Im Reich der Feuergöttin
nicht. Im Gegenteil nahm sie es begierig auf und ließ es auf sich wirken. Und da war nichts Dämonisches in ihm. Fast kam es der Tau so vor, als müßte es ihr vertraut sein, als hätte sie schon einmal eine Ahnung solchen Lichtes bekommen. Aber wann und wo?
Als sie die Beschwörungsformeln sprach und die Hände über dem Knauf kreisen ließ, war sie nicht sicher, ob ihre Magie stark genug war, den Bann zu brechen. Sie öffnete die Augen und griff nach der Waffe. Die Umstehenden hielten den Atem an, als sich ihre Finger ganz langsam um den leuchtenden Knauf legten.
Nur für einen Herzschlag berührten sie ihn. Loana unterdrückte einen Schrei und riß die Hand zurück. Die Innenfläche und die Finger waren verbrannt.
„Holt heilende Salben!“ rief Artea sofort den Männern zu. „Guana, zeige ihnen, wo sie…“
„Wartet!“
Artea blickte Loana fragend an. Die Stammesmutter hielt sich die schmerzende Hand und schüttelte den Kopf. Plötzlich glaubte sie zu wissen, woran das Licht sie erinnert hatte. Es war eine Eingebung, als sie Artea bat, Honga zum Strand zu holen.
*
Honga stand der Sinn nicht nach Festen, obgleich er einsehen mußte, daß kein Weg daran vorbeiführte, sich den Frauen zu zeigen, deren Hoffnungen auf ihm ruhten - ihm, den sie noch vor einem Nebel als Mann herumgestoßen und gedemütigt hatten.
Damals, bevor er der Held Honga geworden war, hatte er sich nichts dabei gedacht. Die Männer waren nun einmal dazu da, die niederen Arbeiten zu verrichten, zu kämpfen und zu jagen, den Urwald zu roden und neue Hütten zu bauen. Schon im Kindesalter wurden sie von den Mädchen getrennt und in die Männerhäuser gebracht. So war es immer gewesen auf den Inseln.
Warum zweifelte er jetzt an der Richtigkeit dieser Rollenverteilung? Honga befand sich allein im Heldenhaus. Draußen vor dem Eingang wußte er eine Handvoll Frauen, die ihn später zum Dorfplatz führen sollten und bis dahin bewachten. Er war gesund, hatte einen neuen, kräftigen Körper, mit dem er bereits vertraut gewesen war, als er auf dem Lager zu sich kam. Das war seltsam genug. Der Held der Tau fühlte sich auf andere als auf körperliche Weise unwohl. Unruhig schritt er auf und ab. Dann setzte er sich wieder auf die Felle und grübelte oder lauschte auf das ferne Grollen des Vulkans. Doch so sehr er sich auch bemühte, er konnte sich an nichts erinnern, was zwischen seinem Tod und seinem Wiedererwachen in diesem neuen Körper lag. Was immer ihm im Totenreich widerfahren war, es schien der Wille der Götter zu sein, es ihm zu verbergen.
Dabei wußteHonga, daß etwas geschehen war. Manchmal war es ihm, als sei er aus einem tiefen Traum erwacht, aber die Gesichter, die ihm erschienen, kannte er nicht. Er hatte keine Ahnung von schrecklichen Gefahren, denen er begegnet war, von Kämpfen und von unermeßlichem Leid, doch sobald er danach zu greifen suchte, waren die Eindrücke fort.
Ich habe nur eine Aufgabe! sagte er sich. Ich muß zum Berg und Ramoa töten! Dazu wurde ich auserwählt! Darum wurde ich zurück zu den Lebenden geschickt!
Warum dauerte es so lange, bis das Fest begann, dessen Höhepunkt das Ritual einer letzten Weihe sein sollte? Wann endlich konnte er aufbrechen, um sein Werk zu tun?
Als er endlich Geflüster vor dem Eingang hörte, hoffte er schon, die Zeit des Wartens sei vorüber. Dann aber trat Artea ein und forderte ihn auf, mit ihr zum Strand zu gehen.
Es war wieder wärmer geworden, und die Luft roch stark nach Schwefel. Im Westen war nun durch die Nebel das rötliche Glühen des Himmels zu sehen. Ramoa beeinflußte mit ihrer Magie die Winde. Der Boden unter Hongas nackten Füßen war warm und zitterte.
Artea führte ihn an den Hütten der Frauen vorbei auf geradem Weg zum Strand, und als er vor dem Schwert im Fleischballen stand, traf ihn etwas mit der Wucht eines Keulenschlags. Es berührte ihn tief in seiner Seele. Er schwankte und verlor fast das Gleichgewicht. Artea stützte ihn und blickte ihn entsetzt an. Doch Honga streifte abwesend ihren Arm ab und machte zwei, drei Schritte auf das Schwert zu. Er sah nur noch den im Licht der Fackeln rötlich leuchtenden Knauf und die durchscheinende Klinge, hörte nicht, wie Loana ihn aufforderte, die Waffe aus dem Fleisch des Dämonenfischs zu ziehen, streckte langsam die Hand aus. Irgend etwas zog sie wie an unsichtbaren Fäden auf den Knauf zu. Hongas Herz schlug heftig und trieb ihm hämmernd das Blut in die Schläfen. Plötzlich hatte er
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