Im Reich der Feuergöttin
schreckliche Angst vor dem, was von ihm Besitz ergriffen hatte. Es war etwas, das er nicht verstand, und das mächtiger war als er. Er versuchte vergeblich, gegen diesen Zwang anzukämpfen, der ihn nun die Hand um den Schwertknauf schließen ließ.
Wieder glaubte er, der Boden müßte sich unter seinen Füßen auftun. Die Welt begann sich um ihn zu drehen. Er spürte die Kraft, die vom Schwert auf ihn überfloß.
Honga schrie auf wie von Dämonen gequält, riß die Klinge mit einem einzigen Ruck aus dem Fleisch, sah sie in seiner Hand leuchten, holte weit aus und durchschlug den großen Fleischklumpen mit einem einzigen Hieb.
Wie eine alles niederreißende Flutwelle kehrte die Erinnerung zurück, überschwemmte seinen Geist und ließ ihn taumeln. Honga öffnete den Mund zu einem Schrei, der nicht über seine Lippen kam. Niemand hörte den Namen, der von den Tiefen seines Bewußtseins widerhallte:
Mythor!
Loana und Artea fingen ihn auf, als er stürzte. Die Stammesmutter mußte seine Finger gewaltsam vom Schwertknauf lösen und sah fassungslos, daß sie nicht verbrannt waren. Hongas Hand war unversehrt.
Panische Angst überkam sie, als der Recke im Sand liegenblieb und sich nicht rührte. Dann sah sie, wie seine Brust sich hob und senkte.
„Er lebt noch“, flüsterte sie. „Bringt ihn schnell zurück ins Heldenhaus!“
„Und das Schwert?“ fragte Guana.
„Wir nehmen es mit und legen es zu ihm, denn was immer es in ihm weckte, es muß ihm von den Göttern geschickt worden sein. Er allein kann es führen. Umwickelt es vorsichtig und berührt es nicht mit bloßen Händen.“
„Wie kann es sein Schwert sein, wenn es ihn fast tötete?“ fragte Artea. Loana blieb ihr die Antwort schuldig. Sie wußte, daß es für Honga bestimmt war, wenngleich sie sich dieses Wissen nicht erklären konnte.
Und sie begann Honga zu fürchten, denn sie ahnte, daß er mit dieser Waffe in der Hand ein Unbesiegbarer sein würde. Doch wenn dies der Wille der Götter war, so hatte sie ihn zu respektieren.
Mit gemischten Gefühlen folgte sie Artea und Guana, die den Helden trugen. Solanga ging an ihrer Seite.
4.
Honga erwachte als Mythor.
Der Schlaf war diesmal kurz gewesen und erfüllt von Träumen, die mehr waren als Träume. Der Mann, der nun mit geschlossenen Augen und umstanden von besorgten Tau-Frauen auf dem Lager ruhte, wußte, wer und was er war, woher er kam und was sein bisheriges Leben erfüllt hatte.
Er hatte sich wieder die Länder des Nordens durchwandern sehen, auf der Suche nach den Fixpunkten des Lichtboten. Er war in Logghard gewesen und hatte die Schlacht um die Ewige Stadt der Lichtwelt noch einmal miterlebt - bis er mit der Goldenen Galeere davongetragen wurde, hinein in die Schattenzone, wo das Schiff des Prinzen Nigomir auf einer gigantischen Flutwelle zerbarst. Das Schicksal der Goldenen Galeere hatte sich erfüllt, und mit Nigomir waren die Leichen Drudins, Vangards und vieler anderer auf den Grund des Meeres gesunken - zusammen mit dem Schwarzstein des Dämons Cherzoon und Mythors gesamter Ausrüstung.
Nun schien es, als hätte eine unbekannte Fügung Mythor wenigstens Alton wiedergegeben, die Waffe, die ihn fast seit Beginn seiner Odyssee begleitet hatte.
Mythor war wach und sich der Anwesenheit der Frauen bewußt. Doch er behielt die Augen geschlossen und atmete nur flach. Zu viele Gedanken quälten ihn. Wo war er, und wie hatte er die Katastrophe überleben können? Und wie kam es, daß er über die Erinnerungen eines Mannes namens Honga verfügte, eines Helden? Wieso konnte er jedes Wort verstehen, das die Frauen flüsterten?
Befand er sich wieder in der Düsterzone nördlich der Schattenzone oder bereits im Süden der Welt? Wer hatte ihm die Erinnerung Hongas gegeben, und warum? Irgend jemand oder irgend etwas mußte eingegriffen haben, um Mythor vor dem sicheren Tod in den Fluten zu retten. Sollte er dann fortan als Honga leben?
Irgend etwas sagte ihm, daß er es nur der Berührung Altons zu verdanken hatte, daß er seine Erinnerung wiedererlangte. Konnte dies aber im Interesse desjenigen gelegen haben, der ihn zu Honga machte?
Mythor sah ein, daß er vorerst auf diese Fragen keine Antwort erhalten würde. Aber wenn die Frauen glaubten, er sei ihr wiedergeborener Held, da hatte er wenigstens diesen Vorteil. Er wollte vorerst diese Rolle weiterspielen. So konnte er wenigstens versuchen, die eine oder andere Auskunft zu erhalten. Mit Hongas Erinnerungen war das Wissen um das
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