Im Rausch der Freiheit
sich über ihn zu beschweren. Und die in Albany versammelten Aristokraten verteufelten ihn als »Volksaufwiegler« und seine Mitarbeiter als »hergelaufenes Gesindel«.
Die Herrin gab nichts auf solche Beschwerden, sondern trat zu jeder Gelegenheit für ihn ein. »Er ist uns Niederländern sehr gewogen, und wir haben jetzt einen niederländischen König«, sagte sie immer.
»Nein, wir haben einen niederländischen König und eine englische Königin, Maria II. und Wilhelm III. sind in einer Doppelkrönung gemeinsam auf den Thron gekommen, und ihr Hof ist in London«, hörte ich den Baas widersprechen. »Die großen Kaufleute haben Freunde am englischen Hof, was Leisler nicht hat.« Er empfahl der Herrin, besser aufzupassen, was sie sagte.
Nun, als die Monate vergingen, kam so viel Widerstand von den führenden Männern, die einmal sogar versuchten, ihn zu entführen, dass der Deutsche sich gezwungen sah zurückzuschlagen. Er nahm Mijnheer Bayard fest; und er erließ Haftbefehle gegen van Cortlandt und mehrere andere. Eigentlich sollten sie wegen ihrer Attentatsversuche auf ihn zum Tode verurteilt werden, doch davor schreckte er zurück. Ein Fehler, sagten später viele. Die einfachen Niederländer, die »Mijnheer« Leisler liebten, griffen sogar die Häuser einiger dieser wichtigen Männer an. Da er selbst vermögend war, befürchtete der Baas, diese Leute könnten am Ende auch sein Haus in Brand stecken. Eines Abends kam er heim und sagte, es würde bald Unruhen auf den Straßen geben, und als ich ihm sagte, die Herrin sei ausgegangen, meinte er: »Komm mit, Quash. Wir sollten besser zusehen, dass ihr nichts passiert.« Wir durchstreiften also die Stadt. Und wir kamen gerade die Beaver Street entlang zum unteren Ende des Broadways, als wir mehr als hundert Frauen sahen, die zum Fort zogen, um ihre Treue zu Leisler zu bekunden. In der allerersten Reihe marschierte die Herrin. Einen Moment lang sah der Baas so zornig aus, dass ich dachte, er würde sie da gewaltsam herauszerren. Doch dann lachte er plötzlich los. »Tja, Quash«, sagte er, »ich schätze, das bedeutet, dass sie unser Haus nicht angreifen werden.«
Ende Januar 1691 brachte ein Schiff aus England die Nachricht nach New York, dass ein Oberst namens Henry Sloughter vom König zum Gouverneur der Stadt ernannt worden und schon mit mehreren Schiffen und Soldaten unterwegs sei, um die Regierung von New York zu übernehmen. Allerdings war ein schwerer Sturm aufgezogen, und Sloughter hatte auf den Bermudas Schutz vor den Naturgewalten gesucht. Statt seiner kam Major Richard Ingoldsby, Befehlshaber der englischen Truppen, nach New York. Die Feinde Leislers suchten ihn sofort auf und schilderten ihm die Regierungsweise des Deutschen in den allerschwärzesten Farben. Die Folge war, dass Leisler mit seiner Einladung an Ingoldsby, bei ihm Quartier zu beziehen, ins Leere lief und stattdessen sofort mit der Aufforderung bedacht wurde, die Stadt und das Fort unverzüglich herauszugeben. Leisler wollte dafür wenigstens eine vom König ausgestellte Vollmacht sehen, aber das Einzige, was Ingoldsby ihm vorweisen konnte, war wohl das Offizierspatent. Daher weigerte Leisler sich, woraufhin der Brite vor Zorn zu kochen begann. Er ließ das Stadthaus besetzen und drohte allen, die Leisler zu unterstützen wagten, sie als Rebellen und Verräter zu behandeln. Leisler protestierte darauf öffentlich: Er wisse sehr wohl, dass der Hauptmann Henry Sloughter zum Gouverneur von New York ernannt werden sollte, doch von einer Ernennung Ingoldsbys wisse er nichts. Seine Hoffnung, dass dieser Sloughter endlich eintreffen möge, damit die Situation geklärt werden könne, erfüllte sich nicht.
Ingolasby ließ alle Wege und Straßen, die zum Fort führten, sperren, er verbot den Transport von Lebensmittels dorthin und befahl, dass alle Boote oder Schiffe, die sich auf dem Wasser dem Fort näherten oder von ihm wegsegelten, beschossen werden sollten. Einige seiner Soldaten gingen zur Festung und verhöhnten den Deutschen, der sie daraufhin einsperren ließ. Ingoldsby nahm das zum Anlass, zwei Blockhäuser in der Nähe der Festung zu erstürmen und das Fort selbst zu beschießen. Durch einen Unfall beim Abfeuern der Geschütze kamen drei seiner Soldaten ums Leben, fünf weitere erlitten Verwundungen. Inzwischen traf auch Sloughter mit seinem Schiff ein, aber er schloss sich sofort – wie übrigens auch König Wilhelm III. – der Ansicht an, dass dieser Deutsche als Rebell zu behandeln
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