Im Paradies deiner Kuesse
würde sie tun, was er von ihr verlangte. Selbst wenn sie dabei auf dem Kopf stehen und ein Kinderlied singen müsste.
Als er sie bat, den Boden mit einem Stock von Steinen und anderen Unebenheiten zu säubern, tat sie es, ohne mit der Wimper zu zucken. Und als er ihr zeigte, wie man aus Weinranken und Kletterpflanzen Seile anfertigen konnte, flocht sie, bis ihre Finger wund waren.
In der Zwischenzeit errichtete er mit Daves Hilfe eine dreieckige Konstruktion aus Bambusstäben, die er mit den selbst gemachten Seilen zusammenband. Sobald der zeltartige Bau stabil genug war, deckten sie das Dach mit den Palmwedeln.
Schließlich krochen sie alle drei in die Hütte, in der es zwar trocken, aber alles andere als warm war. Allegra fröstelte. Die nassen Sachen klebten an ihr. Schweigend blickte sie in den Regen hinaus.
Obwohl … Eigentlich konnte man das gar nicht als solchen bezeichnen. Durch Regen konnte man problemlos hindurchsehen. Wie durch die feinen Tropfen an einem grauen Novembertag in London. Oder die erfrischende Dusche eines Frühlingsschauers. Hier fielen wahre Wassermassen vom Himmel. Dafür musste es doch wohl ein anderes Wort geben?
Vielleicht könnte sie die Situation etwas besser ertragen, wenn sie direkt neben Finn sitzen würde. Aber Dave hatte natürlich genau zwischen ihnen Platz genommen.
„Bei dem Wetter wirst du wohl kein Feuer in Gang bringen können, oder?“, fragte der Kameramann hoffnungsvoll.
„Nein, es ist zu feucht. Wir müssen auf besseres Wetter warten.“
„Ich dachte, der Furchtlose Finn tut immer das Unmögliche?“
„Nur wenn es sich nicht vermeiden lässt“, erwiderte Finn jungenhaft lächelnd. „Aber es ist gerade keine Regenzeit. Also werden die Niederschläge bald aufhören.“
Allegra verkniff sich ein Lachen. Offensichtlich hatte er genauso wenig Lust wie sie, im strömenden Regen nach Brennholz zu suchen, das dann ohnehin erst einmal trocknen musste.
„Allerdings glaube ich nicht, dass wir vor Einbruch der Dunkelheit mit einem Wetterumschwung rechnen können. Das heißt, du sitzt hier fest, Kumpel! Vergiss das Hotel“, fügte er hinzu und gab Dave einen freundschaftlichen Knuff in die Seite.
Was sollte das denn heißen? Vorhin hatte sie doch auch schon so einen sonderbaren Kommentar aufgeschnappt.
„W… w…“ Na toll! Vor lauter Kälte brachte sie keinen vernünftigen Satz heraus. „W…was denn für ein Hotel?“
Finn seufzte. „Glauben Sie bloß nicht den Quatsch, der im Internet über mich verbreitet wird. Ich schlafe während der Dreharbeiten nicht in Fünfsternehotels. Was in der Sendung zu sehen ist, passiert auch wirklich.“
Oh, da hatte sie wohl seinen wunden Punkt getroffen. Fragend blickte sie den Kameramann an. Was also hatte es mit dieser Hotelgeschichte auf sich? Vielleicht übernachteten sie im Notfall doch nicht in der Natur? War dies sogar ein solcher Notfall?
Als hätte Finn ihre Gedanken gelesen, erklärte er: „Nur das Filmteam darf sich diesen Luxus erlauben. Dave muss abends ins Hotel zurück, um die Akkus der Kamera aufzuladen und die Aufnahmen abzuliefern. Simon sichtet diese dann und gibt weitere Anweisungen für die Sendung. Das heißt, nachts sind mein Gast und ich normalerweise auf uns allein gestellt. Wir haben nur eine kleine Handkamera, falls etwas Interessantes passieren sollte.“
Allegra nickte. Also kein Hotel, um sich aufzuwärmen. Das war schon deprimierend genug. Noch dazu unterschied sich seine Vorstellung von „etwas Interessantem“, das passieren könnte, wenn sie nachts allein waren, sicher stark von ihrer …
Genau in diesem Moment teilte ein gewaltiger Blitz den Himmel. Dann begann es, noch viel stärker zu regnen.
Finn kroch zum Eingang der Hütte und sah in das Unwetter hinaus. Allegra bemerkte das sonderbare Funkeln in seinen Augen.
„Unglaublich, oder?“, fragte er, ohne den Blick vom Himmel abzuwenden.
„Wahnsinn!“, bestätigte Dave, deutlich weniger begeistert als sein Kollege.
Wie gern hätte Allegra sich neben ihren Schwarm gesetzt und mit ihm dieses Naturschauspiel genossen! Aber ihr war so furchtbar kalt, dass sie sich kaum rühren konnte. Sich nun auch noch für die Ursache dafür zu begeistern war wirklich zu viel verlangt.
Also kauerte sie sich nur in einer Ecke zusammen und versuchte, das schmerzhafte Gefühl der harten Bambusstäbe unter ihrem Po zu ignorieren. Worauf hatte sie sich da nur eingelassen? Konnte es sein, dass sie gerade den größten Fehler ihres Lebens
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