Im Rausch der Freiheit
also hat er nicht mit sich handeln lassen.«
»Wir wissen, dass du eigentlich freigelassen werden solltest«, sagte Juffrouw Clara.
»Hmm«, sagte ihr Mann. »Da wäre ich mir nicht so sicher. Nicht nach dem, was ich gerade zahlen musste. Aber wir müssen uns noch überlegen, was wir mit dir machen, Quash.«
Das Problem war offenbar die Herrin. Vor nicht allzu langer Zeit war sie flussaufwärts gezogen, um sich in Schenectady, hoch im Norden, niederzulassen. Diesen Ort hatte sie ausgesucht, weil es dort eine starke niederländische Gemeinde, aber kaum Engländer gab. »Solange sie da oben bleibt, können wir dich bei uns behalten, oder mein Bruder kann dich zu sich nehmen«, erklärte Juffrouw Clara. »Aber er will nicht, dass sie zurückkommt und feststellt, dass du wieder da bist. Sie könnte deswegen wütend werden, und noch gehört ja alles ihr. Es tut mir leid, doch wir können dich nicht freilassen«, fügte sie hinzu.
»Das macht nichts, Juffrouw Clara«, sagte ich. Denn bei ihnen ging es mir besser als beim Pflanzer. Und außerdem, was hätte mir die Freiheit schon bedeutet, solange mein Sohn ein Sklave war?
*
Während dieses Frühlings und Sommers arbeitete ich für Juffrouw Clara und ihre Familie. Und da ich fast jede Hausarbeit beherrschte, war ich ihnen sehr nützlich.
Am meisten Freude bereitete mir ihr Sohn Dirk. Er war ein richtiger kleiner Racker, quicklebendig, und ich meinte, etwas vom Baas in seinem Wesen zu erkennen. Er hatte die blonden Haare und blauen Augen seiner Mutter, und man sah ihm schon an, wie aufgeweckt er war; obwohl er, sobald es ums Lernen ging, nicht eben der Fleißigste war. Und wie gern dieses Kind den Kai entlangschlenderte! Er erinnerte mich an meinen eigenen Sohn. Ich nahm ihn oft zum Hafen mit, sodass er sich die Schiffe ansehen und sich mit den Matrosen unterhalten konnte. Doch am liebsten mochte er es, am Fort vorbei und um die Landspitze herum zu gehen, damit er den Fluss hinaufschauen konnte. Der Hudson schien eine besondere Anziehungskraft auf ihn auszuüben. Als er gefragt wurde, was er sich zum Geburtstag wünschte, der in den Sommer fiel, antwortete er: mit einem Boot flussaufwärts fahren zu dürfen. Und so brachen wir, der junge Henry Master, der kleine Dirk und ich, an einem schönen Tag in einem großen Segelboot auf und fuhren vor dem Wind und mit der Flut diesen mächtigen Strom hinauf bis zu den Steinpalisaden. Am Abend schlugen wir ein Lager auf und kehrten erst am nächsten Tag zurück. Während dieser Reise durfte Dirk den indianischen Wampum-Gürtel tragen, den wir ihm dreimal um den Bauch wickelten.
»Dieser Gürtel ist wichtig, nicht, Quash?«, sagte Dirk zu mir.
»Deinem Großvater hat er sehr viel bedeutet«, antwortete ich, »und er hat ihn eigens dir vermacht, damit du ihn dein Leben lang behältst und dann weitervererbst.«
»Ich finde die Muster schön«, sagte er.
»Es heißt, dass diese Wampum-Muster eine besondere Bedeutung haben«, erklärte ich, »sie sagen, dass der Baas ein großer Mann war. Ich glaube, diesen Gürtel hat er von Indianern geschenkt bekommen, die ihn besonders gern mochten. Aber das ist alles, was ich darüber weiß.«
Ich sah dem Jungen an, wie gern er auf dem Wasser war. Hier fühlte er sich zu Hause. Und ich hoffte, dass er sich seinen Lebensunterhalt später auf dem Fluss verdienen würde und nicht mit dem Sklavenhandel.
Vielleicht war es mir – durch Zufall – tatsächlich möglich, sein Leben in dieser Hinsicht zu beeinflussen.
Eines Tages, als ich mich gerade in meinem Zimmer, oben unterm Dach, wusch und dachte, ich sei allein, hörte ich hinter mir die Stimme des kleinen Dirk.
»Was sind das für Streifen auf deinem Rücken, Quash?«
Die Peitsche des Plantagenaufsehers hatte grässliche Narben hinterlassen, die ich immer zu verbergen suchte. Um nichts in der Welt hätte ich sie dem Jungen freiwillig gezeigt.
»Das ist etwas, das vor langer Zeit passiert ist«, erklärte ich ihm. »Vergiss das jetzt ganz schnell wieder.« Und ich schickte ihn wieder nach unten.
Aber noch am selben Tag, als ich gerade im Garten Blumen goss, trat Juffrouw Clara heraus, berührte meinen Arm und sagte: »Ach, Quash, es tut mir so furchtbar leid!« Ein paar Tage später bediente ich gerade bei Tisch, als der kleine Dirk sich zu Wort meldete: »Vater, kann es jemals richtig sein, einen Sklaven auszupeitschen?« Sein Vater schaute unbehaglich drein und murmelte: »Na ja, hängt davon ab.« Doch Juffrouw Clara sagte ganz
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