Im Rausch der Freiheit
große Angelegenheit. Ich schätze, dass halb New York da war, und zwar sowohl Niederländer als auch Engländer. Alle waren sehr freundlich und respektvoll gegenüber der Herrin. Am Abend begab sie sich zu Jans Haus und blieb dort eine Weile. Sobald sie fort war, kam mir der Gedanke, dass dies eine gute Gelegenheit war, um den indianischen Gürtel des Baas aus seinem Versteck zu holen. Also tat ich es, und ohne den Gürtel auszupacken, nahm ich ihn mit in meine Kammer und versteckte ihn dort; keiner bemerkte davon etwas.
Am nächsten Morgen sagte die Herrin, dass sie etwas wegen dem Nachlass vom Baas zu erledigen habe, und verließ das Haus. Ich fragte mich, ob es vielleicht bald an der Zeit sei, mit ihr über meine Freilassung zu reden. Und ich dachte, dass ich die Sache, je nachdem in was für einer Stimmung sie sein würde, nach ihrer Rückkehr ansprechen sollte. In der Zwischenzeit, sagte ich mir, könnte ich mein Versprechen einlösen.
Also nahm ich den eingepackten Gürtel und machte mich auf in die Bridge Street, wo Juffrouw Claras Haus lag.
Na ja, ich war schon auf halbem Weg, gerade am Ende der Mill Street, als ich eine Stimme hinter mir hörte.
»Was hast du da, Quash?«
Es war die Herrin. Ich dachte mir, vielleicht sollte ich einfach so tun, als hätte ich sie nicht gehört, und schaute mich rasch um, um ihr vielleicht irgendwie zu entwischen, aber bevor ich etwas unternehmen konnte, spürte ich ihre Hand auf meiner Schulter. Also drehte ich mich um und lächelte und fragte: »Kann ich etwas für Sie tun, Mevrouw?«
»Nein«, sagte sie, »aber du kannst mir zeigen, was du da hast.«
»Nur ein paar Sachen von mir«, sagte ich. »Nichts weiter.«
»Dann zeig«, verlangte sie.
Sie glaubte doch nicht im Ernst, dass ich sie bestehle, dachte ich, nach all den Jahren! Ich wollte ihr diesen Gürtel nicht zeigen, weil der Baas mir gesagt hatte, dass niemand davon wissen durfte. Aber sie hatte die Hand bereits auf das Päckchen gelegt, und ich wusste nicht weiter. Also packte ich den Gürtel aus. Und für einen Moment schaute sie verdutzt drein, aber als sie erkannte, worum es sich handelte, verfinsterte sich ihr Gesicht.
»Gib das her«, sagte sie.
»Der Baas hat zu mir gesagt, ich soll den nehmen«, antwortete ich. Ich mochte ihr nicht erzählen, wo ich damit hinwollte, also ließ ich sie glauben, er habe mir den Gürtel geschenkt.
»Und ich sage dir, dass du ihn mir geben sollst!«, schrie sie. Sie hatte plötzlich angefangen, vor Wut zu zittern. Ich hatte so eine Ahnung, warum der Anblick dieses Gürtels sie so in Rage brachte, aber ich konnte nichts daran ändern.
Nun hieß es, schnell nachzudenken. Ich wusste, dass ich mein Versprechen gegenüber dem Baas halten musste. Außerdem, wenn ich tat, was er gesagt hatte, und Juffrouw Clara den Gürtel für ihren Sohn übergab, würde hinterher keiner sagen können, dass ich ihn gestohlen hatte. Und ich sagte mir, dass es keine Rolle spielte, ob die Herrin zürnte, da ich ja wusste, dass ich schon frei war. Anstatt ihr zu gehorchen, drehte ich mich also um und rannte los, so schnell wie ich konnte, schlängelte mich zwischen ein paar Karren durch und lief zu Juffrouw Claras Haus.
Dort angekommen suchte ich Juffrouw Clara auf und richtete ihr aus, was der Baas gesagt hatte, Wort für Wort, und erklärte ihr, dass der Gürtel dem kleinen Dirk gehören sollte und nach ihm seinen Söhnen, solange die Familie fortbestand, denn das sei der Wille des Baas gewesen. Dann berichtete ich von der Herrin, und Clara sagte, ich bräuchte mir keine Sorgen zu machen: Sollte es Probleme geben, würde sie mit der Herrin reden. Ich verabschiedete mich von ihr, wartete aber bis zum frühen Nachmittag, ehe ich wieder heimging, damit die Herrin genügend Zeit hätte, sich abzuregen.
*
Als ich das Haus betrat, war die Herrin nicht zu sehen. Hudson jedoch erzählte mir, dass kurz zuvor Jan und ein Anwalt gekommen waren und dass sie jetzt mit ihr in der Stube saßen. Also dachte ich mir, dass sie über das Testament sprachen.
Ich ging in den Flur, um zu sehen, ob ich irgendwas belauschen konnte. Die Tür der Stube war geschlossen. Dann aber hörte ich, ganz laut, die Stimme der Herrin.
»Zum Teufel mit Ihrem englischen Testament! Es ist mir egal, wann es aufgesetzt wurde. Ich habe ein gutes niederländisches Testament!«
Sie können sich denken, dass ich mich nach diesen Worten ganz dicht an die Tür stellte. Ich konnte zwar hören, dass der Anwalt etwas sagte, aber nicht
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