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Im Netz des Verbrechens

Im Netz des Verbrechens

Titel: Im Netz des Verbrechens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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den sich kräuselnden blauen Rändern geschmückt worden war, und gestikulierte erneut in Richtung Sofa. Zögernd wechselte Juna den Platz. Nun konnte sie keine weiteren Urkunden betrachten, dafür aber eine gehäkelte Eule beobachten, die sich an einem Faden unter einer Lampe langsam im Kreis drehte.
    »Hey, ich bin’s«, sagte der Typ ins Telefon und lehnte sich im Sessel ein Stück zurück, nicht ohne wachsame Blicke auf Juna zu werfen. »Erledigt. Sie ist hier. Melde dich. Ciao.« Er steckte das Handy wieder ein.
    Schweigend sahen sie einander an. Anscheinend wusste er nicht, was er mit ihr anfangen sollte. Unheil versprechend drehte sich die Eule zwischen ihnen. Eine große Standuhr schlug zur halben Stunde.
    »Verstehst du irgendwas von dem, was ich sage?«
    Juna verzog keine Miene. Wenn sie sich dumm stellte, konnte er ihr keine Fragen stellen und mit den Fäusten nach Antworten verlangen. Also würde sie sich größte Mühe geben, ihn nicht zu verstehen.
    »Das wird ja spaßig.«
    Ein Weilchen hielt er es noch im Sessel aus, dann stand er auf und pilgerte in die Küche. Durch die weit geöffnete Tür konnte sie beobachten, wie er den Kühlschrank plünderte. Zwei Miniwürstchen mussten dran glauben.
    Was um alles in der Welt ging hier vor? Sie hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit einem Häkel-Haus. Der Sonnenbrillentyp ließ sie jedenfalls in Ruhe. Nur ab und zu spähte er ins Wohnzimmer, um sicherzugehen, dass sie nicht türmte oder die Siegerurkunden studierte. Irgendwann waren die Miniwürstchen alle. Er begann, den Geschirrspüler auszuräumen.
    Die Ungewissheit trieb sie in den Wahnsinn. Was sollte das alles? Und was konnte sie unternehmen? Sie schielte zur Terrassentür. Die modernen Kippfenster verfügten über Griffe, die sie stets an den Rand der Verzweiflung brachten. Bei Pyschka hatte sie einmal versucht, so ein Fenster aufzumachen, und es beinahe aus den Angeln gebrochen.
    Sie dachte an Nicks Münzen, die sie in ihrem BH verborgen hielt. Sie konnte das I Ging damit befragen. Ihr Vater bediente sich der Methode der fünfzig trockenen Schafgarbenstängeln, was ziemlich zeitintensiv und aufwendig war. Münzen waren praktischer und sie erfüllten ebenfalls ihren Zweck.
    Sie holte die drei Cent-Stücke heraus und schloss sie in der Faust. Ihr Bewacher schenkte ihr keine Aufmerksamkeit, also entschied sie, es zu riskieren, auch wenn sie kein I-Ging-Buch dabei hatte und nicht alle Zeichen auswendig kannte. Besser, als beim Warten nervös zu werden.
    Dem Eichenblatt wies sie die Zahl zwei zu, die andere Seite bekam die Drei als Wert. Sie schüttelte die Münzen in den Handflächen und warf sie auf den Couchtisch. Die Cents blieben schön nebeneinander liegen. Sie zählte die Summe der zugewiesenen Werte. Es ergab eine durchgezogene Linie, ein Yang.
    Der Geschirrspüler war ausgeräumt. Der Typ spähte wieder hinein, bemerkte die Münzen auf dem Tisch jedoch nicht. Oder sie waren ihm egal.
    Sie warf die Münzen noch fünf Mal, bis sie vor ihrem inneren Auge das vollständige I-Ging-Zeichen aus den durchgezogenen und unterbrochenen Linien sah.
    Sie kannte es – ein Zufall oder eine Vorsehung?
    Das gleiche Zeichen hatte sie bekommen, als sie vor ihrer Reise nach Deutschland das I Ging befragt hatte. Nur waren damals die Münzen beim letzten Wurf weit auseinander liegen geblieben, weswegen sie ihn für nichtig erklärt und es erneut versucht hatte. Dieses Mal gab es keine Zweifel. Sie hatte das 54. Zeichen zusammenbekommen, das lautete: ›Das heiratende Mädchen‹.
    Unternehmungen bringen Unheil.
    Nichts, das fördernd wäre.
    Neun auf zweitem Platz:
    Ein Einäugiger, der sehen kann.
    Fördernd ist die Beharrlichkeit eines einsamen Menschen.
    Das waren äußerst unerfreuliche Aussichten. Sollte sie die Initiative ergreifen, würde sich die Lage gegen sie wenden. Ihre Position war schwach, die gehäkelten Tischdeckchen durften sie nicht in Sicherheit wiegen. Vielleicht hätte sie schon damals, in Russland, auf das Orakel hören sollen. Das ganze Unternehmen stand von Anfang an unter keinem guten Stern.
    Ihr Entführer brachte ihr eine Handvoll Kaubonbons auf einem Teller und verduftete erneut in die Küche. Sie wartete – irgendetwas müsste bald geschehen, man entführte kein Mädchen, wenn man mit ihm nichts anzufangen wusste, und irgendjemanden hatte der Typ schließlich informiert. Die Uhr schlug zur vollen Stunde.
    Es war bereits später Nachmittag, als endlich etwas passierte. Sie hörte einen

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