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Im Rachen des Alligators

Im Rachen des Alligators

Titel: Im Rachen des Alligators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moore
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dämmert, darauf spekuliert vorbeizukommen. Will er etwa mit ihr ins Bett?
    Das will er, er ist auf ein träges Gebalge aus, etwas Nährendes, Vertrautes, das er mit jeder Faser seines Körpers herbeisehnt.
    Es besteht keine Notwendigkeit, die Richtigkeit dieses Baums in Frage zu stellen. Sie wollte ein paar absolut dämliche Gegenstände in ihrem Leben, die unwiderruflich sie selbst sind. Von einem rotierenden Baum zum gleichen Preis, der ebenfalls in der Wühlkiste lag, hat sie Abstand genommen, und sie bereut es nicht.
    Was sie gelegentlich bereut, ist, Marty verlassen zu haben.
    Manchmal ist ihr, als hätte man ihr mit einem Gummihammer auf den Kopf gehauen, und ein Gefühl der Reue übermannt sie. Wie sehr hatte sie Marty geliebt – was wäre wohl geschehen, wenn sie ihn weiter geliebt hätte?
    Aber genauso schnell ist sie dann froh darüber. Sie hätte es nicht ertragen, sich ständig rechtfertigen, Zugeständnisse machen zu müssen.
    Sie erinnert sich an eine knallharte nächtliche Zecherei während eines Festivals in New Mexico, nach der Scheidung, als ein Sicherheitsbeamter seine Taschenlampe auf ihren nackten Hintern richtete, während sie über den Rasen zum Foyer des Hotels rannte, ihre Blöße nur mit einem winzigen Handtuch bedeckt, einem Händehandtuch, Herrgottnochmal, und sie war mit niemandem ins Bett gegangen, absolut niemandem, hatte kichernd Bob Warren die Tür vor der Nase zugeschlagen, er klopfte mit einem Fingerknöchel an, lehnte sich schwer gegen die Tür und wartete. Sie hörte, wie seine Stirn an die Tür schlug, dann wieder das gleiche Klopfen. Sie hatte die Hand auf dem Türknauf, während sie überlegte, ein leichter Sommerschweiß, der Abend- und Chlorgeruch in ihrem Haar, sie hatten im Hotelpool nacktgebadet.
    Bob sah gut aus und war Single, und sie musste sich nur rühren, den Türknauf drehen, dann würde er auf ihren Teppich purzeln wie ein Geschenk, aber sie rührte sich nicht, war zufrieden, sich nicht zu rühren, und hörte, wie er sich über den Flur entfernte.
    Schon allein wegen dieses Beinahetreffers ist sie froh, nicht verheiratet zu sein. Sie war euphorisch gewesen in jener Nacht, als sie sich allein auf das riesige Hotelbett hatte fallen lassen, und euphorisch auch noch am nächsten Morgen, als die Sonne über dem Golfplatz aufging und durchs Fenster hereinschien, sie hatte sich eine Tasse Kaffee gemacht und geschrieben, immer noch nackt vom nächtlichen Baden.
    Diese unzweifelhaften, saudummen Beinahetreffer, und die Flirts, aus denen mehr wurde, und die Männer, die von ihr fasziniert waren, weil sie auf eigenen Füßen stand – Trevor Barker von oben zum Beispiel, der ihr schon drei Nachrichten hinterlassen und sich als mehr denn passabler Koch erwiesen hatte –, die Risiken, die sie einging, und die schnell geschlossenen Freundschaften, sie war der Mittelpunkt jeder Party. Sie war nicht verheiratet, weil sie nicht verheiratet sein konnte, und es reute sie nicht, was sie war.
    Wenn du mit Bob Warren vögelst, bist du eine von Tausenden, hatte ein befreundeter Produzent am Morgen nach dem Nacktbaden im Hotelpool zu ihr gesagt.
    Und sie hatte geantwortet: Das gilt für Bob Warren umgekehrt genauso.
    Als sie Marty verlassen hatte, war sie erst einmal todunglücklich gewesen. Beverly war in die neue Wohnung gekommen und hatte sie heulend vorgefunden, die Art von Schreiweinen, bei dem kein Ton herauskommt. Sie hatte versucht, sich in einen der Comicfiguren-Plüschsessel der Kinder zu setzen, aber er war zu klein und sackte unter ihrem Gewicht zusammen, ihre Knie standen heraus und sie kam nicht mehr hoch. Nicht eine einzige Träne kam, und ihr Gesicht sah aus wie malträtiertes Plastilin.
    Hör sofort mit diesem Quatsch auf, hatte Beverly gesagt.
    Der Baum ist künstlich und hat rote Lichter wie eine Alarmanlage, es ist Mitte August, und Marty will vorbeikommen, und eigentlich ist es eher ein Haushaltsgerät, es hat mehr mit einem Kühlschrank gemein als mit einer Tanne. Sie kommt zu dem Schluss, dass sie den künstlichen Baum mag.

Valentin
    Als er kam, um Isobel abzuholen, hatte sie drei Tupperdosen mit grünen Tomaten gefüllt. Jede Tomate war in ein Stück Küchenkrepp gewickelt, eine neben der anderen, zwei Lagen übereinandergeschichtet; Isobel trug eine Sonnenbrille.
    Es gefiel ihm, dass sie sich mit der Idee des Feuers abgefunden hatte. Ihre Sonnenbrille hatte ein weißes Gestell, das mit winzigen Strasssteinen besetzt war. Isobel trug ein schlichtes dunkelrotes

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