Metall fiel ab. Zwei Origami-Kraniche schlitterten zu Boden, unter der Platte ragten ein paar Papierecken hervor. Juna drehte die Metallfläche um. Es war ein Whiteboard. Viele mit einem Marker gezeichnete Pfeile führten von einer handschriftlichen Notiz zur nächsten, den restlichen Platz nahmen die Fotos und Zeitungsausschnitte ein, die mit kleinen Magneten gehalten wurden. Sie versuchte, einige Wörter zu entziffern, musste jedoch schnell aufgeben. Wenn seine Handschrift Kunst war, dann sicher etwas Surrealistisches.
Sie hob einen der Origami-Kraniche auf und faltete ihn auseinander.
Um 07:00 verbrennen die Spuren und zwei hübsche Mädchen. will warm fließen. Darunter standen GPS-Koordinaten. Und die Zeichnung eines Vogels, der mit ausgebreiteten Flügeln zu schweben schien.
– richtiges Blut? Die kyrillischen Buchstaben waren wie ein Schlag in die Magengrube. Irgendetwas sagte ihr, dass es nicht um die Vampirserie ging, die unter diesem Titel daheim im Fernsehen lief.
Ihr Blick irrte über das Whiteboard. An zwei Fotos blieb er schließlich hängen: ein abgebrannter Zug und das verkohlte Wrack eines Reisebusses. Sie versuchte, den Zettel wieder in Form eines Kranichs zu legen, aber ihre Finger gehorchten ihr einfach nicht. Sie zitterte – und riss das Papier an einem der Knicke ein. So ein Mist! Du faltest jetzt dieses Ding zusammen und hoffst, dass er nicht sofort merkt, wie du hier herumgeschnüffelt hast, okay? Okay. Es klappte – nachdem sie mehrmals durchgeatmet und sich beruhigt hatte.
Sie überflog die Zeitungsausschnitte, die größtenteils aus Schlagzeilen bestanden. Es ging um die Schwierigkeiten mit der Eröffnung eines Clubs namens Perles d’Or . Um ein vermisstes Model. Zwei schlimm zugerichtete Leichen von Prostituierten, was die Presse zu Jack-The-Ripper-Vergleichen verführte. Ein Flyer mit einer Werbung für eine Modelparty. Und gleich darunter – eine Todesanzeige. Ein schwarzer Rahmen, eine stilisierte Rose, ein Name: Céline Winter. Wir trauern um unsere Tochter und Schwester … Daneben ein paar weitere Zeilen: Du hast den Geruch von frischem Schnee geliebt. Du hast die Schneeflocken auf deine Hände herabsinken lassen …
Wer war diese Céline und was hatte diese Tafel zu bedeuten? Noch einmal betrachtete sie die Pfeile und Beschriftungen. Irgendwo in der Mitte war der Name eines Tiers zu lesen, doppelt unterstrichen. Die Krähe, entzifferte sie. Fast alle Pfeile führten dorthin. Irgendetwas versuchte Nick herauszufinden. Aber was für einen Sinn ergaben die Zeilen auf dem Papier-Kranich? Und wo war der zweite?
Sie merkte das Pelzmonster erst, als es mit dem Origami-Vogel im Maul in den Flur huschte.
»Nein!« Sie
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