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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Mädchenlager?«
    »Nein.«
    Das Letzte, was sie wollte, war, an die Baracke zu denken. An all die Mädchen, die dort geblieben waren, während sie fliehen konnte.
    »Ist in deiner Gegenwart jemals der Name Perles d’Or gefallen? Kennst du diesen Club?«
    »N-nein.«
    »Hat Byk je irgendwelche Namen erwähnt? Hat er dich ausgefragt?« Er schaute in den Rückspiegel. Dann gleich noch einmal.
    »Byk?« Sie dachte an den Mann, der sie geschlagen hatte. Meinte er diesen Kerl? War das sein Name?
    »Und was ist mit der Krähe ?«
    »Was?«
    »Ich meine, dort, wo du warst, hast du je was von der Krähe gehört?«
    »Dort, wo ich war, war nicht … W mire shiwotnych .« Sie stockte. » In der Tierwelt «, beeilte sie sich, den Namen der populären Tiersendung zu übersetzen. Es klang trotzdem hölzern, immer noch nach dem Übersetzungsprogramm. Mit den Fingerspitzen fuhr sie über ihr angeschwollenes Gesicht. Also Byk. Und Nick kannte den Namen ihres Peinigers. Du dummes Ding. Weil er zu ihnen gehört! Sie hätte viel früher auf ihren Verstand hören sollen. Aber du willst es ja nicht glauben. Alles, nur das nicht.
    Die Stille zwischen ihnen wurde so anders. So verletzbar.
    »Juna …« Und da war es wieder, etwas in seinem Tonfall, das ihr so schwer machte, ihn zu hassen. Er hatte eine Stimme, in der man sich verlieren konnte.
    Sie wandte den Kopf und sah aus dem Seitenfenster. Unverwandt tauchte das blausilberne Auto vor ihnen auf.
    »Polizei!«, hauchte sie und grub die Fingernägel in ihre Handflächen. Jetzt bloß nicht in Panik verfallen. Alles gut. Es ist alles gut.
    Sie konzentrierte sich auf seine Stimme, während er sprach, auf ihren Klang, ihren Rhythmus: »Ich meinte es ernst, als ich gemeint habe, dass ich bereit bin, mit dir zur Polizei zu gehen.«
    Sie schluckte hart. Deine Miliz hütet dich – Gott bewahre!
    »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    »Du wirst lachen.« Und sie lachte selbst auf, nervös und unecht. »Ich habe bei Polizei Angst.«
    Etwas veränderte sich in seinem Gesicht. »Warum?«
    Sie konnte ihm unmöglich erklären, warum. Wie sie damals fünfzehn Stunden im Verhörraum zugebracht, wie der Ermittler sie über ihren Vater ausgefragt hatte. Ohne Anwalt. Aber dafür zunehmend aggressiver. Und als sie schwieg …
    »Achtung!«, rief sie, als der Renault fast in das Beamtenfahrzeug hineingefahren wäre.
    Nick trat auf die Bremse. »Entschuldige. Jetzt war ich ein bisschen in Gedanken.«
    »Und was du denkst so?« Mehrfach fuhr sie mit ausgestreckten Fingern über ihre Beine, damit ihre Hände endlich aufhören zu zittern. Sie würde schon damit klarkommen, mit allem. Keine Polizei. Einatmen . Ausatmen .
    Er wechselte die Spur und überholte den Polizeiwagen. Der Tacho-Zeiger lag zwei Striche über der erlaubten Geschwindigkeit. Ihr wurde schlecht – merkten sie es nicht? War es ihnen egal?
    »Ich habe gerade über meine eigenen Ängste nachgedacht. Besonders vor Spinnen. Und jetzt darfst du lachen.«
    Verwirrt sah sie zu ihm auf. »Vor Spinnen, ja?«
    »Nun, ich laufe nicht unbedingt schreiend weg, wenn ich eine sehe. Aber so eine fette Winkelspinne ist schon eine grenzwertige Erfahrung für mich.«
    Sie wusste nicht, was eine Winkelspinne war, aber das Polizeiauto hatte sich inzwischen im Verkehr verloren. Ihr wieder erwachter Verstand raunte ihr zu, dass so eine kleine Phobie bei einem Mann auch ganz sexy sein könnte. Hatte es da nicht Ilja gegeben, den sie so schön im Arm halten konnte, während er ihr erzählte, Angst vor seiner Stiefmutter zu haben? Nur hatte Ilja gar keine Stiefmutter gehabt, beide Eltern lebten in Pavlovsk, seine Mutter arbeitete als Aufpasserin im Griechischen Saal des Pawel-Palastes, sein pensionierter Vater fütterte die handzahmen Eichhörnchen im Parkareal daneben und wartete, bis seine Frau in der Mittagspause zu ihm herauskommen würde.
    »Juna. Es ist ein sehr schöner Name«, sagte er endlich. »Aber nicht wirklich typisch für eine Russin, oder?«
    »Meine Mutter hat nie … kein typisch gemacht.« Sie biss sich auf die Lippe. Klasse. Jetzt fing sie auch noch von ihrer Mutter an. Zuerst das Geplänkel über den Namen, dann … dann was? Wenn es um ihre Familie ging, läuteten in ihr sämtliche Alarmglocken. Nein, eigentlich waren es nicht einmal Glocken, sondern Sirenen Alarmstufe Tschernobyl.
    Er war clever. Cleverer, als sie gedacht hatte, und ihm schien keine ihrer Regungen zu entgehen.
    »Und du heißt wirklich Nick?«
    Eine unschuldige Frage. Oder nicht?

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