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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Sitzung der Historical Landmarks Commission teilgenommen hatte und dass sie leidenschaftlich darum kämpfte, die architektonischen Schätze der Stadt, wie etwa Grand Central, vor dem unerbittlichen Vordringen der Glaskastenwolkenkratzer zu beschützen. Sein Vater hätte das gutgeheißen – ein Punkt für sie. Aber obwohl Maggie durchaus freundlich war, fiel Gorham auf, dass sie diese Anwaltsmasche draufhatte, Fragen, die sie nicht beantworten wollte, einfach auszuweichen.
    Gorham wollte Genaueres darüber wissen, was Juan in letzter Zeit so gemacht hatte, und deshalb erzählte sein Freund, dass er Kontakte zum nahe gelegenen Mount Sinai Hospital geknüpft habe, um die medizinische Versorgung des Barrios zu gewährleisten, und dass er sich bemühte, die dortigen skandalösen Wohnverhältnisse zu verbessern. Er hatte außerdem mit einigen radikalen puerto-ricanischen Aktivisten zusammengearbeitet und sie dazu gebracht, diese Projekte zu unterstützen.
    Gorham war beeindruckt. »Das ist großartig, Juan«, sagte er. »Die Idee mit dem Mount Sinai – einfach brillant!«
    Auch Maggie hörte aufmerksam zu, obwohl die junge Anwältin etwas verwirrt wirkte.
    »Wie schaffen Sie es, mit den Radikalen zusammenzuarbeiten?«, fragte sie. »Nach dem, was ich gehört habe, scheinen manche von ihnen ziemlich gefährlich zu sein.«
    Juan seufzte. Er wusste, was ihr Probleme bereitete. Ende der Sechzigerjahre hatten einige jüngere Puerto Ricaner eine Gruppe gebildet, die sich die Young Lords nannte und eine Verbesserung der Lebensbedingungen im Barrio verlangte. Eine Zeitlang machten sie gemeinsame Sache mit den Chicagoer Black Panthers und wurden dafür von der Presse geschmäht. Insofern war es nicht verwunderlich, dass eine brave, anständige Anwältin aus der weißen Mittelschicht solche Leute als bedrohlich empfand.
    »Sie müssen eines begreifen, Maggie«, sagte er. »Ich habe Glück gehabt. Ich bekam eine Ausbildung und war damit raus aus den Gangs. Andernfalls könnte ich jetzt ohne Weiteres im Gefängnis sitzen wie mein Cousin Carlos. Illegale Aktivitäten sind in manchen Gemeinden etwas ganz Normales.« Maggie runzelte die Stirn – die Anwältin in ihr konnte das nicht billigen –, aber er fuhr unbeirrt fort. »Schauen Sie, in Harlem und der South Bronx herrschen die gleichen Verhältnisse wie in anderen amerikanischen Städten. New York, Chicago, wo auch immer: Es ist überall das Gleiche. Da gibt es arme Bevölkerungsgruppen, die seit Jahrzehnten unter totaler Vernachlässigung leiden, die – wenn überhaupt – nur geringe Chancen haben, aus den gewalttätigen Straßen, in denen sie leben, herauszukommen, und die – häufig durchaus zu Recht – überzeugt sind, dem Rest der Gesellschaft vollkommen gleichgültig zu sein. Als Puerto Ricaner aus dem Barrio sich die Young Lords nannten und freie Frühstückstische und unentgeltliche medizinische Versorgung organisierten, war das keine so schlechte Idee. Sie verlangten Hilfe für ihre Leute. Das Gleiche taten, auf ihre Weise, die Black Panthers in Chicago. Als Puerto Ricaner von Selbstbestimmung sprachen, war das ebenfalls nachvollziehbar. Keiner schien sich um sie zu kümmern.
    Einige von ihnen riefen in ihrer Wut zu gewalttätigen Demonstrationen auf. Das lehne ich entschieden ab. Und es ist unbestreitbar, dass zu diesen Aktivitäten eine bestimmte politische Ideologie gehörte. Diese Männer behaupteten, Sozialisten oder gar Kommunisten zu sein – was immer das bedeuten mochte. Hoover und sein FBI bauschten diese Sache mit dem Kommunismus ungebührlich auf. Ich bin ganz gewiss kein Sozialist, aber ich kann die Gefühle der Leute nachvollziehen. Wenn die Gesellschaft sich von einer bestimmten ethnischen Gruppe abwendet, dann können Einzelne aus dieser Gemeinde durchaus zu der Überzeugung gelangen, das Leben würde in einem anderen politischen System lebenswerter sein – das liegt in der menschlichen Natur. Also versuche ich, die Ursachen dieses Irrglaubens zu lindern. Manche Leute haben sich alle Mühe gegeben, die Young Lords und die Black Panthers zu diskreditieren, und sie sind weitgehend erfolgreich gewesen, doch die grundlegenden Probleme, die diese Gruppen zum Protest veranlassten, bleiben weiterhin ungelöst. Wenn es in Harlem noch immer brodelt, dann hat das seine guten Gründe – das können Sie mir glauben.«
    Juan erkannte, dass er sich ein bisschen in Rage geredet hatte, aber das war nicht zu ändern. Er musterte die Rothaarige, war neugierig auf

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