Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Reich des Vampirs

Im Reich des Vampirs

Titel: Im Reich des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
Vom Netzwerk:
zurückkam. Ich näherte mich durch Seitenstraßen dem Hintereingang, eine Taschenlampe in jeder Hand. Barrons hatte das kaputte Fenster der Garage mit Brettern vernagelt.
    Ich litt nicht unter Paranoia, was die Schatten betraf. Ich überprüfte nur, ob alles  … na ja, beim Alten geblieben war. Einer meiner Feinde hatte sein Lager direkt vor meiner Hintertüraufgeschlagen. Das Mindeste, was jeder gute Soldat tun konnte, war, sich regelmäßig zu vergewissern, dass es keine neuen Entwicklungen gab.
    Es gab keine. Die Flutlichter brannten, die Fenster waren geschlossen. Ich fuhr mir mit dem Handrücken über die Stirn und atmete erleichtert auf. Seit die Schatten in den Laden vorgedrungen waren, bekam ich sie nicht mehr aus dem Kopf, insbesondere nicht den großen, aggressiven, der mich in Barrons’ Salon bedroht hatte und sich jetzt gerade am Rand der Dunkelheit rastlos hin- und herbewegte.
    Ich blinzelte.
    Das Ding formte einen Fangarm zu etwas, was verdächtig nach einer Faust und einem einzelnen ausgestreckten Finger aussah – klar, welchen Finger ich meine. Es hatte von mir gelernt. Ich weigerte mich, diesen Gedanken weiterzuspinnen. Dafür hatte ich jetzt keinen Nerv – mein Kopf war zu voll mit anderem.
    Ich stieg die Stufen hinauf. Auf der obersten, mit der Hand schon auf der Türklinke, spürte ich seine Gegenwart.
    Dunkel.
    Leer.
    Ãœberwältigend.
    Ich drehte mich um, als würde mich das Ding hinter mir unwiderstehlich anziehen wie ein Schwarzes Loch, das alle Materie um sich herum in sich aufsaugt.
    Das Gespenst stand reglos da und beobachtete mich, still wie der Tod. Die pechschwarzen Falten seines Kapuzengewandes raschelten.
    Ich kniff die Augen zusammen. Kein Lüftchen regte sich in der Gasse. Ich leckte meinen Finger ab, um ihn zu befeuchten, und hielt ihn hoch. Nichts.
    Trotzdem raschelte das Gewand des Gespenstes, bauschte sich in einem Wind, der gar nicht da war.
    Na toll. Wenn ich nach einem Beweis dafür gesucht hätte, dass die geisterhafte Erscheinung ein Fantasiegebilde war, dann hatte ich ihn. Ich hatte mir diese Vision offensichtlich aus Filmen, Kindergeschichten und Büchern im Geist zusammengebastelt. In meiner mentalen Mediendatei raschelte das Gewand immer, ich sah nie ein Gesicht und es hatte immer eine Sense bei sich. Es war perfekt. Zu perfekt.
    Warum tat ich mir das an?
    Â»Ich kapiere das nicht«, sagte ich. Und das Gespenst schwieg – natürlich. Es würde niemals etwas sagen. Weil der Tod nicht wirklich hier stand und mit der Geduld der Ewigkeit darauf wartete, mich holen zu können. Der Ewige Lakai hielt mir nicht den Mantel hin zum Zeichen, dass für mich der Tanz vorbei, der Ball und die Nacht zu Ende waren.
    Und falls ich noch mehr Beweise dafür brauchte, dass dieses Bilderbuch-Gespenst nur eine Erscheinung, ein Hirngespinst, geboren aus meiner überschäumenden Fantasie, war, musste ich mir nur ins Gedächtnis rufen, dass Barrons, Jayne und Derek O’Bannion es nicht wahrgenommen hatten, obwohl es in der Nähe gewesen war. Jayne und O’Bannion stufte ich nicht notwendigerweise als zuverlässige Zeugen ein, Barrons hingegen schon. Guter Gott, der Mann konnte einen Kuss an mir riechen. Ihm entging nichts.
    Â»Bist du hier, weil ich O’Bannion und seine Männer in den Tod gelockt habe? Sehe ich dich deshalb? Weil ich ihre Kleider eingesammelt und in die Mülltonne geworfen habe, statt sie an die Polizei oder ihre Frauen zu schicken?« Ich hatte einige Psychologie-Kurse im College besucht und wusste, dass das Unterbewusstsein geistig gesunden Menschen Streiche spielen konnte, und mein Geist war nicht gesund. Er war erfüllt von Rachegedanken, Reue und einemSündenregister, das sich rapide vergrößerte. »Ich weiß, dass du nicht hier bist, weil ich all die Unseelie getötet und Mallucé mit dem Speer durchbohrt habe. Deswegen fühle ich mich nicht schlecht.« Ich beobachtete das Ding scharf. Wie ehrlich musste ich zu mir sein, um es loszuwerden? »Ist es, weil ich Mom in ihrer Trauer in Ashford allein gelassen habe und fürchten muss, dass sie sich ohne mich nie von dem schweren Schlag erholt?«
    Oder hatte sich dieses Gespenst lange vorher in meiner Fantasie eingenistet? War sein Samen schon an dem warmen Sonnentag aufgegangen, als ich mich am Pool geräkelt, meine verwöhnte Haut gebräunt und fröhlicher Musik gelauscht hatte,

Weitere Kostenlose Bücher