Im Ozean der Venus
als Luckys gequälte Sinne ihm sagten, daß er nach unten getrieben wurde, nach unten, immer weiter in die Tiefe, mitten in einem brausenden Wasserstrahl ...
10.
Die Wucht, mit der der Wasserstrahl ihn traf, machte Lucky schwindelig. Jeder Schutzanzug aus gewöhnlichem Stahl wäre zur Unkenntlichkeit zerdrückt worden. Jeder andere Mensch wäre vermutlich besinnungslos zum Meeresboden hinuntergeschleudert worden. Aber Lucky wehrte sich verzweifelt. Mit aller Macht gegen den gewaltigen Strom ankämpfend, hob er den linken Arm an die Brust, um die Skalen abzulesen, die den Zustand der Maschinenanlage des Anzugs zeigten.
Er stöhnte. Sämtliche Skalennadeln standen völlig reglos – ihr feiner Mechanismus hatte den Schock nicht überstanden. Aber seine Sauerstoffversorgung schien nicht beeinträchtigt.
Sich blindlings und mit bloßer Gewalt einen Ausweg aus dem Strom zu suchen, war sinnlos. Dafür fehlte ihm mit Sicherheit die Energie. Er würde warten müssen, bis die nach unten gerichtete Wucht des Wasserstrahls nachließ. Auch die Reibung von Wasser an Wasser führte zu Geschwindigkeitsverlusten. Am Rande des Strahls würden Wirbelströme entstehen und nach innen wirken. Ein Wasserstrahl von fünfhundert Fuß Durchmesser an seinem Ausgangspunkt mochte am Meeresboden noch fünfzig Fuß durchmessen – aber das hing von seiner ursprünglichen Geschwindigkeit und der Entfernung bis zum Grund des Meeres ab.
Alles hing letztlich auch davon ab, wie weit er vom Rand des Strahls entfernt war, wie gut das Ziel des Untiers gewesen war.
Je länger er wartete, desto größer waren seine Aussichten, vorausgesetzt, daß er nicht zu lange wartete. Die Hand am Schalthebel seines Düsenaggregates, ließ Lucky sich immer weiter in die Tiefe treiben, bemüht, ruhig zu warten und dabei abzuschätzen, wie weit er noch vom Grund entfernt war, stets damit rechnend, jeden Augenblick jenen mächtigen Schock zu verspüren, den er nicht überleben würde.
Und dann – er hatte in Gedanken bis zehn gezählt – drehte er die Düsen seines Anzugs auf volle Leistung. Die kleinen, ultraschnellen Schrauben an beiden Schultern stießen Wasser im rechten Winkel zum Hauptstrom ab. Lucky spürte, wie sein Körper eine andere Fallrichtung einnahm.
Wenn er sich in der Mitte des Strahls befand, war das aussichtslos. Die Energie, die sein Anzug aufbringen konnte, würde nicht ausreichen, ihn aus dem Strahl zu befreien. Befand er sich dagegen am Rand, so war es möglich, daß er sich bereits der Turbulenzzone näherte, und dann hatte er eine Chance.
Er hatte diesen Gedanken kaum vollendet, als er plötzlich unsanft zur Seite gerissen wurde – und dann wußte er, daß er in Sicherheit war.
Er ließ seine Düsen laufen und richtete ihren Strahl jetzt nach unten. Gleichzeitig hob er den Finger mit der Lichtquelle und leuchtete den Meeresgrund ab. Er sah gerade noch, wie der Schlamm etwa fünfzig Fuß unter ihm explodierte und dann alles in einer trüben Wolke verbarg.
Er hatte also nur noch wenige Sekunden Zeit gehabt.
Jetzt schoß er wieder nach oben, so schnell die Düsenmotoren seines Anzugs ihn trugen. Er war in verzweifelter Eile. In der Dunkelheit, die im Innern seines Helms herrschte, waren seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepreßt.
Er mühte sich verzweifelt, nicht zu denken. Er hatte in diesen wenigen Sekunden im Wasserstrudel schon zuviel gedacht. Er hatte den Feind unterschätzt. Er hatte angenommen, daß die riesenhafte Qualle auf ihn zielte, aber das war nicht so. Es waren die V-Frösche an der Wasseroberfläche, die den Körper der Qualle durch deren Nervenzentrum lenkten! Die V-Frösche hatten gezielt. Sie brauchten den Empfindungen der Qualle nicht zu folgen, um zu wissen, daß sie getroffen worden war. Sie brauchten nur Luckys Gedanken zu lesen und dann auf den Ausgangspunkt dieser Gedanken zu zielen.
Es galt also nicht mehr, das Monstrum durch Nadelstiche dazu zu bewegen, die Nautilus in Frieden zu lassen und wieder in jene fernen Tiefen hinunterzuschweben, die es hervorgebracht hatten.
Das Monstrum mußte getötet werden. Und zwar schnell!
Einen zweiten Schlag würde die Nautilus nicht überstehen – und auch Luckys Anzug nicht. Schon funktionierten die Skalen nicht mehr, und das nächste würden vielleicht die Steuerorgane sein. Ebenso war es möglich, daß die Sauerstoffbehälter einen Knacks bekamen, und dann war es mit ihm zu Ende.
Immer noch höher stieg Lucky, zu der einzigen Stelle, die
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