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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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der englische Pflanzer, der uns vor Jahren zusammen mit Mr Master besucht hatte. Die Herrin nickte ihm zu und wandte sich erneut zu mir.
    »Da ich jetzt – solange kein Richter anders entscheidet – Eigentümerin all dessen bin, was Eigentum meines Mannes war, gehörst auch du mir, Quash. Und gleichgültig, was mein Mann gesagt oder nicht gesagt hat – da du ungehorsam warst, habe ich beschlossen, dich zu verkaufen. Dieser Gentleman war heute zufällig auf dem Markt, und er hat dich gekauft. Du wirst sofort mit ihm gehen.«
    Ich war so erschüttert, dass ich kein Wort herausbrachte. Ich muss mich umgeschaut haben, als ob ich fliehen wollte.
    »Ich habe zwei Männer dabei«, sagte der Pflanzer scharf. »Versuch keine Dummheiten.«
    Ich konnte noch immer nicht glauben, dass die Herrin mir so etwas antun würde.
    »Herrin«, rief ich aus, »nach all den Jahren …«
    Aber sie wandte sich wortlos ab.
    »Das wär’s. Schafft ihn weg«, rief der Pflanzer; und zwei Männer traten ins Zimmer. Einer war ungefähr so groß wie ich, aber ich sah ihm an, dass er sehr kräftig war. Der andere war ein Riese von einem Mann.
    »Ich muss meine Sachen holen«, murmelte ich.
    »Beeil dich«, sagte der Pflanzer. »Ihr geht mit«, sagte er zu den zwei Männern.
    Also packte ich meine Habseligkeiten zusammen, einschließlich meiner bescheidenen Ersparnisse, die ich immer gut versteckt gehalten hatte. Ich hatte Angst, dass sie mir das Geld wegnehmen würden, was jedoch nicht geschah. Ich war noch immer benommen, als sie mich zu einem Wagen hinausführten und mit mir wegfuhren.
    *
    Der Pflanzer hatte eine Farm zehn Meilen nördlich von Manhattan. Das Haus war ein niederländisches Gebäude mit Walmdach. Aber der englische Pflanzer hatte ringsum eine gedeckte Veranda bauen lassen. Er besaß ein halbes Dutzend Sklaven, die in einem niedrigen Holzschuppen neben dem Rinderpferch gehalten wurden.
    Als wir angekommen waren, befahl mir der Pflanzer, das Hemd auszuziehen, damit er mich begutachten könnte; und das tat er dann auch. »Tja«, sagte er, »jung bist du nicht, aber du siehst kräftig aus. Ich schätze, ein paar Jahre Arbeit können wir noch aus dir rausholen.« Sie führten mich gerade zum Sklavenschuppen, als er »Stopp!« sagte. Genau an der Stelle war ein dicker Pfosten in den Boden gerammt, und plötzlich packten mich die zwei Männer bei den Armen und schlossen meine Handgelenke in zwei Eisenringe, die an Ketten vom oberen Ende des Pfostens herunterhingen.
    »So, Nigger«, sagte der Pflanzer zu mir. »Deine Herrin hat mir erzählt, dass du sie bestohlen hast und dass du versucht hast, wegzulaufen. So was wird hier nicht geduldet, kapiert?« Und er nickte dem kleineren Mann zu, der der Aufseher war. Und der Aufseher ging durch die Veranda ins Haus und kam mit einer furchterregenden Peitsche wieder heraus. »Also werden wir dir jetzt Manieren beibringen«, sagte der Pflanzer. Und ich schaute hierhin und dorthin, außerstande zu glauben, dass das wirklich passierte. »Dreh dich um«, sagte der Pflanzer.
    Und dann verpasste mir der Aufseher den ersten Hieb.
    Ich war bis dahin noch nie mit einer Peitsche geschlagen worden. Das einzige Mal, als der Baas mich als Junge vertrimmt hatte, hatte er seinen Gürtel benutzt. Aber die Peitsche lässt sich damit überhaupt nicht vergleichen.
    Als diese Peitsche über meinen Rücken schnellte, war sie wie ein grauenhaftes Feuer, das mein Fleisch zerriss, und ich war so überrascht und entsetzt, dass ich laut aufschrie.
    Dann hörte ich die Peitsche noch einmal zischen und knallen. Aber dieser Hieb war schlimmer als der erste. Und ich sprang fast aus meiner Haut. Und als ich das tat, sah ich, dass der Pflanzer mich beobachtete, als wollte er sich ein Bild davon machen, wie ich die Behandlung aufnahm. Der dritte Hieb war so entsetzlich, dass ich meinte, vor Schmerz zu bersten; mein Kopf schlug hart in den Nacken, und ich spürte, dass mir die Augen aus den Höhlen traten. Und dann trat eine kurze Pause ein, und ich zitterte am ganzen Körper, und ich dachte, dass die Sache vielleicht ausgestanden wäre. Und dann sah ich, wie der Pflanzer dem Aufseher zunickte, als wollte er sagen: »So ist es richtig.«
    »Ich hab nie was gestohlen!«, schrie ich. »Das verdien ich nicht!«
    Aber die Peitsche schlug wieder zu und wieder und wieder. Ich brannte lichterloh. Mein Körper zerrte und knallte schmerzgepeinigt gegen den Pfosten. Meine Hände ballten sich in den Eisenringen so fest, dass mir Blut aus den

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