Im Reich des Vampirs
Hochnäsigkeit verblasste ein wenig.
Meine Augen wurden schmal. »Rowena hat es dir gegeben.« Ihr niedergeschlagenes Gesicht machte mir Mut fortzufahren: »Und sie bewahrt es auf und lässt nicht zu, dass du es ständig bei dir hast, stimmtâs?«
Dani funkelte mich an und lehnte das Rad an die Wand. »Sie findet, ich bin zu jung, verdammt. Ich hab mehr Feenwesen getötet als all ihre anderen kleinen streberhaften Gehilfinnen und trotzdem behandelt sie mich wie ein Kind!« Sie stapfte zur Ladentheke und musterte mich von oben bis unten. »Ich wette, du kannst kein Grug töten. Ich wette, Rowena hat sich geirrt, was dich angeht. Was für spezielle Fähigkeiten hast du? Ich sehe nichts Besonderes an dir.«
Ohne ein weiteres Wort umrundete ich die Theke, stürmte zur hinteren Tür, die zur Gasse führte.
Was fraà Unseelie vor meinem Schlafzimmerfenster? Das gefiel mir kein bisschen. Schlimm genug, dass ich mir Gedanken um Schatten und das, was unter der Garage hauste, machen musste, aber jetzt hatte ich es auch noch mit einemMonsterfresser zu tun. Und es passte mir genauso wenig, dass so etwas schon zum zweiten Mal in meiner unmittelbaren Umgebung passierte. Wurden solch makabre Festmähler in der ganzen Stadt veranstaltet, und ich wusste nur nichts davon, weil ich kaum aus dem Haus ging? Oder kam das nur um mich herum vor? War es Zufall oder mehr?
Ich stieà die Hintertür auf und überblickte die Gasse nach links und nach rechts.
Nach einer Weile entdeckte ich es. Fast zwei Drittel waren weggefressen, und das, was noch übrig war â der Kopf, die Schultern und ein Stück vom Rumpf â, lag in einer überquellenden Mülltonne. Wie das verstümmelte Feenwesen auf dem Friedhof schien es höllische Qualen zu leiden.
Ich lief die Stufen hinunter, kletterte auf den Abfallhaufen und kauerte mich zu ihm. »Wer hat dir das angetan?«, fragte ich. Diesmal war ich nicht gnädig. Ich wollte erst Antworten haben.
Es öffnete den Mund, gab ein Wimmern von sich, und ich wandte mich ab. Es hatte keine Zunge mehr. Was auch immer dieses Wesen fast verschlungen hatte, der Monsterfresser wollte, dass das Wesen litt und keine Möglichkeit mehr hatte, sich jemandem mitzuteilen.
Ich nahm den Speer aus dem Holster, das ich heute Morgen unter meiner Jacke befestigt hatte, und stach in das leidende Wesen. Es starb mit einem letzten eisigen Atemzug.
Als ich von dem Abfallhaufen heruntersprang, stand Dani mit riesengroÃen Augen vor mir. »Du hast den Speer«, flüsterte sie ehrfürchtig. »Und was für ein wunderschönes Holster! Es ist so kompakt, dass ich es die ganze Zeit bei mir tragen könnte. Ich könnte sie rund um die Uhr töten. Bist du auch superschnell?«, wollte sie wissen. »Wenn nicht, dann sollte ich besser den Speer haben.« Sie griff danach.
Ich hielt ihn hinter meinen Rücken. »Kind, wenn dumeinen Speer auch nur anrührst, tue ich dir Schlimmeres an, als du es dir überhaupt vorstellen kannst.« Ich wusste selbst nicht, womit ich da drohte, aber ich nahm an, dass die wilde Mac in mir, die Pink hasste und sich nicht besonders daran störte, einen Rhino-Boy in ewigem Leid gefangen zu sehen, etwas tun könnte, was wir beide bereuen würden, falls jemand versuchen sollte, mir den Speer wegzunehmen. Nun, zumindest eine von uns würde Reue empfinden. Allmählich wurde mir meine Psyche selbst zu kompliziert. Würde Dani mit ihrer Supergeschwindigkeit versuchen, mir den Speer wegzunehmen? Würde ich etwas an diesem glühenden, fremdartigen Platz in meinem Kopf finden, womit ich sie bekämpfen könnte?
»Ich bin kein Kind. Wann seht ihr verdammten Erwachsenen das endlich ein?«, fauchte Dani und drehte sich weg.
»Erst, wenn du aufhörst, dich wie eins zu benehmen. Warum bist du hergekommen?«
»Du bist in Schwierigkeiten«, rief sie über die Schulter. »Rowena will dich sehen.«
Es stellte sich heraus, dass PHI nicht der dreiundzwanzigste Buchstabe des griechischen Alphabets, sondern Post Haste, Inc., war. Post Haste war ein Kurierservice, und Dani arbeitete als Kurier, was die Uniform und das Fahrrad erklärte.
Es war zwei Uhr an einem Donnerstagnachmittag, als ich das GESCHLOSSEN-Schild an die Ladentür hängte und zusperrte. »Solltest du nicht in der Schule sein, Dani?«
»Ich werde zu Hause unterrichtet. Wie die meisten von
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