Im Rausch der Freiheit
Spanien standen. Der Baas sagte, die Engländer seien bereit zu warten. Denn König Jakob habe keinen Sohn und seine zwei Töchter seien beide protestantisch. Mit der Zeit, sagte er, würden sich die Dinge wieder normalisieren. Doch das beruhigte die Herrin nicht.
Und die nächsten zwei Jahre lang beklagten sich in New York alle über den König.
Es war ein Frühlingstag im Jahre 1689, als die Herrin mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht ins Haus geeilt kam und uns erzählte, dass die Engländer König Jakob II. aus seinem Reich hinausgeworfen hatten.
»Gottes Wille ist geschehen«, rief sie aus.
Die Ursache war ein Kind. Nachdem jahrelang weitere Kinder ausgeblieben waren, hatte König Jakobs II. Gemahlin plötzlich einen Sohn geboren, und der sollte katholisch werden. »Nicht mal die Engländer wollten sich das bieten lassen«, sagte die Herrin. Offenbar hatten sie ihn, ohne lange zu fackeln, hinausgeworfen und seine älteste Tochter Maria ins Land gerufen. Sie nannten das die Glorreiche Revolution.
»Nicht nur ist Maria Protestantin«, sagte die Herrin, »sie ist außerdem mit unserem Wilhelm verheiratet, dem Statthalter der Niederlande. Und Wilhelm III. und Maria II. sollen gemeinsam über England herrschen!« Sie tanzte fast vor Glück bei dem Gedanken, dass wir wieder unter niederländische Herrschaft kommen sollten.
Kurz nach der Glorreichen Revolution kam die Nachricht, die Niederlande und England hätten dem katholischen König Ludwig von Frankreich den Krieg erklärt. »König Wilhelms Krieg« nannten sie das. Wir befürchteten alle, die katholischen Franzosen hoch oben im Norden würden sich mit den Irokesen verbünden und herunter nach New York marschieren. Tatsächlich überfielen die Franzosen und die Indianer einige niederländische Siedlungen weiter oben am Fluss. Aber für Kaufleute wie den Baas und Mr Master kann ein Krieg auch eine große Chance bedeuten.
Ich werde nie den sonnigen Tag vergessen, an dem der Baas uns sagte, wir sollten mit ihm zum Hafen gehen. Also machten wir uns alle auf den Weg. Der Baas und die Herrin; und ich durfte Hudson mitnehmen. Als wir dort eintrafen, erwarteten uns Jan und Mr Master und dessen Sohn Henry bereits. Wir alle wurden zu einem Schiff hinausgerudert, das auf dem East River vor Anker lag. Es war ein schönes Schiff mit hohen Masten und etlichen Geschützen. Mr Master führte uns herum. Hudson schaute sich alles ganz genau an; ich hatte ihn noch nie so aufgeregt gesehen. Mehrere Kaufleute hatten in dieses Schiff investiert, das jetzt, da wir im Krieg mit Frankreich standen, französische Kauffahrer jagen und deren Fracht erbeuten sollte. Mr Master hatte ein Achtel gekauft und der Baas und Jan gemeinsam ein weiteres Achtel. Ich konnte erkennen, dass das Schiff auf Schnelligkeit gebaut war. »Das ist schneller als alles, was die Franzosen uns entgegensetzen können«, sagte Mr Master zufrieden. »Und der Kapitän ist ein erstklassiger Freibeuter. Mit etwas Glück wird uns dieses Schiff ein Vermögen einbringen.«
In diesem Augenblick fing Hudson an, mich am Ärmel zu ziehen, weil er eine Frage stellen wollte. Ich sagte ihm, er solle den Mund halten, aber Mr Master sagte: »Nein, lass ihn ruhig fragen.« Also sagte Hudson: »Bitte, Baas, was ist der Unterschied zwischen einem Freibeuter und einem Piraten?«
Der Baas und Mr Master sahen sich an und lachten.
»Wenn er uns bestiehlt«, sagt der Baas, »ist er ein Pirat. Aber wenn er den Feind bestiehlt, ist er ein Freibeuter.«
*
Nicht lange nachdem das Schiff in See gestochen war, wurde Juffrouw Claras Mann krank und starb. Sie hatte keine Kinder, also kehrte sie für eine Weile in das Haus ihrer Eltern zurück. Ich fragte mich, ob es jetzt wieder Streit geben würde, aber glücklicherweise vertrugen sie und ihre Mutter sich inzwischen viel besser als früher. Natürlich trauerte Juffrouw Clara einige Wochen, aber ich hörte die Herrin einmal zum Baas sagen: »Wir müssen einen anderen Mann für sie finden.« Fürs Erste jedoch, glaube ich, war die Herrin ganz froh über ihre Gesellschaft.
Meine Naomi war geschickt mit der Nadel, und sie erledigte alle Flick- und Stopfarbeiten, die im Haus anfielen. Sie hatte auch angefangen, der kleinen Martha das Nähen beizubringen. Es dauerte nicht lange, bis Juffrouw Clara das bemerkte. Es war wirklich verblüffend, was die Kleine mit ihren gelenkigen und flinken Fingerchen zustande brachte. Schon bald sagte Juffrouw Clara: »Dieses Kind ist unbezahlbar.« Sie
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