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Im Rachen des Alligators

Im Rachen des Alligators

Titel: Im Rachen des Alligators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moore
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eine rote Schulter zu sehen. Der Mann hatte sich die Regenjacke über den Kopf gezogen und bestellte fünf Hotdogs.
    Durch die Regenschleier und die beschlagenen Scheiben konnte Frank nicht viel erkennen, aber der Hummer schien voller Mädchen zu sein.
    Er meinte ein Bein zu sehen. Eines der Mädchen zog sich auf der Rückbank eine Strumpfhose an, er beobachtete es durch den Rauch, der ihm in den Augen brannte, und den vom Schirm tropfenden Regen.
    Der Regen glasierte den Asphalt, und Schauer durchzitterten das Wasser, das vom Wind getrieben die Straße hinunterrann, und die Hotdogs zischten, und eigentlich wollte er jetzt sehen, wie diese Mädchen alle da hinten rein passten, und ihr Parfum und Shampoo riechen und wissen, warum die eine sich eine Strumpfhose anzog und auf welche Party sie fuhren und warum er immer im Regen stehen musste.
    Er konnte noch nicht nach Hause gehen, weil er noch nicht genügend Hotdogs verkauft hatte, um nach Hause zu gehen.
    Frank machte die fünf Hotdogs fertig, und der Mann brachte jeweils zwei unter seiner Jacke zum Auto und reichte sie den Frauen durchs Fenster hinein. Dann holte er noch seinen eigenen, zu dem er nur Ketchup wollte.
    Am nächsten Tag hörte Frank, wie Carol draußen auf der Feuerleiter die Wäscheleine einzog. Sie hatte Unterwäsche rausgehängt, zarte Schlüpfer in Pastelltönen, durch die das Licht schien. Die Wäsche war voller Raupen. Sie hatten sich im baumwollenen Schritt der Höschen gesammelt, der nun ganz schwarz aussah. Frank trank gerade seinen Kaffee auf der Feuerleiter ein Stockwerk weiter oben, und sie kam die Treppe hinauf, um sich mit ihm zu unterhalten.
    Die haben im Radio über dich berichtet, Frank, sagte sie. Über deinen Hotdog-Stand. Ein echter Unternehmer, hieß es, sogar im Regen steht er da draußen.
    Dann flüsterte sie: Frank, red nicht mit diesen Männern von oben. Ich warne dich, Frank. Mit diesen Männern kann man nicht vernünftig reden. Du bist ein guter, wohlerzogener Junge. Ich kann dir das ganz klar sagen, Frank. Ich habe ein schlechtes Gefühl.
    Frank sah, wie sie geistesabwesend die Raupen aus ihrer Unterwäsche klaubte, während sie mit ihm sprach.

Madeleine
    Sie waren zu einer Gala unterwegs, einem Dinner zu Ehren Isobels.
    Ich sollte Andrew anrufen, sagte Madeleine. Sie verspürte eine leichte Panik wegen ihres Sohns, der in Äthiopien für Ärzte ohne Grenzen arbeitete. Was wäre, wenn er in Schwierigkeiten geriete? Sie könnte nichts tun.
    Sie denkt daran, wie er als kleiner Junge im Garten buddelte, denkt an den Tag, als sie in den Taschen seiner winzigen Jeans lauter Schnecken fand, Klumpen aus sich bewegendem Schleim und zerdrückter Schale.
    Jetzt operiert er in ganz Afrika in Zelten, in denen nur eine nackte Glühbirne von einer Zeltstange hängt und im Hintergrund Geschützfeuer zu hören ist.
    Ihre Tochter Melissa ist in Genf mit einem Heroinabhängigen aus altem Geldadel verheiratet. Melissa spaziert in maßgeschneidertem Kostüm und vernünftigen Schuhen durch Straßen, die von gut erhaltenen Springbrunnen und Wasserspeiern gesäumt sind. Sie schickt Schmuck aus Lavagestein und gewebte Umhänge, die unter den Armen von Druckknöpfen zusammengehalten und mit einem Reißverschluss quer über die Brust geschlossen werden, wie Zwangsjacken, in Europa ist das gerade der letzte Schrei. Sie geht in den Alpen skifahren und schickt Fotos, auf denen sie von weißen Flügeln aus aufgewirbeltem Schnee getragen zu werden scheint.
    Guck mal, sagte Isobel. Sieht das zu sehr nach Antike aus? Sie hielt sich einen Kleiderbügel mit einer goldenen Toga unters Kinn.
    Ich müsste es an dir sehen, sagte Madeleine.
    Isobel streifte sich ein paillettenbesetztes schwarzes Kleid über die Hüften. Es war auf einer Seite schulterfrei. Sie zupfte die Netzstrümpfe an Knie und Knöchel zurecht, stellte sich mit dem Rücken zum Spiegel und schaute über ihre Schulter.
    Das ist es, wenn du mich fragst, sagte Madeleine. Das paillettenbesetzte Kleid hatte Isobel von dem Regisseur von Endstation Sehnsucht bekommen. Er hatte ein grobknochiges Gesicht und wilde schwarze Augen, und Isobel hätte ihn vielleicht gemocht, wenn er sie nicht so hart rangenommen hätte. Er sei naturalistisches Theater leid, hatte er sie alle angeschrien, während sie geblendet im Rampenlicht standen.
    Isobel Turner, hatte er gebrüllt. Bedeutet mir Isobel Turner irgendetwas? Sie hatten sechs Stunden lang in der Hitze geprobt. Isobel beschattete die Augen mit der Hand, um ihn

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