Im Palazzo sueßer Geheimnisse
Lucy ein. Obwohl es eigentlich nicht das war, was sie wollte. Aber sie wollte auch nicht mit Michele streiten. Selbst wenn es vielleicht das war, was er von ihr erwartete … Aber da musste sie ihn leider enttäuschen.
5. KAPITEL
Lucy blieb still und in sich gekehrt, während sie ihre Fahrt durch die Kanäle fortsetzten. Seit einigen Jahren schon war sie fast besessen gewesen von Peter Sebastian, nicht nur von seiner Arbeit, wie sie nun eingestand, sondern auch von dem Mann selbst. Vielleicht hatte sie sich ein wenig in ihn verliebt, oder zumindest in sein Image.
Anhand des Wenigen, das sie über ihn wusste, hatte sie sich ihn schlank und blond vorgestellt, sensibel und eher schüchtern.
Überhaupt nicht wie Michele Diomede.
Zu entdecken, dass es ein und derselbe Mann war, hatte sie völlig verwirrt. Sie wusste kaum, was sie denken oder fühlen sollte. Lügner! Sie fühlte sich verärgert, verletzt, irgendwie verraten.
In ihrem Kopf hallte noch der Presseartikel nach – wie ein Tonband, das sie nicht abstellen konnte –, in dem es hieß, Peter Sebastian habe eine amerikanische Verlobte und würde vielleicht in den Staaten bleiben.
Wie es aussah, hatten die Zeitungen sich in einem Punkt geirrt, im anderen nur zu recht gehabt. Lucy konnte die amerikanische Verlobte sogar benennen.
Kein Wunder, dass Michele so widerstrebend ihr gegenüber war. Sollte er kein erfahrener Casanova sein, musste er sich hin und her gerissen und schuldig fühlen. Oder interpretierte sie zuviel hinein in seine Gefühle für sie? Wiederum gab es aber auch Didis seltsame Anweisung, sich Mühe zu geben‚ „nett zu der Kleinen“ zu sein …
Lucy hörte auf mit ihren bitteren Gedanken, als sie bemerkte, dass sie sich dem rückwärtigen Teil eines unheimlich aussehenden Gebäudes näherten.
„ Ecco … der Palazzo Ca’ del Serpente“, erklärte Michele. Das Boot glitt durch die geöffneten schwarzen Tore des Bootshauses. Grünlich braunes Wasser drang durch die Ritzen des Holzes, an dem der Zahn der Zeit sichtlich genagt hatte.
Am Anleger lag noch eine Art Kahn, mit dem offenbar Bauarbeiter ihre Materialien transportierten. Auf einer Rampe standen Sand- und Zementsäcke, Leitern, jede Menge Gerüststangen und ein Betonmischer.
Michele vertäute das Boot und half Lucy beim Aussteigen. Über einen Steg gelangten sie zu einem großen Holztor. Dahinter führte ein einfacher Natursteinflur wohl zum ehemaligen Dienstbotentrakt mit der Küche und den Vorratskammern. Niemand war zu sehen, aber irgendwo pfiff jemand eine fröhliche Melodie, und hämmernde Geräusche wurden mit Popmusik aus dem Radio übertönt.
Trotz der vertrauten Klänge rundherum fühlte sich der Ort kalt und feucht an wie ein Grab. Lucy schauderte vor Abneigung.
Als Michele es bemerkte, wollte er den Arm um sie legen, aber sie wich zurück, distanzierte sich bewusst.
Am Ende des Dienstbotenbereichs führte eine Treppe zum Haupt- und Wohntrakt des Gebäudes. Hier waren die meisten Räume schon renoviert, und der Geruch von Farbe, Putz und Sägespänen hing in der Luft.
Als sie die Eingangshalle erreichten, machte Michele eine weitschweifige Handbewegung. „Du hast freie Wahl. Such dir die geeignetsten Räume aus.“
Lucy wanderte durch die einzelnen Zimmer und wog das Für und Wider ab: Barrierefreiheit, ließ sich alles gut platzieren und arrangieren, gut beleuchten, gab es zwei Ausgänge …
Schließlich traf sie ihre Wahl und begründete sie so selbstsicher, wie sie ihre Arbeit auch sonst machte. Einzig ihre Begeisterung fehlte.
Michele nickte nur und überließ ihr in allem die Entscheidung. Schließlich wollte er sie am Ellbogen den Weg zurückführen, den sie gekommen waren.
Lucy blieb wie angewurzelt stehen, starrte ihn kühl und ausdruckslos an und wollte ihm den Arm entziehen.
Er reagierte verärgert und verblüfft, konnte ihr Zurückweichen nicht verstehen. Lucy verstand es ja selbst kaum. Hatte es irgendetwas mit Didi Lombards Existenz zu tun?. Obwohl sie – wahrscheinlich unbewusst – versucht hatte, diese zu ignorieren, zumindest was sie und Michele betraf …
Sie gingen schweigend zurück.
An der Treppe angekommen, fragte er: „Möchtest du im Palazzo Ca’ del Leone duschen und dich umziehen, ehe wir essen gehen?“
„Danke, aber ich will heute Abend nicht essen gehen.“
Ihre kühle Abfuhr traf ihn hart, wie von ihr beabsichtigt.
Michele ergriff Lucy am Handgelenk. „ Santo cielo , was hast du? Warum regst du dich so auf? Du siehst
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