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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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kommt
    22-MRZ-12 20:45
    Es ist 20:46. Ich trage schon lange keine Uhr mehr.

1
    Sein Blick glitt den Rand ihres Ausschnitts entlang. Beinahe unmerklich verzogen sich seine Lippen zum Hauch eines Lächelns, in den grauen Augen lag ein neckischer Ausdruck. »Und? Was macht dein … Karate?«
    Oleg. Kein Name – ein Kontinent an Männlichkeit. Unter anderen Umständen wäre Juna seinem Charme womöglich verfallen. Aber in diesem Augenblick empfand sie ihn und seine taxierenden Blicke ungefähr so erotisch wie ein Röntgengerät.
    »Karate …« Sie rang sich ein Lächeln ab, süßsauer wie das Babi Pangang , das der Kellner vor einer Viertelstunde an den Tisch gebracht hatte. Immerhin hatte sie es geschafft, das Gespräch bis zum zweiten Gang aufrechtzuerhalten.
    Mit einem Stoß ihrer Gabel erlegte sie ein Stückchen Fleisch auf dem Teller. Es war ihr ein bisschen peinlich, mit einer Gabel hantieren zu müssen, aber sie hatte nie gelernt, mit Stäbchen zu essen. Überhaupt konnte sie ihre Ausflüge in Restaurants wie dieses an einer Hand abzählen. Schon der Gang in ein Subways oder McDonald’s hätte ihre Geldbörse die meiste Zeit ihres Lebens auf eine harte Probe gestellt.
    »Entschuldigung.« Er schwenkte seine Essstäbchen schon beinahe provokant vor ihrer Nase. »Ich vergesse immer, wie das Dings heißt.«
    »Taijiquan.«
    »Gesundheit.«
    Juna packte ihre Gabel fester . »Den hast du beim ersten Mal auch schon gebracht.«
    »Aha?« Er beugte sich zu ihr vor. Seine Brauen zuckten hoch, auf diese seltsame Art, bei der sie nie wusste, ob er sie verarschte oder versuchte zu flirten. »Das ist mir jetzt aber peinlich.«
    Sein ›Aha‹ klang auf jeden Fall pikant mit einer Prise Schärfe. Vermutlich eiferte er dem Dou Chi San Rou auf seinem Teller nach.
    Anscheinend dachte er, es würde reichen, sie wieder einmal in ein teures Restaurant auszuführen, um sie erneut in den Griff zu bekommen. Aber er hatte einen Fehler gemacht. Schon indem er ihr nach Deutschland gefolgt war.
    Sie schob sich noch ein Stückchen Fleisch in den Mund und ließ sich Zeit, den Bissen ausgiebig zu genießen, bevor sie sagte: »Willst du mir nicht endlich mal verraten, was du hier eigentlich machst?«
    Immerhin hatte ihre Direktheit ihn aus dem Konzept gebracht, so gründlich, dass er sich verschluckte. Seine Ohren liefen rot an. Auch das hätte sie unter Umständen an ihm gemocht. Doch nicht, solange sie nicht wusste, ob er etwas mit dem Verschwinden ihrer Freundin zu tun hatte.
    Er trank von seinem Mineralwasser, und seine roten Ohren bewegten sich bei jedem Schluck.
    Sie wartete.
    Er stellte das Glas beiseite. »Mal ehrlich, Juna, was sollte diese überstürzte Abreise?« Er rollte die Augen gen Decke.
    Sie folgte seinem Blick und entdeckte einen goldenen Drachen, der sie frech anzuhecheln schien. Vermutlich fand das arme Tier sein Getue genauso albern wie sie. »Ich dachte, ich hätte es erwähnt.«
    »Dass du irgendeinen dubiosen Hinweis bekommen hast und nach deiner Freundin suchst. Ja, das hast du erwähnt. Und da soll man sich keine Sorgen machen?«
    … nach deiner Freundin suchst … Wie beiläufig er das sagte! Dabei war Pyschka auch seine Freundin. Seine feste Freundin sogar, bis sie ihn angeblich verlassen hatte, um als angehendes Model durch die Weltgeschichte zu reisen. Seine Version der Geschichte. Juna ging von einer Entführung aus, und wenn sie schon keine Beweise dafür hatte, dann zumindest ein Indiz.
    »Nun sag doch was! Ich bin fast durchgedreht, Juna! Ein Glück, dass ich herausgefunden habe, wo du steckst.«
    »Du entwickelst beängstigende Stalker-Neigungen, ist dir das bewusst?« Durchgedreht war sie beinahe auch. Als er lautlos wie ein Raubtier mit Orchideen vor ihrem Bett aufgetaucht war. Im Hotelzimmer, das sie abgeschlossen hatte.
    »Also hör mal, Juna, du brichst mitten im Semester dein Studium ab und reist durch die Weltgeschichte?«
    »Na, da haben wir sie wieder, die Weltgeschichte«, murmelte sie, ein bisschen verloren in diesem schicken Restaurant, während ihre Pyschka in wer weiß was für einem furchtbaren Loch ausharren musste und hoffte, dass ihr jemand zu Hilfe kam.
    »Was?«
    »Nichts.«
    »Das nennst du nichts? Mag sein, dass Pyschka möglicherweise«, er spreizte Zeigefinger vom Glas Mineralwasser, das in seiner Hand lag, als wolle er das Wort noch stärker betonen, »etwas widerfahren ist. Ich weiß, du glaubst fest daran, dass sie irgendwo gegen ihren Willen festgehalten wird. Aber meinst du

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