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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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an sich genommen und euch aus Haus und Hof vertrieben hatten. Sollte ich etwa dabei zusehen, wie unsere Fracht – eine recht kostbare, beiläufig gesagt – auch noch von den Engländern gestohlen wurde? Sie konnte durchaus das Letzte sein, was uns geblieben war. Also habe ich mir überlegt, sie an einem sicheren Ort zu verwahren. Sie liegt jetzt bei dem Häuptling des Indianerdorfs, zu dem Stuyvesant mich hat fahren sehen. Ich kenne diesen Indianer seit vielen Jahren, Greet. Er ist einer der wenigen, denen ich vertrauen kann. Und dort sollte die Ware bleiben, da bist du wohl meiner Meinung, bis diese ganze Geschichte ausgestanden ist.«
    Tja, die Herrin sagte darauf kein Wort mehr, aber mir zeigte das ganz klar, was für einen guten Charakter der Baas hatte, dass er immer nur an seine Familie dachte.
    Den ganzen Tag lang herrschte in Neu-Amsterdam große Aufregung. Es kamen Boote mit Botschaften vom englischen Kommandanten, Colonel Nicolls, an Gouverneur Stuyvesant, und es gingen welche zurück; doch keiner wusste, was in diesen Briefen stand, und der Gouverneur, der sagte nichts. Nur die englischen Kanonenboote lagen weiter vor der Meerenge.
    Als ich am nächsten Tag mit dem Baas und Jan zur Wasserfront ging, trafen wir auf eine Menschenmenge. Sie zeigten alle nach links, hinüber nach Breukelen. Und tatsächlich konnte man das Blinken von Waffen erkennen, da wo die Engländer sich an der Fähre sammelten. Und jemand zeigte hinunter zur Meerenge und sagte, dass westlich davon, auf dem großen Stück Land, das die Niederländer Staaten Eylandt nannten, die Engländer weitere Truppen zusammengezogen hatten.
    Dann war Mijnheer Springsteen da.
    »Wir haben hundertfünfzig Mann im Fort«, sagte er zum Baas, »und in der Stadt können wir vielleicht zweihundert Kampffähige ausheben. Selbst wenn wir ein paar Sklaven dazunehmen, sind es maximal fünfhundert. Der englische Oberst hat doppelt so viele ausgebildete Soldaten. Und es heißt, dass die englischen Siedler auf der Langen Insel ebenfalls Truppen aufgestellt haben.«
    »Wir haben Geschütze im Fort«, sagte der Baas.
    »Zu wenig Pulver und Kanonenkugeln«, sagte Springsteen. »Wenn die englischen Schiffe näher kommen, schießen sie uns kurz und klein.« Er nahm den Baas am Arm. »Es heißt, dass sie die Übergabe der Stadt verlangt haben und dass Stuyvesant nicht nachgibt.«
    Nachdem Mijnheer Springsteen weitergegangen war, fragte Jan den Baas, ob die Engländer uns vernichten würden.
    »Das bezweifle ich, mein Sohn«, sagte er. »Lebendig sind wir für sie mehr wert.« Dann lachte er. »Aber man kann nie wissen.« Dann ging er ein Stück weiter, um sich mit ein paar anderen Kaufleuten zu unterhalten.
    Als wir heimkamen, erklärte er der Herrin, dass keiner der Kaufleute es auf einen Kampf ankommen lassen wollte, und sie wurde wütend und sagte, sie seien alle Feiglinge.
    Am folgenden Tag traf Gouverneur Winthrop von Connecticut in einem Boot ein. Er war ein kleiner Mann mit dunklen Gesichtszügen. Und er hatte einen weiteren Brief von Colonel Nicolls dabei. Er und Gouverneur Stuyvesant gingen in eine Schenke, um darüber zu reden. Mittlerweile waren alle Kaufleute unten an der Wasserfront, weil sie wissen wollten, was los sei, und der Baas ging ebenfalls dorthin. Als er zurückkam, sagte er, einige Kaufleute hätten von Gouverneur Winthrops Männern erfahren, dass die Engländer sehr milde Bedingungen anboten, falls Gouverneur Stuyvesant ihnen die Stadt übergab. Sobald also Winthrop abgefahren war, verlangten sie von Gouverneur Stuyvesant, den englischen Brief zu sehen. Aber anstatt ihnen den Brief zu zeigen, zerriss er ihn vor ihren Augen; und sie waren mächtig wütend. Trotzdem sammelten sie die Stücke des Briefes auf und fügten ihn wieder zusammen. Worauf sie feststellten, dass die Engländer bereit waren, ihnen alle ihre niederländischen Sitten und all ihren Reichtum zuzugestehen und alles genauso zu belassen, wie es bis dahin gewesen war, sofern Gouverneur Stuyvesant ihnen die Stadt ohne jeden Widerstand übergab. Und damit waren alle einverstanden. Alle außer Gouverneur Stuyvesant, heißt das.
    Die Herrin war ganz auf der Seite des Gouverneurs.
    »Er hat richtig gehandelt!«, rief sie. »Er ist der einzige Mann unter euch!« Und sie titulierte die Kaufleute als ein Rudel Straßenköter und noch ein paar andere Dinge, die ich besser nicht wiederhole.
    Gerade in dem Moment fing auf der Straße jemand an zu schreien: »Die Engländer kommen!« Und wir

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