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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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lebte und wusste, wie ihre Kinder aufgezogen wurden, war ich der Meinung, ein wenig über die christliche Religion zu wissen. Und ich vergaß, dass ich lediglich ein Sklave war und er der geistliche Herr, und war bereit zu einem Streitgespräch.
    »Aber sie tun es, um dem Höllenfeuer zu entrinnen«, sagte ich.
    »Nein.« Ich hatte den Eindruck, dass er eigentlich gar nicht mit mir reden wollte, doch als Pastor nun einmal verpflichtet war, jeden Unwissenden, und sei es auch ein Sklave, zu unterrichten. »Es ist von Anbeginn vorherbestimmt, wer in die Hölle kommen und wer errettet werden wird«, sagte er. »Die Frommen dienen dem Herrn um Seinetwillen, nicht um ihrer selbst willen.« Dann richtete er den Finger auf mich. »Unterwerfung, junger Mann, ist der Preis für den Eintritt in die Kirche. Verstehst du?«
    »Jawohl, Herr«, sagte ich.
    »Du bist nicht der erste Sklave, der sich einbildet, die Teilnahme an unserem Gottesdienst könnte ihm einen Weg in die Freiheit eröffnen. Doch dies wird nicht geduldet werden! Wir unterwerfen uns Gott, weil Er gut ist. Nicht, um unseren Stand zu verbessern.« Und jetzt wurde seine Stimme zunehmend lauter, sodass ein Mann, der auf der Straße vorüberging, sich nach ihm umschaute. »Gott lässt Seiner nicht spotten, junger Mann!«, rief er mir zu und funkelte mich an, ehe er davonstolzierte.
    Ein paar Tage darauf wandte sich der Baas zu mir und sagte: »Wie ich gehört habe, hattest du ein Gespräch mit Pastor Cornelius.« Und dann sah er mich komisch an.
    »Ja, Baas«, sagte ich. Aber von da an passte ich auf, nie wieder von Religion zu reden.
    *
    Und bald gab es wichtigere Dinge, um die ich mich kümmern musste, als das Heil meiner Seele. Denn in dem Sommer, während der Baas unterwegs auf dem Fluss war, kamen die Engländer.
    Ich arbeitete gerade in der Küche, als Jan mit der Neuigkeit hereinplatzte.
    »Komm schnell, Quash!«, rief er. »Runter ans Wasser. Komm mit und sieh!«
    Ich hatte meine Zweifel, dass die Herrin mir Urlaub geben würde, aber einen Augenblick später war sie ebenfalls da mit der kleinen Clara. Claras kleines rundes Gesicht, das weiß ich noch, war ganz rot vor Aufregung. Also gingen wir alle hinunter zum Fort und ans Wasser. Es war ein klarer Tag, und man konnte bis ans andere Ende der Bucht sehen. Und dort in der Ferne erkannten wir zwei englische Segelschiffe. Sie lagen in der Mündung der Bucht vor Anker, sodass keine Schiffe vom Meer herein- oder hinausfahren konnten. Nach einer Weile sahen wir eine weiße Rauchwolke. Dann folgte eine lange Pause, bis wir das Geräusch der Geschütze hörten wie ein leises Donnern; denn sie waren vielleicht sieben Meilen entfernt. Und die Menschen am Wasser schrien auf. Es verbreitete sich die Nachricht, dass die englischen Siedler drüben, hinter Breukelen, aufmarschierten und zu den Waffen griffen, aber keiner wusste Genaues. Die Männer auf den Mauern des Forts hatten eine Kanone hinaus auf die Bucht gerichtet, doch weil der Gouverneur nicht da war, ergriff niemand die Initiative, was die Herrin zutiefst empörte. Ich glaube, am liebsten hätte sie selbst das Kommando übernommen.
    Man hatte schon Boten flussaufwärts geschickt, um den Gouverneur zu benachrichtigen. Aber es dauerte ein, zwei Tage, ehe er zurückkehrte. Während dieser Zeit blieben die englischen Schiffe da, wo sie waren.
    Eines Abends traf dann der Gouverneur ein und übernahm wieder die Befehlsgewalt, und sobald sie davon erfuhr, suchte die Herrin ihn auf. Als sie zurückkam, sah sie sehr zornig aus, sagte aber nicht, warum. Am nächsten Morgen kam auch der Baas zurück.
    Als er ins Haus trat, meinte die Herrin, er sei sehr lang weg gewesen. Und er erwiderte, er sei so schnell er konnte zurückgekommen. Da habe der Gouverneur allerdings etwas anderes gesagt, antwortete sie. Sie hätte gehört, er habe flussaufwärts Zwischenstation gemacht. Und sie warf ihm einen bitterbösen Blick zu. Zwischenstation gemacht, während die Engländer seine eigene Familie angriffen, sagte sie.
    »Das habe ich allerdings«, sagte er mit einem strahlenden Lächeln. »Und du solltest darüber froh sein.«
    Als er das sagte, sah sie ihn ziemlich streng an. Aber er achtete nicht weiter darauf. »Überleg doch«, sagte er, »als Stuyvesant mir erklärte, die Engländer seien gekommen, hatte ich keine Möglichkeit zu beurteilen, wie die Dinge hier standen. Es wäre ohne Weiteres möglich gewesen, dass sie schon in die Stadt einmarschiert waren, unser ganzes Hab und Gut

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