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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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hier, morgen da. Und du rennst ihr sofort hinterher.«
    Der Kellner brachte Dessert. Überbackene Bananen, erklärte Oleg, eine Spezialität hier. »Und was deinen Vater angeht …«
    »Nein, nein …« Sie zwang sich, einen Bissen zu nehmen. Ihr Vater hatte sie Gleichmut gelehrt und dass Freundschaften nur eine besondere Form von Bedrohung waren. Er würde ihr nicht helfen. Wie er auch Pyschka nicht hatte helfen wollen … Juna … lass sie mit mir nicht mehr all diese Dinge tun … Junotschka … Die Übelkeit stieg in ihr hoch.
    Die überbackenen Bananen, noch ein Bissen – die Gabel glitt ihr aus der Hand. »Mir ist schlecht. Ich – entschuldige mich. Ich muss raus. Ich brauche frische Luft.« Sie stand auf und musste sich am Stuhl festklammern. Der Boden waberte unter ihren Füßen.
    »Ai-jai-jai«, raunte Oleg ihr ins Ohr. Auf einmal war er da und hielt sie am Ellbogen fest. »Am besten, ich bringe dich zurück.« Seine Lippen streiften ihr Ohrläppchen. »Komm. Hier entlang.«
    Sie taumelte von ihm weg, verlor den Halt und fing sich an der Schulter eines Herrn wieder, der nebenan mit seiner Familie speiste. »Passen Sie doch auf!« Die empörte Stimme ließ sie zusammenzucken, ein verschwommenes Gesicht wandte sich ihr zu. Sie klammerte sich noch immer an seine Schulter, wollte eine Entschuldigung murmeln, doch ihre Gedanken schienen sich zu verflüssigen. Oleg angelte nach ihrem Oberarm und zog sie zu sich heran. »Sorry. Meine Frreundin. Vieeel getrrunken.« Sein bröckeliges Deutsch rumorte in ihrem Kopf. Herrisch führte er sie zum Ausgang.
    »Nein … nicht …« Goldene Drachen lösten sich von den Wänden, umschwirrten sie und reckten ihre Mäuler. »Lass mich!«
    Sie stolperte an dem Buddha vorbei, der ihr Grimassen schnitt, und taumelte endlich auf die Straße. Unter dem Himmel tanzten die Silhouetten der lichtlosen Straßenlaternen. Sie zitterte. Der Abend kühlte ihre verschwitzte Stirn, während die Welt um sie herum hin- und herschwappte.
    »Hoch mit dir.« Oleg zog sie auf die Beine, sie hatte nicht einmal gemerkt, wie sie in die Knie gegangen war und auf dem Asphalt hockte.
    Sie stieß Oleg beiseite. »Ich kann das allein.« Und konnte es doch nicht.
    »Schon in Ordnung.« Erneut spürte sie seinen Griff an ihrem Ellbogen. Sie merkte, wie ihr Körper schwerer wurde und sie sich gegen Oleg lehnte. »So ist es gut«, flüsterte er, »langsam, langsam. Ein Schritt. Noch ein Schritt.«
    »Was … ist mit mir … los?« Ihre Zunge bewegte sich nur schwerfällig. Ihre eigenen Worte drangen nur dumpf zu ihr durch.
    »Du bist nur ein wenig betrunken.«
    Ein großer Wagen hielt vor ihr an. Eine Gestalt stieg aus und öffnete die hintere Tür. »Nein …« Juna schwankte zurück, doch Oleg drängte sie weiter den Bürgersteig entlang. »Keine Sorge. Ist nur mein Chauffeur. Sozusagen. Er kann kein Russisch. Wir sind unter uns, Juna. Wir sind allein.«
    Der Mann kam auf sie zu. Sie wollte zurückweichen, doch da war Oleg. Überall Oleg, egal, wohin sie stolperte, seine Hände, seine Kraft, die sie weiter und weiter schob.
    »Lass mich!« Sie schrie. Und er ließ sie tatsächlich los. Ganz plötzlich war er nicht mehr da. Ein leerer Raum um sie herum. Kein Halt.
    »Ej, Nikki! Du chilfst Dame rrrein. Makch schon.«
    Nein! Lauf weg! Das einzig Greifbare in ihrem umnebelten Verstand. Sie musste weg. Fort von hier. Laufen. Lauf!
    Ein paar Schritte schaffte sie, fühlte sich frei, dann fiel sie hin. Sie verlor den Boden unter den Füßen, und dann spürte sie die Arme, die sie hielten.
    »Hui!«, hörte sie.
    Mühsam öffnete sie die Augen und konzentrierte sich auf das Gesicht, das sich über sie beugte. Es war ein Mann. Aber nicht Oleg. Seine Züge wirkten weich und gleichzeitig maskulin. Der Ausdrucksweise nach war er nicht gerade ein Gentleman. Dieser würde einer Dame kaum ›Hui!‹ ins Gesicht hauchen. Auch wenn es sich aus seinem Mund nicht unbedingt unanständig anhörte.
    Sie starrte ihn an. Wagte kaum zu atmen, während sie zusah, wie sich das Licht der gerade aufflackernden Laternen an den Narben brach, die seine linke Gesichtshälfte überzogen. Seine Arme hielten sie fest. Und sie fühlte sich geborgen … Nein, du bist bekloppt. Washatte Oleg ihr in den Wein getan? Ihr Kopf fiel zur Seite. Ihre Wange – an seiner Brust. Der Duft, der ihr Herz plötzlich so schwer vor Einsamkeit machte. Die Welt … Yin und Yang … Die Narben machten ihr keine Angst. Ein diffuser Gedanke, am Rande der

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