Im Reich des Vampirs
denen er und die beiden anderen Männer mich bereits unzählige Male am Vormittag und den halben Nachmittag gelöchert hatten. Sie lieÃen mich eine Dreiviertelstunde schmoren, während sie zum Mittagessen gingen, und als sie zurückkamen, rochen sie nach Fisch und Chips und formulierten die Fragen etwas anders, um mich zum Stolpern zu bringen.
Einerseits schätzte ich, was Inspector Jayne tat; es war sein Job und er machte ihn sehr gut. Offensichtlich war Patrick OâDuffy sein Freund. Ich hoffte, sie hatten dasselbe für Alina getan. Andererseits war ich wütend. Meine Probleme waren weitaus gröÃer als dieses. Sie verschwendeten meine Zeit. Nicht nur das â ich fühlte mich ausgesetzt. Mit Ausnahme meines Ausflugs in die Hintergasse heute Morgen hatte ich keinen Fuà vor den Buchladen gesetzt, seit ich vor einer Woche in dem Lagerhaus in L A R UHE 1247 gewesen war. Ich kam mir vor wie eine bewegliche Zielscheibe. Wusste der Lord Master, wo er mich finden konnte? Wie weit oben stand ich auf seiner Abschussliste? War er immer noch dort, wohin auch immer er sich verzogen hatte, nachdem er durch das Portal gegangen war? Beobachtete er den Buchladen? Hatte er seine Rhino-Boys, die Wachhunde der Feenwesen â eine niedrige Kaste der Unseelie mit enormen, hässlichen grauen Körpern, starken Unterbissen und verbeulten Schädeln â, auf der StraÃe postiert, damit sie mich packten, sobald ich das Polizeirevier verlieÃ? Sollte ich mich anstrengen, formell inhaftiert zu werden? Diesen Gedanken verwarf ich sofort wieder. Menschen konnten mich nicht am Leben erhalten. Ich blinzelte, als mir bewusst wurde, dass ich in diesem Lager nicht mehr viel zählte.
»Er war mein Schwager«, sagte Jayne unvermittelt.
Ich zuckte zusammen.
»Angenommen, Sie haben mit dem Mord an ihm nichts zu tun, dann muss ich meiner Schwester immer noch erklären, was, zum Teufel, er am Morgen seines Todes bei Ihnen gemacht hat«, fuhr er verbittert fort. »Also, was hat er, verdammt noch mal, gemacht, Miss Lane? Wir beide wissen doch, dass Ihre Geschichte Quatsch ist. Patty hat nie eine Sonntagsmesse versäumt. Und in seiner Freizeit hat erniemals einen Fall verfolgt. Er ist am Leben geblieben, weil er seine Familie liebte.«
Ich starrte bedrückt auf meine Hände und faltete sie artig im SchoÃ. Eine Maniküre wäre dringend nötig. Ich versuchte mir vorzustellen, was eine Frau, deren Mann kurz nach einem Besuch bei einer hübschen jungen Frau, für den es keine plausible Erklärung gab, wohl denken und fühlen mochte. Sie wusste sicher, dass sie belogen wurde, und das Unbekannte nahm immer gröÃere, schrecklichere Proportionen an als die Wahrheit, die hinter der Lüge steckte. Glaubte sie auch wie ihr Bruder, dass ihr geliebter Patty sie am Morgen seines Todes betrogen hatte?
Früher habe ich nie gelogen. Mom hat uns beigebracht, dass jede Lüge etwas in die Welt bringt, was unweigerlich auf einen zurückkommt und einen irgendwann in die Petunie beiÃt. »Ich weià wirklich nichts über Inspector OâDuffys Beweggründe. Ich kann Ihnen lediglich sagen, was er getan hat, als er bei mir war. Er kam in den Buchladen, um mir zu sagen, dass Alinas Fall geschlossen bleibt. Mehr weià ich nicht.«
Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass er mir noch weniger glauben könnte, wenn ich die Karten offen auf den Tisch legte und ihm von OâDuffys Verdacht, etwas Ungeheuerliches, Unmenschliches würde in Dublin sein Unwesen treiben, erzählte. Dass er wegen dieser Erkenntnis umgebracht worden war.
Der Nachmittag schleppte sich endlos dahin: Wer ist der Besitzer des Buchladens? Wie haben Sie ihn kennengelernt? Warum wohnen Sie dort? Ist er Ihr Liebhaber? Wenn der Fall Ihrer Schwester abgeschlossen ist, warum sind Sie dann nicht nach Hause geflogen? Wie haben Sie sich diese Schwellungen und blauen Flecke im Gesicht zugezogen? Arbeiten Sie irgendwo? Wovon leben Sie? Für wann planen Sie IhreAbreise? Wissen Sie etwas über die drei herrenlosen Autos in der Gasse hinter BARRONS BOOKS AND BAUBLES?
Die ganze Zeit wartete ich darauf, dass Barrons hereinkäme und mich erlöste â diese Vorstellung war, wie ich vermutete, ein Ergebnis der vielen Märchen, die ich als Kind gehört hatte und in denen immer ein Prinz auftauchte, um die Prinzessin zu retten. Die Männer im Süden liebten es, diesem Image zu
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