Im Palast des Wuestenprinzen
Gemeinsam erforschten sie die fast trockenen Flussbette mit den dünnen Rinnsalen und genossen das Picknick unter Palmen in einem engen, tief eingeschnittenen Tal.
„Was für eine Ruhe! Und dieser Frieden“, schwärmte Morgan. „Hier könnte ich stundenlang sitzen oder umherwandern.“
„Ja, ich auch“, stimmte Tajik ihr zu. „Aber lass dich nicht täuschen. Manch einer hat hier schon sein Leben verloren, weil er dem Flussbett folgte und glaubte, es würde ihm den Weg aus dem Gebirge weisen. Stattdessen hat es ihn in den Tod geführt.“
Morgan betrachtete die hohen Felswände um sie her. Ein Schauder überlief sie bei dem Gedanken, wie schrecklich es sein musste, hier nicht mehr herauszufinden.
„Bei mir bist du immer in Sicherheit“, versicherte Tajik ihr und zog sie in die Arme. „Du brauchst keine Angst zu haben.“
Auf der Rückfahrt machte er Halt bei der Ruine einer verlassenen Festungsanlage, und Morgan erfuhr einiges über die Geschichte seines Volkes.
An einem anderen Tag schaute sie interessiert einem Wettkampf der Männer im Bogenschießen zu. Sie und Sapphy klatschten begeistert Beifall, als nur noch zwei Wettkämpfer übrig waren, die keine Fehler gemacht hatten: Tajik und Khaled. Am Ende siegte Tajik.
Khaled klopfte seinem Freund auf die Schulter, gratulierte ihm und verkündete lächelnd: „Das nächste Mal hast du nicht so viel Glück!“
Später durfte Morgan auch einen Versuch wagen. Tajik stand hinter ihr, die Lippen an ihrem Ohr, und wollte ihr helfen. Doch seine Nähe irritierte sie, und sie erlebte einen Fehlschlag nach dem anderen. Lachend gab sie auf und drehte sich zu ihm um. Das sehnsüchtige Funkeln in seinen Augen raubte ihr fast den Atem. Er konnte es kaum erwarten, wieder mit ihr zu schlafen.
Auch sie war froh, dass das Warten jetzt ein Ende hatte, wie sie sich am Abend bei dem Festessen am Rand der Wüste eingestand. Vier Nächte hatten sie sich nicht geliebt. Doch jede Nacht war sie in seinen Armen eingeschlafen, während er sie sanft streichelte.
Unter dem Sternenhimmel hatten sich die Familien und Clans um die Feuer versammelt und genossen die köstlichen Gerichte. Musik erklang, die in der leichten Brise, die von der Wüste herwehte, weggetragen wurde und verhallte.
Morgan nippte an dem süßen Pfefferminztee, während sie eine Herde Oryxantilopen beobachtete. Es war ein faszinierender Abend, die Menschen, die endlose Weite der Wüste, der schwarze Himmel, die seltenen Tierarten, das alles und noch viel mehr machte den Charakter des Landes aus, in dem sie sich immer wohler fühlte.
Innerhalb weniger Tage hatte sie sich an ihre neue Rolle gewöhnt. Sie kam zurecht mit dem Respekt, den die anderen Frauen ihr erwiesen. Sie wollten ihr als Frau des Scheichs jeden Wunsch von den Augen ablesen, und auch das fand sie fast schon normal. Mithilfe eines Lehrers hatte sie sogar angefangen, die Landessprache zu lernen.
Morgan atmete tief durch und gestand sich ein, dass sie das Land nur ungern verlassen würde. Tajik saß neben ihr, Nobilah war nicht weit weg, und auch Sapphy und Khaled mit ihren Zwillingen hielten sich in der Nähe auf.
Es waren schöne Kinder, deren Ähnlichkeit mit beiden Eltern unverkennbar war. Sapphy hatte Morgan am Nachmittag aufgeregt anvertraut, sie sei wieder schwanger, und man sah ihr die Freude darüber an. Auch Khaled strahlte vor Stolz auf seine Frau.
Wie würden wohl Tajiks Kinder aussehen? Hätten sie goldbraune Augen wie er oder haselnussbraune wie sie? Ganz bestimmt würden sie das gleiche dunkle Haar und die gleiche bronzefarbene Haut haben wie er, dessen war sie sich sicher.
Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie zum ersten Mal darüber nachdachte, Kinder mit Tajik zu haben. Sie blickte hinüber zu Sapphy und ihrer Familie. Könnte ich auch so glücklich werden, wenn ich hierbleiben würde?, überlegte sie. In den letzten Tagen hatte sie ganz neue Seiten an Tajik entdeckt und fühlte sich immer mehr zu ihm hingezogen. Das Zusammensein mit ihm machte ihr Spaß, sie lachten viel und konnten sich über alles Mögliche unterhalten. Kein Zweifel, ihre Beziehung veränderte sich allmählich, Sex war nicht mehr das Wichtigste.
So kam es, dass der Gedanke, ihn zu verlassen, immer weiter in den Hintergrund rückte. Dennoch vermisste sie ihre Zwillingsschwester und ihre kleine Nichte ganz schrecklich. Den versprochenen Besuch hatte Tajik mit keinem Wort mehr erwähnt. Vielleicht hatte er es nicht ernst gemeint und sie nur etwas aufheitern
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