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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Wahrnehmung: Irgendwann werde ich nicht mehr weglaufen müssen. Die Narben. Er wusste, was Schmerz war …
    Stimmen leierten um sie herum. Ein Lachen tönte, doch Juna erkannte es nicht mehr. Sie wurde herumgedreht. Das Gesicht, das sie gleichzeitig erschreckte und bannte, beugte sich tiefer zu ihr, ein paar blonde Haarsträhnen fielen ihm in die Stirn.
    »H-helfen Sie mir«, flüsterte sie kraftlos. Seine Augen … In ihrem Kopf schwirrten die Worte durcheinander, bevor alles in Dunkelheit versank.

Nick
    Ich lege das Handy beiseite und starte den Motor, den Eingang des Restaurants fest im Visier.
    Sie kommt.
    Und sie ist anders, als ich erwartet habe. Ich erkenne sofort, dass das Top und die weiße, eng anliegende Jeans nicht zu ihr passen. Sie wirkt fremd darin. Verirrt. Als wären es die Klamotten, die sie vorführen, und nicht umgekehrt. Kleider machen Leute, sagt man bei uns. Keine Ahnung, was man bei den Russen sagt.
    Und ich sollte lieber aufhören, sie so anzuglotzen. Mein Blick bleibt an ihren Füßen hängen. Es sind die Schuhe. Einfach, sportlich, bequem. Nicht die Schuhe eines Prachtweibchens, das es darauf anlegt, flachgelegt zu werden. Sie taumelt, trotz der flachen Sohlen. Sie ist unsicher auf den Beinen. Und doch stark genug, um Oleg wegzuschubsen. Respekt. Keine andere würde das wagen. Keine dieser Marjanas , Schmaras , Ljarvas – die Sprache von denen kennt reichlich Bezeichnungen für diese Sorte von Frauen. Aber sie – sie ist anders.
    Oleg spricht Russisch, und ein paar Wortfetzen dringen bis zu mir, zu dem heruntergelassenen Fenster des Jeeps. Es klingt wie BRSCHTSCHRR, hart, als ob auf jedes Wort eine Ohrfeige folgen würde. Und leider sind all die Marjanas und Schmaras das Verprügeltwerden auch gewohnt. Wer schlägt, der liebt, so heißt es in einem alten russischen Sprichwort. Ein Huhn ist kein Vogel, und ein Weib ist kein Mensch. So einfach ist das. Russisch halt.
    Ich stecke mir eine Kippe zwischen die Lippen, mache sie mit dem Zigarettenanzünder im Auto an und inhaliere tief den Rauch. Es schmeckt nicht. Hat es noch nie getan. Ich brauche diesen einen Zug, um vorzufahren und auszusteigen, schnippe den Stängel weg. Oleg sieht mich und hebt den Arm.
    Alles Russische, Grobe und Harte widert mich an. Ich habe gelernt, für diese Frauen so etwas wie Mitleid zu empfinden. Aber das Mädchen an Olegs Seite ist anders. Anders, weil sie stärker ist – das kann ich fühlen.
    Oleg schiebt sie vorwärts. Sie wehrt sich. Ihre Antworten klingen verwaschen. Es tut mir weh zu sehen, wie sehr sie sich wehrt.
    Ich sehe ihn an, den Mann, der auf mich zukommt. Die Bewegungen vereinen Geschick und Muskelkraft. Oleg trainiert viel und gern. Heutzutage ist doch jeder Sportler , höre ich stets von ihm, und es liegt immer eine Zweideutigkeit in seinen Worten. Aber heute ist die Anspannung da, die sich sonst hinter Olegs gelösten Gesten und seiner entspannten Mimik versteckt. Ich atme tief durch und blicke kurz gen Himmel. Ein Gewitter zieht auf.
    Sie ruft ihm etwas zu. Mit einem schiefen Lächeln lässt er die junge Frau los. »Ej, Nikki! Du chilfst Dame rrrein. Makch schon.«
    Sie schwankt.
    »Hui!« Ich fange sie auf, hebe sie hoch und halte sie fest in meinen Armen. Ihre Wimpern beben, als sie versucht, die Augen offen zu halten und mich anzuschauen. Mit einem bestürzten Blick, als hätte ich ihr vorgeschlagen, sie gleich hier auf dem Bürgersteig zu nehmen. Von hinten.
    Dann sieht sie die Narben, und die Bestürzung verwandelt sich in etwas anderes, so etwas wie Mitleid. Als ob ich es bin, der bedauert werden muss. Ich presse die Zähne aufeinander. Sie ist zu jung, um irgendetwas zu verstehen. Ihr Mitleid – nun ja, ist eine nette Abwechslung. Die anderen Ljarvas haben einfach Angst vor mir. Ich beuge mich etwas tiefer zu ihr und kann einen Hauch von Wein auf ihren Lippen riechen. Also doch bloß betrunken? Ich weiß gar nicht, warum ich hoffe, etwas anderes in ihr zu entdecken. »P-pomogite mne«, flüstert sie matt, und ihr Blick versinkt in mir. »Nick«, antworte ich leise, und habe keine Ahnung, was sie zu mir gesagt hat. Zum ersten Mal wünsche ich mir, ich könnte ihre Sprache sprechen.
    Ich glaube nicht, dass sie meine Antwort registriert. Vielleicht ist das gut so.
    »Rrrein!«, knurrt Oleg, dann kommt er näher, schaut auf das blasse Gesicht herab, das auf meiner Brust ruht, und klopft mir auf die Schulter. »Und, Nikki? Aufpassen. Sie makcht Karrate.« Die betonte Lässigkeit wirkt

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