Im Reich des Vampirs
satt, keine zu bekommen. Um mich herum waren lauter egoistische, unberechenbare, launische, draufgängerische Blödmänner, und ich hatte das Gefühl, dass ich mich ihnen anpassen musste, da ich sie nicht schlagen konnte. Ich war zuversichtlich, dass auch ich ein draufgängerischer Blödmann sein konnte. Ich brauchte nur ein wenig Ãbung.
Ich wollte mehr über Barrons erfahren, wissen, ob er hier in diesem Gebäude lebte oder nicht. Und ich wollte wissen, was es mit dieser mysteriösen Garage auf sich hatte. Vor einiger Zeit hatte er etwas von einem Gewölbe drei Stockwerke unter der Garage gesagt. Ich wollte herausfinden, was ein Mann wie er in einem unterirdischen Gewölbeaufbewahrte. Als Erstes nahm ich mir die Geschäftsräume vor. Die vordere Hälfte war genau das, was sie zu sein schien â ein erlesener und gut sortierter Buchladen. Meine Durchsuchung war schnell beendet und ich widmete mich den hinteren Räumlichkeiten. Das Parterre war so unpersönlich wie ein Museum, groÃzügig mit Antiquitäten und Kunstwerken ausgestattet, aber nichts davon bot mir Einblicke in die Seele des Mannes, der so viele wertvolle Stücke angesammelt hatte. Selbst sein Arbeitszimmer, von dem ich mir einige Hinweise auf die Persönlichkeit des Besitzers erhofft hatte, präsentierte sich kühl und glatt wie der groÃe gerahmte Spiegel an der Wand zwischen den Kirschholzregalen, vor denen ein Schreibtisch aus dem fünfzehnten Jahrhundert seinen Platz hatte. Es gab kein Schlafzimmer, keine Küche, kein Esszimmer im Erdgeschoss.
Die Türen in der ersten und zweiten Etage waren alle abgesperrt. Es waren schwere, solide Holztüren mit komplizierten Schlössern, die ich nicht aufbrechen oder mit einem Dietrich öffnen konnte. Ich begann zaghaft an einem Knauf nach dem anderen zu drehen â es könnte immerhin sein, dass sich Barrons in einem der Zimmer aufhielt â, aber im zweiten Stock verlor ich meine Hemmungen, rüttelte heftig an den Türen und trat dagegen. Heute Nacht war alles um mich herum finster gewesen. Ich war es leid, im Dunkeln zu tappen und anderen die Kontrolle zu überlassen.
Ich stapfte die Treppe hinunter und ging raus zur Garage. Der Regen hatte nachgelassen, aber der Himmel war noch immer stark bewölkt; hätte ich nicht zweiundzwanzig Jahre tagtäglich einen Tagesanbruch erlebt, hätte ich nicht geglaubt, dass diese Nacht jemals enden würde. Zu meiner Rechten waberten die Schatten rastlos am Rande des verlassenen StraÃenzugs. Ich drohte ihnen mit beiden Fäusten.
Dann versuchte ich mein Glück am Garagentor. Abgeschlossen. Natürlich.
Ich ging zum nächsten geschwärzten Fenster und schlug es mit einer Taschenlampe ein. Das Klirren des Glases besänftigte meine Seele. Kein Alarm schrillte. »Bitte schön, Barrons â das ist für dich. Ich schätze, deine Welt ist doch nicht so perfekt abgesichert.« Vielleicht ist dieses Gebäude genau wie der Laden gegen andere Wesen geschützt, aber nicht gegen mich. Ich brach die Scherbenränder aus dem Rahmen, damit ich mich nicht schnitt, hievte mich über das Sims und lieà mich auf der anderen Seite auf den Boden fallen.
Ich knipste die Lichtschalter neben dem Tor an und blieb eine ganze Weile grinsend wie eine Schwachsinnige stehen. Ich hatte diese Sammlung schon einmal gesehen, sogar in einigen der Autos gesessen, aber sie alle auf einmal betrachten zu können â einen glänzenden Traum neben dem anderen â ist für jemanden wie mich eine Droge.
Ich liebe Autos.
Vom schnittigen Sportwagen zum kraftvollen Muskelprotz, von der Luxuslimousine über das hochtechnische Coupé bis zum zeitlosen Klassiker â ich bin ein Autonarr und Barrons besitzt sie alle. Na ja, vielleicht nicht alle. Bisher habe ich ihn noch nicht in einem Bugatti gesehen, aber ich erwarte auch nicht, einen Wagen mit eintausenddrei Pferdestärken und einem Eine-Million-Dollar-Preisschild vor mir zu haben. Ansonsten hat er so ziemlich alle Autos, von denen ich träumte â bis hin zu einem vierundsechzigeinhalb Stingray in â was sonst? â englischem Jagdgrün.
Ein schwarzer Maserati stand neben einem Wolf Countach, ein roter Ferrari neben  ⦠Mein Lächeln erstarb schlagartig. Dort parkte Rocky OâBannions Maybach und erinnerte mich an die sechzehn Männer, die den Tod nichtverdient hatten
Weitere Kostenlose Bücher