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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Alles in ihm schien sich zusammenziehen, anzuspannen.
    »Nick – wie Nikolaus?« Sie musterte sein Profil, die Linie seiner Nase, das Kinn, betrachtete die blonden Strähnen, die ihm ins Gesicht fielen. Gern hätte sie ihm diese beiseite gewischt, ihm gesagt, dass er die Narben nicht zu verdecken brauchte.
    Höchste Zeit, das Thema zu wechseln.
    »Ich mag deine Katze«, sagte sie schließlich, damit er nicht mehr schweigen musste. Nicht mehr so schweigen musste. Sie wusste viel zu gut, wie es war, mit seinen Gespenstern allein gelassen zu werden. »Sie hat Pipi gemacht auf mein Kissen. Aber ich mag sie.«
    »Nicholas.«
    »Hm?«
    »Nick kommt von Nicholas. Und die Katze habe ich vor zwei Jahren aufgelesen.« Erneut sah er in den Rückspiegel. Sie drehte sich um und blickte durch die Scheibe. Autos, Häuser – kein Polizeiwagen. Wonach hielt er Ausschau?
    »Auf … gelesen?« Er hatte der Katze etwas gelesen? Was meinte er damit?
    Etwas Freches blitzte in seinen Augen. »Aufgegabelt.«
    »Mit einer Gabel?«
    War es gerade ein Anflug von Grinsen in seinen Zügen? Es war ein Grinsen. Der Mistkerl. Und nicht einmal im Anflug. »Aufgestöbert, aufgetrieben – mitgenommen eben.« Er redete langsam, deutlich, jede Silbe betonend, und sie wusste sofort, worauf er anspielte. » Dumajesch’ , du kannst mir noch folgen?«
    Und obwohl er sie auf den Arm nahm, mochte sie, wie er sprach. Sein Deutsch klang … so zärtlich. Ein bisschen berauschend.
    »Ja.« Trotzig schob sie ihr Kinn vor und spürte dennoch, wie ein Grinsen ihre Mundwinkel eroberte. »Ich denke , ich folge dir noch. Wie man im Wald ›Ah-u‹ ruft, so ruft es zurück.«
    »Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus, meinst du. Ja. So ist es wohl.« Er lächelte ihr zu, und mit einem Mal wirkten seine entstellten Züge friedlich, als käme dieser Frieden aus seinem Inneren. Sie hätte ihn gern gefragt, wie es passiert ist, mit seinen Narben, aber sie schwieg, denn seine Wunden gingen sie nichts an. Sie hatte genug mit ihren eigenen zu kämpfen.
    »Sie ist kompliziert. Deine Katze.«
    »Traumatisiert. Es hat ein Jahr gedauert, bis ich sie anfassen durfte. Hochheben lässt sie sich noch immer nicht. Der Anblick eines Messers kann sie in Panik versetzen. Einmal ist sie mir aus dem Küchenfenster auf die Straße gesprungen, nur weil ich mich mit einem Messer in der Hand zu ihr gedreht habe.«
    »Wo hat sie bekommen Narben im Gesicht?«
    Sie merkte, wie er erblasste. Ihr wurde schlecht. Ganz übel. Hatte er doch das Gleiche erlebt wie seine Katze?
    »Deine Narben …«
    »Nein.« Es kam hart, schneidend. Ihre Hände verkrampften sich in ihrem Schoß. War es ein ›Nein‹ wie ›Nein, er wollte nicht darüber reden‹, oder wie ›Nein, sie hätte nicht damit anfangen sollen‹.
    Sie versuchte, etwas Belangloses zu sagen. Bei Oleg hatte das immer funktioniert. »Deine Familie, wohnt sie in der Nähe?«
    Seine Kiefermuskeln traten hervor, so hart hatte er die Zähne zusammengebissen. »Nein.«
    »Du sprichst über dich nicht, ja?« Sie konnte es besser verstehen, als ihr lieb war. In jeder ihrer Beziehungen war es unweigerlich an den Punkt gekommen, an dem ihr Freund mehr über sie herausfinden wollte. Es war auch immer der Punkt gewesen, an dem sie alle Bindungen gekappt hatte und weitergezogen war.
    »Entschuldige«, murmelte sie. »Ich will dich nicht …«, sie suchte nach einem passenden Wort, »stören.«
    »Du störst mich nicht«, flüsterte er kaum hörbar, und erst jetzt war das Harte und Schneidende endlich aus seiner Stimme verschwunden. »Ich möchte dich nur nicht anlügen müssen.«
    Er war ihr so verdammt ähnlich! Verlegen deutete sie auf das eingebaute Radio, wie um ihren Schwermut bei diesem Gedanken irgendwie wettzumachen. »Mache Musik!«
    »Es ist kaputt.«
    »Oh.« War er sauer auf sie? Hätte sie all die Fragen lieber für sich behalten sollen? Gar nicht gewohnt, so verzagt zu sein, schaute sie zu ihm auf.
    Er erwiderte ihren Blick. Lächelte wieder. »Aber wenn du willst, kann ich dir My Heart Will Go On vorsummen. Vorausgesetzt, es bleibt wirklich, wirklich unter uns.«
    Sie lachte. Na toll, er hatte sie tatsächlich zum Lachen gebracht. Doch ihr Lachen verstummte jäh, als sie bemerkte, wie er erneut in den Rückspiegel schaute – wachsam, alarmiert.
    Sie drehte sich ebenfalls um und sah durch die Rückscheibe. »Werden wir verfolgt?«
    »Bin mir nicht sicher.«

8
    Sie kurvten durch die Stadt, als hätten sie kein Ziel vor

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